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Unternehmen müssen sich den Zugriff auf ihre Daten sichern

Rechtliche Aspekte zum Dateneigentum
Unternehmen müssen sich den Zugriff auf ihre Daten sichern

Wir leben in einer digitalisierten Welt, neue Verfahren wie der 3D-Druck basieren auf Daten. Firmen brauchen daher eine rechtlich abgesicherte Strategie in Sachen Datenhoheit.

Andreas Leupold
Rechtsanwalt in München

Die digitale Produktion – zum Beispiel mithilfe von additiver Fertigung – und die dadurch ermöglichten neuen Geschäftsmodelle werfen noch viele Fragen auf. Ein branchenübergreifender Trend, der Unternehmen in den kommenden Jahren zunehmend beschäftigen wird, steht aber schon fest: der rasante Anstieg der in Konstruktion und Produktion verfügbaren Daten und der Wert, den diese nicht nur für die Unternehmen, die sie erzeugen, haben.

Nach einer aktuellen Studie des Marktforschungshauses IDC wird der Wert der Datenwirtschaft in der Europäischen Union bis 2020 auf 643 Milliarden Euro wachsen und nach Angaben von IBM werden heute in einem Jahr weltweit mehr Daten erzeugt, als in der gesamten bisherigen Menschheitsgeschichte.

Daten enthalten häufig wertvolle Geschäftsgeheimnisse (man denke nur an das 3D-Modell eines Prototypen) oder geben Einblicke in die eigene Produktion, die nicht jedermann gewährt werden sollen – etwa bei der vorausschauenden Instandhaltung der Produktionsanlagen (Predictive Maintenance). Hinzu kommen personen- und nicht personenbezogene Kundendaten, Verkaufszahlen und viele andere Daten, die einen ganz erheblichen Unternehmenswert bilden können.

Man muss also nicht an Facebook, Google & Co. denken, um zu erkennen, dass wir längst auch im Mittelstand in einer datengetriebenen Wirtschaft leben. Um diese Daten sinnvoll nutzen und ihre Wettbewerbsposition im Markt halten und ausbauen zu können, brauchen Unternehmen zwei Dinge: eine Datenstrategie und die uneingeschränkte Verfügungsbefugnis an ihren Daten.

Aufbau einer Datenstrategie

Die Erschließung des wirtschaftlichen Werts von Daten ist dem Heben eines Schatzes auf dem Meeresgrund nicht unähnlich, denn beides kann nur mit dem richtigen Werkzeug gelingen. Unternehmen brauchen deshalb eine Datenstrategie, die sie schrittweise dazu befähigt, aussagekräftige Informationen aus den verfügbaren Daten zu gewinnen, um darauf die richtigen Entscheidungen stützen zu können.

Eine solche Strategie stellt zum Beispiel das von Dell entwickelte Daten-Reifegrad-Modell dar, bei dem die höchste Stufe eines datengetriebenen Unternehmens erst erreicht wird, wenn zuvor ein Datenbewusstsein sowie eine Datenkompetenz geschaffen wurde und das Unternehmen eine Versiertheit im Umgang mit Geschäftsdaten erlangt hat.

Um Daten auswerten und auf die Ergebnisse Entscheidungen stützen zu können, müssen Unternehmen sich allerdings zunächst den Zugriff auf die benötigten Daten sichern. Zugleich müssen sie Vorsorge dafür treffen, dass Nicht-Betriebszugehörige das Recht zur Nutzung ihrer Daten nur insoweit erlangen, als dies auch den Interessen des Unternehmens dient und nicht etwa denjenigen seiner Wettbewerber.

Wer ökonomisch denkt und eine Datenstrategie entwickelt hat, möchte die Nutzung seiner Maschinendaten auch nicht allein dem Maschinenhersteller überlassen, der diese dann allein monetarisiert. Der einfachste Weg, um diese Ziele zu erreichen, wäre wohl, Eigentümer der Daten zu werden. Denn über sein Eigentum kann man jederzeit frei verfügen.

