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Verhandeln: So gelingen virtuelle Verhandlungen

Verhandlungsführung
So gelingen virtuelle Verhandlungen

So gelingen virtuelle Verhandlungen
Mehr noch als bei Verhandlungen von Angesicht zu Angesicht besteht jetzt die Herausforderung darin, die Motive und Emotionen der anderen Partei auch am Bildschirm zu verstehen. Bild: DC Studio/stock.adobe.com
Kommunikation und Verhalten sind elementare Bestandteile der Verhandlungsführung, die durch virtuelles Verhandeln substantiell beeinflusst werden. Wer verhandelt, muss also virtuelles Verhandeln lernen, um für die Zukunft gewappnet zu sein. Dies wird zur neuen Normalität werden.

» Philipp Michel ist Partner der Negotiation Advisory Group, Düsseldorf

Seit Beginn der Covid-Pandemie finden bis zu drei Viertel aller Unternehmensverhandlungen nicht mehr im unmittelbaren persönlichen Kontakt, sondern virtuell statt. Ein Indiz dafür ist der Rückgang der Unternehmensdienstreisen um bis zu 90 %, wie der Verband Deutsches Reisemanagement schätzt. Es wäre eine Illusion zu glauben, dass die Kommunikation nach Ende der Epidemie wieder so wird wie zuvor. Denn die Unternehmen werden zumindest einen Teil der Ersparnis beibehalten wollen. Nach Schätzung von Experten dürften in Zukunft zwei Drittel aller Verhandlungen rein virtuell laufen. Covid hat diesen Prozess lediglich beschleunigt.

Zwar wurde bei Verhandlungen auch zuvor virtuell per E-Mail, Messenger-Dienste, Telefon und auch per Videokonferenz kommuniziert. Doch spielte der direkte persönliche Kontakt dabei eine entscheidende Rolle, denn nur darüber lässt sich Vertrauen zwischen Verhandlungspartnern aufbauen. Nun gilt es, bei der Videokonferenz dieses Vertrauen zu entwickeln. Aber bei räumlicher und sozialer Distanz in Verhandlungen steigt die Gefahr von Missverständnissen, was sie erschweren und verzögern kann bis hin zur Blockade. Wichtig ist es nun, das Medium Videokonferenz mit seinen Problemen und Vorteilen richtig zu nutzen. Denn die wesentlichen Prinzipien der Verhandlung ändern sich nicht, sie müssen jedoch an die virtuelle Umgebung angepasst werden. Dabei geht im Wesentlichen um folgende Elemente:

1. Die Vorbereitung: Erfahrungsgemäßt ist der Verhandlungserfolg zu 80 % durch die Vorbereitung bestimmt. Professionelle Verhandler bereiten sich deshalb auf alle möglichen Situationen vor und proben die Art und Weise der Kommunikation. Das erfordert, die technischen Gegebenheiten der neuen Kommunikationskanäle wie etwa Zoom, Teams, Webex und Google Hangouts in der Praxis zu beherrschen, bevor man sie in einer Verhandlung nutzt. Wie teilt man Präsentationen, wie erstellt man Breakout Rooms, wie ändert man den Hintergrund, was macht man, wenn die Mikrofone oder Kameras nicht funktionieren? Gerade in stressigen Verhandlungen werfen einen technische Probleme schnell aus dem Konzept.

2. Das eigene Verhalten: Schon in der Vorbereitung sollte man sich Gedanken machen, wie sich Vertrauen aufbauen lässt, auch wenn man sich nur gegenseitig auf dem Bildschirm sieht. Etwa indem man im Homeoffice einen Blick auf sein privates Umfeld zulässt. Zum Beispiel die Tochter, die ins Büro kommt, vorstellen und sie nicht verärgert schnell rausschicken. Oder über den Hund, der auf dem Boden liegt, reden, wenn man weiß, dass der Verhandler auf der anderen Seite auch einen Hund hat. Oder Bücher und Bilder im Hintergrund platzieren, die einen persönlichen Einblick gewähren und helfen, Vertrauen und Nähe zu schaffen.

Ist das Auftreten für das erste Business Meeting geprobt, sollte man jetzt seine virtuellen Meetings proben. Psychologische Experimente besagen, dass die Bedeutung einer Botschaft zu einem Großteil nonverbal durch Mimik und Gestik sowie dem Klang der Stimme und nur zu einem geringen Teil durch die verwendeten Worte kommuniziert wird. Wie also ist das eigene Erscheinungsbild vor der Kamera? Ein Rollenspiel mit einem Kollegen, das aufgenommen wird, kann einen Eindruck vermitteln, wie man auf die andere Partei wirkt. Wie war die Körperhaltung? Die nonverbale Kommunikation? Der Tonfall? Es gilt Licht und Kamera richtig einzusetzen: Die Kamera sollte am besten auf Augenhöhe eingestellt sein, so das man nicht von oben herabschaut. Das Licht sollte nicht von hinten kommen, damit das Gesicht zu sehen ist. Wenn man einen höhenverstellbaren Schreibtisch hat, sollte man sich hinstellen und im Stehen sprechen. Das wirkt dynamischer und emotionaler.

3. Die Gegenseite: Mehr noch als bei Verhandlungen von Angesicht zu Angesicht besteht jetzt die Herausforderung darin, die Motive und Emotionen der anderen Partei auch am Bildschirm zu verstehen. Das Spannende an Verhandlungen ist ja dieser psychologische Aspekt: zu erkennen, was die andere Seite vorhat. Um Missverständnisse oder Irritationen zu vermeiden, sollte man zu Verhandlungsbeginn ansprechen, wenn man sich Notizen macht oder einen zweiten Bildschirm nutzt: „Verzeihen Sie, wenn ich nicht immer in die Kamera schaue. Ich bin jedoch ganz bei Ihnen.“ In virtuellen Verhandlungen fehlen uns viele Hinweise der Körpersprache und Atmosphäre, um Situationen richtig deuten zu können. Daher sollte man vorsichtig formulieren etwa in dem Sinn: „Für mich hört sich das an, als ob…“ oder „habe ich das so richtig verstanden?“ Auch sollte man häufiger das Besprochene zusammenfassen und fragen, ob das auch die andere Seite so sieht.

4. Der Prozess: Geschulte Verhandler bereiten die komplette Verhandlung minutiös vor, auch die virtuelle. Sie entwickeln einen detaillierten Multi-Channel-Kommunikationsplan für alle Phasen der Verhandlung, um die ausgearbeitete Verhandlungsstrategie proaktiv zu steuern und umzusetzen. Verhandlungsführer müssen alle verfügbaren Kommunikationskanäle beherrschen. Denn als Verhandler muss man immer die Kontrolle über den Verhandlungsprozess haben. Dazu gehört auch das Medium. Wer all dies berücksichtigt, vermeidet Missverständnisse und schlechte Verhandlungsergebnisse.

Kontakt:

Negotiation Advisory Group GmbH
Benrather Strasse 12
40213 Düsseldorf
Germany
Tel. +49 211 500 8005 0
info@n-advisory.com

www.n-advisory.com


FAZIT

Verhandlungen sind seit Beginn der Covid-Pandemie schwieriger, weil der Spielraum für Kompromisse in der Wirtschaftskrise geringer wird. Und sie finden meist virtuell, bei sozialer und räumlicher Distanz statt. Damit wächst das Risiko von Missverständnissen und schlechten Verhandlungsergebnissen. Dem lässt sich begegnen, indem virtuelles Verhandeln gelernt wird.

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