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Spielend leicht: Mitarbeiter erlernen das Prozessdenken

Change Management: Interdisziplinäre Workshops sensibilisieren für Veränderungen
Spielend leicht: Mitarbeiter erlernen das Prozessdenken

Spielend leicht: Mitarbeiter erlernen das Prozessdenken
In der Serienfertigung ist das Inseldenken vorprogrammiert: Den Mitarbeitern ist nicht klar, welche Tragweite ihr Handeln auf Kollegen, auf andere Abteilungen und auf das Endprodukt hat Bild: Bosch
Kosteneffizienz, Termintreue und Qualität lassen sich nur erreichen, wenn alle Mitarbeiter das Prozessdenken verinnerlicht haben. Workshops helfen dabei, dass sie sich der Tragweite ihres Handelns bewusst werden.

Es ist immer wieder die alter Leier: „Ich verwahr den Fräser lieber in meiner Schublade. Dann habe ich ihn immer da“, hören die Experten am Werkzeugmaschinenlabor WZL der RWTH Aachen sehr häufig in Seminaren. „Dahinter steckt die typische Jäger- und Sammlermentalität vieler Mitarbeiter in der Produktion. Da werden Werkzeuge am eigenen Arbeitsplatz vorgehalten, obwohl man sie vielleicht nur alle zwei Wochen mal benötigt“, weiß Fabian Gaus, Gruppenleiter am WZL.