Unsere Rechtsordnung kennt derzeit allerdings noch kein Eigentum an Daten. Das verwundert auch nicht, wenn man bedenkt, dass das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) schon 1896 in Kraft trat – zu einer Zeit also, in der es noch keine elektronische Datenverarbeitung gab.

Auch heute gibt es zwar Eigentum an beweglichen (zum Beispiel Werkstoffen) und unbeweglichen (zum Beispiel die Fabrikhalle) Sachen und auch an Elektrizität, aber eben nicht an Daten. Denn Sachen im Sinne des Gesetzes sind auch heute nur körperliche Gegenstände.

Für Software hat sich die Rechtsprechung lange Zeit damit beholfen, dass diese auf einem Datenträger gespeichert wurde und deshalb als Sache behandelt werden konnte. Das ist zwar auch heute noch so. Die Beschränkung des Eigentums auf körperliche Gegenstände überzeugt im Zeitalter von Big Data und der datenträgerlosen Übermittlung von Daten aber nur immer weniger

EU-Richtlinie lässt noch auf sich warten

Die EU-Kommission hat dieses Problem erkannt und 2017 eine Strategiepapier zur Einführung eines neuen Datenerzeugerrechts (Data Producer Right) veröffentlicht. Dieser Vorstoß ist ganz im Sinne der Wirtschaft. Bis zur Verabschiedung einer Verordnung oder Richtlinie, die ein solches gegenüber jedermann wirkendes Datenerzeugerrecht schafft, werden aber voraussichtlich noch Jahre vergehen.

Unternehmen sollten deshalb nicht auf den Gesetzgeber warten – zumal derzeit noch ungewiss ist, ob das Datenerzeugerrecht Realität wird und mit welchen Einschränkungen es verbunden sein wird, um den freien Fluss von Daten innerhalb der EU etwa zu Forschungszwecken nicht zu behindern.

Jedes Unternehmen, dass die Hoheit über seine Daten nicht verlieren oder fremde Daten für eigene Geschäftszwecke auswerten will, muss sich jetzt darüber Gedanken machen, wie sich dieses Ziel auch ohne den Gesetzgeber erreichen lässt. Hierzu müssen in einem ersten Schritt die Datenflüsse im eigenen Unternehmen und in der Lieferkette ermittelt werden, damit Klarheit darüber gewonnen wird, an welchen Stellen Daten erzeugt werden, wo diese abgegriffen werden und wer in ihren Besitz gelangt.

Anschließend muss im zweiten Schritt mit allen Datenempfängern sowie allen externen Lieferanten und Kunden vertraglich geregelt werden, wer auch in Zukunft Zugriff auf die Daten erhalten und was mit diesen geschehen darf.

Das Erstellen solcher Verträge ist nicht trivial, weshalb Unternehmen sich nicht scheuen sollten, sich dafür anwaltliche Unterstützung zu holen. In der Praxis werden nicht selten unwirksame Formulierungen verwendet wie etwa die, mit der einer Vertragspartei die alleinige Verfügungsbefugnis über Daten eingeräumt oder gar das Dateneigentum übertragen wird. Solche Vereinbarungen werden im Streitfall eine gerichtliche Überprüfung kaum bestehen – mit der Konsequenz, dass auch die damit verfolgten Ziele nicht erreicht werden.

Sowohl die Implementierung einer Datenstrategie als auch die dazu notwendigen Verträge mit allen Datenerzeugern und -empfängern in der digitalen Supply Chain erfordern eine – überschaubare – Investition an Zeit und Geld. Es zahlt sich aber aus, damit den Grundstein für die Gewinnung brauchbarer Erkenntnisse aus der Datenflut zu legen und ein Unternehmen zu schaffen, dass die relevanten Daten mit neuen Geschäftsmodellen monetarisieren kann.

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