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Reisepass für Waren

Zollpassierschein vereinfacht die Präsentation auf Auslandsmessen
Reisepass für Waren

Wer seine Produkte in Nicht-EU-Staaten auf Messen präsentiert, stößt oft auf zolltechnische Schwierigkeiten. Wird hingegen ein Carnet A.T.A. als Zollpassierschein für die Stand ausrüstung genutzt, spart dies im Ausland Zeit und Geld – zügiges Abfertigen an der Grenze inbegriffen.

Viele deutsche Unternehmen sind angesichts ihrer hohen Exportabhängigkeit ständig auf der Suche nach neuen Auslandsmärkten. Häufig ist der erste Schritt auf internationalem Parkett die Beteiligung bei einer Auslandsmesse oder das Auskundschaften des Marktes vor Ort. Der Gang über deutsche Grenzen hinaus muss dabei gar nicht kompliziert sein. Eine Erleichterung ist das Carnet ATA, das internationale Zollpassierscheinheft.

Wer innerhalb eines Jahres die ausgeführte Ware wieder nach Deutschland zurückholt, kann damit Geld, Zeit und Nerven sparen. Voraussetzung ist, dass die Waren nach der vorübergehenden Ausfuhr in unverändertem Zustand wieder in die EU eingeführt werden. Was verbraucht wird, Prospekte, Give-Aways, Verderbliches oder Reparaturgüter aber auch Waren, die im Einfuhrland vermietet werden, sind keine Carnet-Waren.
„Carnet“ ist französisch und heißt „Heft“. Die Abkürzung „ATA“ steht für „vorübergehende Einfuhr“ (französisch: admission temporaire; englisch: temporary admission). Frei übersetzt heißt „Carnet ATA“ also Zollpassierscheinheft für die vorübergehende Einfuhr von Waren – quasi ein Reisepass für Waren. Bereits in den 50er- und 60er-Jahren wurden die ersten A.T.A-Abkommen geschlossen. Es dient als Zollanmeldung und zugleich als Bürgschein. Die IHK-Organisation bürgt gegenüber dem Zoll im Einfuhrland dafür, dass der Carnet-Inhaber keine Zollschuld entstehen lässt, sollte Ware dennoch im Land bleiben.
Ihr Risiko decken die IHKs über den Rückversicherer Euler Hermes Deutschland AG. Falls es zu Zollreklamationen aus dem Drittland kommt, wickelt diese Euler Hermes direkt ab. Einen internationalen Sonderfall gibt es dennoch: Für den vorübergehenden Handel mit Taiwan wird das Carnet CPD benötigt. Das Verfahren beruht auf einer Vereinbarung zwischen der EU und Taiwan und kann auch nur in diesem Verhältnis angewendet werden. Falls außer Taiwan noch andere Länder besucht werden, ist zusätzlich ein Carnet ATA zu verwenden.
Wer das Carnet ATA nutzt, hat viele Vorteile: Die Grenzabfertigung dauert meist kürzer, das Heft ist ein Jahr lang gültig und kann währenddessen unbegrenzt oft verwendet werden. Es sind keine weiteren Ausfuhr- oder Einfuhrdokumente notwendig und der geldwerte Nutzen ist offensichtlich: Mit Carnet ATA muss man keine Zahlungen und Zölle oder sonstigen Abgaben leisten.
Jedes Unternehmen und – im gesetzlichen Sinne – natürliche Personen können das internationale Zollpassierscheinheft bei der jeweils örtlich zuständigen Industrie- und Handelskammer beantragen. Das Carnet gilt in mehr als 60 Staaten. Innerhalb der EU benötigt man keine Carnets. Doch keine Regel ohne Ausnahme: Einfuhren zu den Kanarische Inseln, nach Ceuta und Melilla und in Französische Départements in Übersee sind davon ausgenommen.
Regelmäßig werden Carnets von Unternehmen genutzt, die ins Ausland Messe- und Ausstellungsgut transportieren. Dazu gehören Standausrüstungen wie auch zur Vorführung benötigte Ware: Maschinen, Geräte, beispielweise Übersetzungseinrichtungen und Tonbandaufnahmegeräte. Die zweite große Warengruppe sind Warenmuster, also Gegenstände, die eine bestimmte Art bereits hergestellter Waren darstellen oder Modelle von Waren sind, deren Herstellung vorgesehen ist. Die Muster dürfen im Carnet-Verfahren jedoch nur zu Werbezwecken aus- und eingeführt werden.
Optimal für die Carnet-Ausfuhr sind außerdem Berufsausrüstungen, die Unternehmen bei Auslandseinsätzen benötigen. Beispielsweise Geräte für die Montage, Erprobung, Messung, Prüfung oder Überwachung. Rundfunkanstalten oder Fernseh-Produktionsgesellschaften nutzen das Carnet ebenfalls. Ausgeschlossen sind Ausrüstungen, die der ausschließlichen Beförderung, der gewerblichen Herstellung oder dem Abpacken von Waren, der Ausbeutung von Bodenschätzen, der Errichtung, Instandhaltung von Gebäuden, der Ausführung von Erdarbeiten oder ähnlichen Zwecken dienen.
Die Waren müssen, zollrechtlich gesehen, Gemeinschaftswaren sein. Sie müssen also entweder vollständig in der Europäischen Union gewonnen oder hergestellt worden sein oder nach der Einfuhr aus einem Drittland zum zollrechtlich freien Verkehr zugelassen also verzollt und versteuert worden sein.
Kirsten Stürner Fachreferentin Bereich Internationaler Warenverkehr, IHK Region Stuttgart
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