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Private Internetnutzung am Arbeitsplatz – Was ist erlaubt?

Arbeitsrecht
Private Internetnutzung am Arbeitsplatz – Was ist erlaubt?

Private Internetnutzung am Arbeitsplatz – Was ist erlaubt?
Bild: sebra / Fotolia
Ohne Computer läuft auch am Arbeitsplatz fast gar nichts mehr. Es wird gesurft, gemailt und es werden Daten heruntergeladen, häufig auch zu privaten Zwecken. Arbeitnehmer und Arbeitgeber sind sich dabei oft nicht darüber im Klaren, was sie dürfen.

Darf etwa der Arbeitnehmer den PC mit Internetanschluss jederzeit zu privaten Zwecken nutzen? Und wenn die Nutzung zulässig ist, darf der Arbeitgeber diese uneingeschränkt kontrollieren? Über diese und weitere Fragen gibt der folgende Artikel einen ersten Aufschluss.
Die private Nutzung des Internets ist Arbeitnehmern nur erlaubt, wenn der Arbeitgeber sie ausdrücklich gestattet hat oder duldet. Diese Erlaubnis kann zum Beispiel durch eine Regelung im Arbeitsvertrag oder in einer mit dem Betriebsrat geschlossenen Betriebsvereinbarung erteilt werden. In vielen Betrieben existieren jedoch keine Vereinbarungen über die private Nutzung des Internets. Lässt der Arbeitgeber diese gleichwohl zu, kann darin eine Erlaubniserteilung durch schlüssiges Handeln gesehen werden. Allerdings ist dann die private Nutzung nur im „angemessenen zeitlichen Umfang“ erlaubt. Was darunter zu verstehen ist, ist nicht verbindlich festgelegt.
Das Arbeitsgericht Wesel hatte sich bereits im Jahre 2001 mit der Frage zu befassen, wann der angemessene zeitliche Umfang überschritten ist. Es entschied, dass 80 bis 100 Stunden privates Surfen im Internet binnen eines Jahres noch gebilligt werden muss. Danach steht das Arbeitsgericht Wesel damit den Arbeitnehmern immerhin rund 25 Minuten am Tag private Nutzung zu. Aber Vorsicht: Dieser Umfang kann nicht als verbindlicher Maßstab angesehen werden. Andere Arbeitsgerichte könnten diese Frage durchaus restriktiver werten. Das Bundesarbeitsgericht sah jedenfalls eine private Internetnutzung von knapp 1,5 bis 2,25 Stunden an jeweils einem Arbeitstag als ausschweifend an und stellte unmissverständlich klar, dass die exzessive Nutzung des Internets während der Arbeitszeit eine Verletzung der arbeitsvertraglichen Haupt- und Nebenpflichten des Arbeitnehmers darstellt. In einem solchen Fall ist die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses ohne vorherige Erteilung einer Abmahnung gerechtfertigt.
Erlaubte Privatnutzung mit Beschränkungen
Enger sind die Grenzen, wenn der Arbeitgeber die Privatnutzung zum Beispiel hinsichtlich des Umfangs oder der zeitlichen Lage eingeschränkt hat. Der Arbeitnehmer muss sich dann strikt an die Vorgaben des Arbeitgebers halten.
Ist die private Nutzung eingeschränkt möglich, kommt es auf das Ausmaß der Pflichtverletzung an: Je mehr Grenzen in zeitlicher, inhaltlicher und örtlicher Hinsicht vom Arbeitnehmer bei der privaten Nutzung des Internets überschritten werden, desto schwerwiegender ist die Pflichtverletzung.
Als Pflichtverletzungen angesehen hat das Bundesarbeitsgericht etwa das unbefugte Herunterladen erheblichen Datenmengen aus dem Internet, die unbefugte private Nutzung des vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Internetanschlusses als solche und die unbefugte private Nutzung des vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Internets außerhalb der Pausen während der Arbeitszeit.
