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Neue Geschäftsmodelle: Smarte Ideen für Maschinenbauer

Neue Geschäftsmodelle
Smarte Ideen für Maschinenbauer

Intelligente Apps, Smart Home, autonomes Fahren & Co. – der digitale Trend aus dem B2C-Bereich schwenkt immer mehr in Richtung B2B. Gerade für Maschinenbauer werden Monetarisierungsansätze für digitale Services essenziell. Dabei werden neue Geschäftsmodelle in Richtung Kunde erweitert.

Thomas Beducker
Partner in der Global Practice Technology & Industrials bei Simon-Kucher & Partners
Mario Königsfeld
Consultant für Industriegüter, Maschinen- und Anlagenbau bei Simon-Kucher & Partners

Ein Blick auf die Marktseite zeigt in Sachen Digitalisierung große Umsatz- und Ertragspotenziale, die Maschinenbauer nicht liegen lassen sollten. Im Gegenteil: Sie sollten spätestens jetzt ihre Strategie hinsichtlich Digitalisierung überprüfen, Chancen erkennen und ihre Strukturen und Prozesse gezielt an den neuen Anforderungen ausrichten. Nur so können die Unternehmen alle Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen.

Dazu gehört zum Beispiel, Geschäftsmodelle und das eigene Portfolio in Richtung Kunde zu erweitern – also neue Prozessschritte innerhalb der Wertschöpfungskette einzuführen. Hier stellt sich die grundsätzliche Frage: Wie können digitale Leistungen monetarisiert werden? Während in der Vergangenheit der Verkauf von Hardware nach dem Schema Produkt – Bepreisung – Abverkauf im Vordergrund stand, ist die Monetarisierung von digitalen Leistungen vielschichtiger. Die Kosten sind nicht länger der wichtigste Preistreiber. In der digitalen Welt, besonders für digitale Lösungen und Services, liegt das Hauptaugenmerk auf dem Kundennutzen und damit vor allem auf dem Wert der Leistung für den Kunden. In dieser Hinsicht spielt vor allem die Methodik des Fair Value Pricing eine entscheidende Rolle.

Hierbei wird der Kundennutzen oder der Kundenvorteil abhängig von der Anwendung des Produktes bestimmt. Dies geschieht durch eine Darstellung des Kundennutzens als monetäre Größe, zum Beispiel als Leistung der Maschine, als realisierte Produktivitätssteigerung oder durch die Anzahl der Lizenzen. Entscheidend dabei ist, den Kundennutzen realistisch zu erfassen und störende Einflüsse aus der Messung des Nutzens zu minimieren. Die Basis dafür liefern die Werkzeuge der Digitalisierung, beispielsweise Big Data und Advanced Analytics. Mit ihrer Hilfe können Kundennutzen und Werttreiber eindeutig definiert werden.

Best Practice Michelin

Ein Vorzeigebeispiel für die Monetarisierung des Kundennutzens ist Michelin. Der französische Reifenhersteller ist allgemein für die hohe Qualität seiner Reifen bekannt. Aber: Der steigende Wettbewerbsdruck machte es für das Unternehmen schwieriger, seine Premiumpreise zu rechtfertigen – trotz des eindeutigen und bekannten Qualitätsvorsprungs seiner Produkte. Im Jahr 2001 entwickelte Michelin deshalb ein neues Geschäftskonzept: Speditionen erwerben und bezahlen nicht mehr einmalig die benötigte Anzahl der Reifen. Stattdessen wird nun auf Basis der Kilometerleistung ihrer Flotte abgerechnet. Damit generiert Michelin einen Vorteil für seine Kunden – und für sich selbst. Der Kunde zahlt ausschließlich für die wirklich genutzte Leistung und nicht für den Besitz der Reifen. Und Michelin bindet den Kunden so dauerhaft an sich. Dieses Geschäftsmodell wurde erst durch die Digitalisierung – Machine-to-Machine-Kommunikation, Sensoren sowie
automatischer Austausch von Daten – möglich.