Er ist überzeugt: Solche Verhaltensmuster, die von wenig Umsicht, sondern vom Inseldenken der Mitarbeiter zeugen, schaden letztlich der Innovationskraft eines Unternehmens. „Den Mitarbeitern ist nämlich nicht klar, welche Tragweite ihr Handeln auf Kollegen, andere Abteilungen, ja auf das Endprodukt hat.“ Jedoch sei den wenigsten Mitarbeitern daraus ein Vorwurf zu machen.. „Wenn man die in fast jedem Werkzeugbau befindlichen Stellwände betrachtet, die als Sichtschutz die einzelnen Prozessschritte abschirmen, können die Mitarbeiter auch gar nicht das gewünschte Prozessdenken entwickeln“, so Gaus.
Für dieses Prozessdenken sei das Wissen eines jeden Mitarbeiters über den selbst durchgeführten Prozessschritt genauso wichtig wie die Kenntnis über die vor- und nachgelagerten Schritte. „Nur wer den globalen Zusammenhang, in dem der Prozessschritt steht, verstanden hat, ist im Sinne des Unternehmens ein erfolg- und vor allem hilfreicher Mitarbeiter“, erklärt Kristian Kuhlmann, wissenschaftlicher Mitarbeiter am WZL. Mehr noch: Auch der Erfolg von Veränderungen im Unternehmen lässt auf sich warten. Aufgrund des nicht ausgeprägten Prozessdenkens sind die Mitarbeiter bestrebt, den Status quo aufrecht zu erhalten und stehen somit Veränderungsprozessen oft negativ gegenüber. „Die Angst vor neuen, unbekannten Arbeitsinhalten wird abgebaut, der Mitarbeiter verinnerlicht ungewohnte Arbeitsinhalte schneller, wenn er in Prozessen denkt“, so Gaus.
Gerade an diesem Prozessverständnis mangele es jedoch den meisten Mitarbeitern, wie die Projekterfahrung des WZL in der Einzel- und Kleinserie zeigt. Neben der Jäger- und Sammlermentalität und dem Misstrauen gegenüber Kollegen beobachten die Wissenschaftler noch weitere Verhaltensmuster, die Veränderungsprozesse blockieren: Dazu gehört das Verstecken in der Gruppe. Geht ein Werkzeug etwa kaputt, will es keiner gewesen sein. Auch die Nehmerhaltung ist typisch: Ich kann meine Arbeit nur gut ausführen, wenn ich von einer anderen Abteilung gute Vorgaben bekomme. Gaus: „Dieses Verhalten, gepaart mit unzureichender Kommunikationsfähigkeit, erstickt alle beabsichtigten Veränderungen bereits im Keim.“
In der Serienfertigung verschärft sich das mangelhafte Prozessdenken noch. „Hier sind die Mitarbeiter gar nicht in die Pflicht genommen zu überlegen, was im Prozess vor und nach ihnen geschieht“, argumentiert der Experte. Dies fängt an bei Konstrukteuren, die niemals erfahren, was aus ihren Zeichnungen wurde, und setzt sich fort bis in kleine Prozessschritte innerhalb der Fertigung. Viele interne Weiterbildungsprogramme, die sich dieses Themas annehmen, führen allerdings nicht zum Erfolg – weil sie weder spezifisch noch nahe an den jeweiligen Tätigkeiten sind. Aus diesem Grund hat das WZL Workshops für Unternehmen konzipiert, die den Mitarbeitern das Bewusstsein für Kosteneffizienz, Termintreue und Qualität vermitteln sollen.
„Wesentlich ist dabei, dass die Workshop-Gruppen interdisziplinär zusammengesetzt sind“, so Kuhlmann. „Die Teilnehmer kommen idealerweise aus allen Abteilungen und Hierarchiestufen des Unternehmens, einschließlich des Managements. Je vielseitiger diese Gruppen sind, je umfangreicher der Zusammenhalt und je unterschiedlicher das Denken innerhalb der Gruppen ist, desto größer sind die Erfolgschancen.“
Gestartet werden die Workshops in der Regel mit Lego-Stein-Spielen. Dabei wird ein Produktentstehungsprozess nachgebildet. Beispielsweise müssen die Teilnehmer, in kleinen arbeitsteiligen Teams gruppiert, ein Hindernis, wie es aus dem Springreiten bekannt ist, in mehreren Arbeitsschritten bauen und zusammensetzen. Gaus: „Das klingt simpel. Doch dabei wird den Teilnehmern schnell klar, dass sich das Gesamtergebnis durch kleinste Störungen gravierend verändern kann.“ So bekommen die Teams zum Teil strenge Zeitvorgaben, um ein Bauteil an die Kollegen weiterzugeben. Oder es werden durch den Moderator unbemerkt falsche Teile eingebaut, was erst den Teilnehmern drei Prozessschritte später auffällt.
„Anhand des Lego-Spiels fällt den Mitarbeitern die Reflexion über die Probleme in den Unternehmensprozessen leicht, so dass sie in der Gruppe gut über Lösungsmöglichkeiten diskutieren können“, sagt Gaus. Das belegt das Beispiel eines großen internen Werkzeugbaus eines mittelständischen Unternehmens. Das Fertigen ähnlicher Bauteile, die Serienfertigung sowie die Beachtung einer Taktzeit standen ebenso im Mittelpunkt des Workshops wie die Schulung der schichtübergreifenden Kommunikation beziehungsweise der Kommunikation zwischen den Arbeitsstationen. Das Ergebnis: Bereits nach einem Workshop war ein Bewusstsein geschaffen für immer wiederkehrende Fehlertypen wie mangelnde Kommunikation, fehlende Ordnung am Arbeitsplatz, unzureichende Schichtübergabe sowie unzureichende Beachtung der Baupläne.
Sabine Koll Journalistin in Böblingen

Schlanke Produktion erfahren
„Auch eine Umstellung auf die Methoden der Lean Production ist zum Scheitern verurteilt, wenn die Mitarbeiter aus Produktion und Montage nicht mitziehen“, stellt Thomas Frädrich klar, Ingenieur am Institut für Fabrikanlagen und Logistik (IFA) der Leibniz Universität Hannover. Aus diesem Grund hat das IFA für Firmen das Production Training entwickelt, bei dem idealerweise zwölf Mitarbeiter in vier Spielrunden selbst erleben, wie sich Arbeit und Abläufe in einer kleinen, realitätsnahen Montagestrecke durch Lean Production verändern. Diese Spielstation wurde gemeinsam mit dem Wendlinger Elektrowerkzeughersteller Festool GmbH entwickelt, der die Methoden seit zehn Jahren einsetzt. Das IFA bietet nun erstmals offene Production Trainings an, die etwa für Geschäftsführer und Produktionsleiter kleinerer Unternehmen gedacht sind. Nächster Termin ist 26./27. November 2009.
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