Der Arbeitgeber kann im Fall von weniger schwerwiegenden Pflichtverletzungen eine Abmahnung aussprechen. Der Arbeitgeber muss in dieser Abmahnung den Arbeitsvertragsverstoß so konkret wie möglich darstellen und deshalb Angaben dazu machen, wann und zu welchen Zeiten der Verstoß erfolgte. Nur die pauschale Behauptung der unerlaubten Privatnutzung reicht keinesfalls aus. Eine solche Abmahnung wäre mangels Bestimmtheit bereits formell unwirksam. Ist die Abmahnung wirksam und wiederholt sich die Pflichtverletzung, kann das Arbeitsverhältnis von dem Arbeitgeber durch fristgerechte verhaltensbedingte Kündigung beendet werden.
Bei schweren schuldhaften Verstößen eines Arbeitnehmers kann der Arbeitgeber aber darauf verzichten, den Verstoß zunächst abzumahnen und stattdessen die Kündigung aussprechen. Verwirklicht die private Internetnutzung einen Straftatbestand, liegt nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts regelmäßig eine schwerwiegende Pflichtverletzung vor.
Ansonsten halten die Arbeitsgerichte eine Abmahnung zum Beispiel auch dann für entbehrlich, wenn im Rahmen der sonst erlaubten Privatnutzung pornografisches Material auf den Arbeitsplatzrechner heruntergeladen wurde. Auch das Aufrufen gewaltverherrlichender und volksverhetzender Seiten, der Download urheberrechtlich geschützter Musik-, Bild- und Videodateien, der unbefugte Download erheblicher Datenmengen, der Download einer Hackersoftware oder einer Anonymisierungssoftware und die Verbreitung ehrverletzender, wahrheitswidriger oder beleidigender Behauptungen über den Arbeitgeber in E-Mails oder im Internet, insbesondere auch in sozialen Netzwerken wie etwa Facebook können zu einer schnellen Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen. Das gilt insbesondere dann, wenn der pflichtvergessene Arbeitnehmer eine besondere Vertrauensposition wahrnimmt.
Die Erteilung einer Abmahnung ist schließlich auch dann entbehrlich, wenn der Arbeitnehmer gegen das Verbot der privaten Nutzung im Betrieb verstößt.
Der Arbeitgeber ist grundsätzlich berechtigt, die Internetnutzung der Arbeitnehmer zu überprüfen. Aber: Bei der Überwachung von E-Mails ist nach dienstlichem und privatem Bereich zu unterscheiden. Dem Arbeitgeber ist es verwehrt, E-Mails aus dem privaten Bereich der Arbeitnehmer inhaltlich zu kontrollieren. Dagegen hat er auf dienstliche E-Mails in gleicher Weise Zugriff wie auf dienstliche Post. Unabhängig davon ist bei Vorliegen entsprechender dringender Verdachtsmomente eine inhaltliche Überprüfung gerechtfertigt. Das LAG Hamm geht sogar noch weiter, indem es gesetzeswidrig erlangtes Beweismaterial als verwertbar ansieht, wenn der Arbeitnehmer mit einer nur eingeschränkten Vertraulichkeit der Privatnutzung rechnen musste.
Im Streitfall treten große Probleme auf, wenn keine oder keine klaren Regelungen über die Internetnutzung bestehen. Diese Situation ist zumindest zum Teil vermeidbar. Sofern noch nicht geschehen, ist den Unternehmen und Betriebsräten dringend zu raten, sich mit dem Thema zu beschäftigen und verbindliche Regelungen über die Zulässigkeit, den Umfang, der zeitlichen Lage und der Kontrolle der Internetnutzung zu vereinbaren.
Klaus-Dieter Franzen, Bremen
Weitere aktuelle Rechtsmeldungen gibt es auf der Website des Verbandes deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e.V. (VdAA) www.vdaa.de
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