Das zeigt: Der Fair Value Pricing-Ansatz geht häufig Hand in Hand mit der Anpassung des Geschäfts- oder Erlösmodells. Erlösmodelle, bei denen der Anbieter einen Preis für die erbrachte Leistung und nicht für den reinen Verkauf des Produktes verlangt, werden als Pay-per-Use-Modelle bezeichnet. Voraussetzung dafür sind die innovativen Technologien und Werkzeuge der Digitalisierung, die eine parzellierte Messung der Leistung und damit eine Bepreisung einzelner Leistungseinheiten ermöglichen.

Weitere Paradebeispiele für das Pay-per-Use-Geschäftsmodell sind General Electric und Rolls Royce Aerospace. Sie bieten ihren Luftfahrtkunden Schubkraft anstelle von Triebwerken an und rechnen nach Betriebsstunden ab. Ein zusätzlicher Vorteil: Pay-per-Use wird meist inklusive eines Bundles angeboten, sodass beispielsweise die Wartung und der Service im Preis inbegriffen sind. Schließlich setzen die Unternehmen mit dem Pay-per-Use-Pricing auch ein Statement für ihre Produktqualität: Je länger die Lebensdauer der Produkte, desto länger können sie abgerechnet werden.

Neue Umsatzpotenziale im After Sales-Bereich

Besonders für Maschinenbauer existieren auch nach dem eigentlichen Maschinenverkauf viele weitere Kundenservice- und Geschäftsmodelle – und damit Monetarisierungschancen. Durch die Digitalisierung kommen hier ganz neue Umsatzmöglichkeiten im After Sales hinzu. Beispiel „vorrausschauende Wartung“ (Predictive Maintenance): Sie erweitert das bisherige Servicevertragsportfolio des Unternehmens und kann zum Beispiel durch Bonusregelungen für eine sehr gute Maschinenperformance individuell an den Kunden angepasst werden.

Im Vertriebsansatz und im strategischen Management ergeben sich ebenfalls Verbesserungsmöglichkeiten. Der Vertrieb kann einerseits durch gezieltes Mapping und anschließende Klassifizierung von Bestands- und Neukunden seine „Hit-rate“ erhöhen, gemeint ist das Verhältnis zwischen Angeboten und Aufträgen.
Andererseits wird auch die Betreuung des Kunden über den Lebenszyklus hinweg mit maßgeschneiderten Lösungen optimiert. In den beschriebenen Fällen sorgen vor allem die Möglichkeiten der Datensammlung und der entsprechenden Auswertung dieser dafür, dass sich die Schlagkraft im Vertrieb erhöht.

Zwar sind diese neuen Monetarisierungsansätze und Chancen der Digitalisierung kein Geheimnis, dennoch hinkt die Maschinen- und Anlagenbaubranche noch deutlich hinterher. Maschinen werden heute noch größtenteils mit dem Kosten-Plus-Ansatz bepreist, unabhängig vom tatsächlich geleisteten Nutzen. In den Bereichen Software und Serviceleistungen herrscht überwiegend eine „Free of charge“-Mentalität. Es gibt keine zentrale Stelle im Unternehmen, die alle Möglichkeiten der Digitalisierung – sei es im Produktmanagement, Anwendungsmanagement, Vertrieb, After Sales – koordiniert und zusammenfügt. Schlichtweg: Vielen Unternehmen fehlt eine durchgehende Digitalisierungsstrategie.

Digitalisierung auf der Marktseite ist eine große Herausforderung – aber bietet auch ein hohes Potenzial für Umsatz- und Ertragssteigerung. Nur wer sich auf ausgewählte digitale Leistungen fokussiert und sie gezielt und mit einem smarten Monetarisierungsansatz in den Markt bringt, sichert sich langfristig zusätzliche Erlösquellen.

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