Startseite » Management »

Talente suchen und fördern

Wie Mittelständler die besten Fachkräfte von sich überzeugen
Talente suchen und fördern

Personalentwicklung | Im Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte sieht sich der Mittelstand im Nachteil. Umso mehr gilt es, die eigenen Trümpfe gegenüber Konzernen zu erkennen, die Personalpolitik anzupassen und neue Rekrutierungskanäle zu nutzen.

Simone Gröneweg Freie Journalistin in München

Die Suche nach passenden Fachkräften ist für Personalchefs derzeit nicht leicht. Vier von zehn Unternehmen in Deutschland haben Probleme, geeignete Bewerber zu finden, lautet das Ergebnis einer Studie des Personaldienstleisters Manpower Group. Vor allem im IT- und im Ingenieurbereich fehlt qualifiziertes Personal.
Mancher Mittelständler aus diesen Sparten bezweifelt, dass er im Wettbewerb um die besten Köpfe gegen Konzerne eine Chance hat. Zu Unrecht, sagen HR-Fachleute. Bei den großen Konzernen gehen Neueinsteiger oftmals in der Masse unter. Kleine und mittlere Unternehmen könnten ihren Mitarbeitern durchaus etwas bieten, betonen die Experten. „Die Firmen sind übersichtlicher als Konzerne, flexibler und haben meist flachere Hierarchien. Mitarbeiter können also schneller Verantwortung übernehmen“, erklärt Sebastian Reiche, Professor für Managing People in Organizations an der internationalen IESE Business School (Barcelona/München).
Viele mittelständische Unternehmen haben ihre Vorzüge jedoch noch gar nicht selbst erkannt. „Wenn ich in Führungskräfte-Programmen in Deutschland lehre, sehe ich immer wieder, dass die Vorstände ihre Trümpfe gar nicht genau kennen und ihre Rekrutierungsstrategie nicht entsprechend ausrichten“, sagt Reiche.
Der Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte verschärft sich, doch nur jeder dritte betroffene Arbeitgeber hat seine Personalpolitik angepasst. „Wir haben hierzulande weniger Arbeitslose. Das macht sich am Stellenmarkt bemerkbar“, sagt Karl Brenke vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). „Oftmals ist den Unternehmen nicht bewusst, dass sie auf die neuen Bedingungen reagieren müssen“, ergänzt er.
Talente suchen und fördern – so lässt sich die Aufgabe der Personalchefs heute wohl am besten beschreiben. „Früher haben wir eine Stellenanzeige geschaltet und konnten uns die Mitarbeiter aussuchen“, sagt Falk Ißmer, Sprecher von Peiker – einem mittelständischen Anbieter mobiler Kommunikationstechnik in Friedrichsdorf im Taunus. Die Zeiten seien vorbei, ergänzt er.
Die Arbeitgeber müssen etwas bieten und dabei geht es nicht immer nur um ein hohes Gehalt. Wer bei einem mittelständischen Unternehmen arbeitet, profitiert zum Beispiel von flacheren Hierarchien und einer familiären Atmosphäre. „Bei uns kann jeder zum Chef gehen, wenn es Gesprächsbedarf gibt. Die Tür steht allen offen“, erzählt Ißmer vom Technikunternehmen Peiker. Die Firma beschäftigt in Deutschland 600 Mitarbeiter. „200 davon sind Ingenieure und Ingenieurinnen“, sagt Ißmer.
Das Unternehmen benötigt vor allem Ingenieure für sogenannte „Embedded Systems“. Da die klassische Industrietechnik mit der Informationstechnologie verschmilzt, sind solche Spezialisten in der Industrie derzeit gesucht. Peiker lockt mit beruflichen Perspektiven. „Bei uns können Einsteiger schnell Verantwortung übernehmen“, erzählt der Sprecher. „Ein Mangel an Karrieremöglichkeiten und Aufstiegschancen frustriert Mitarbeiter“, bekräftigt IESE-Professor Reiche. Darauf sollten vor allem Familienunternehmen achten, denn bei ihnen seien Leitungspositionen häufig von Familienmitgliedern besetzt. Sehr wichtig ist ein regelmäßiges Feedback für die Angestellten. „Wer Leistungsbeurteilungen nicht formalisiert und regelmäßig durchführt, ist im Nachteil. Sie sind schließlich der Ausgangspunkt für weitere Entwicklungsmöglichkeiten“, sagt Sebastian Reiche.
Auch die Suche nach den Fachkräften können Firmen optimieren. Der Zeppelin-Konzern startete im September eine „Employer Branding-Kampagne“ in Deutschland. Mit neuen Image- und Stellenanzeigen, Flyern und einer zentralen Karriereseite will der Konzern die Arbeitgebermarke stärken und sich als zukunfts- und wachstumsorientiertes Dienstleistungsunternehmen positionieren. „Wir möchten Nachwuchstalente und hochqualifizierte Arbeitskräfte für eine Karriere bei Zeppelin begeistern“, erklärt Jürgen-Philipp Knepper, Geschäftsführer Personal, Recht und Compliance.
Die Firmen sollten auch neue Rekrutierungskanäle nutzen wie etwa E-Recruiting Kampagnen, die Bewerber sinnvoll „vorfiltern“ können, schlägt Professor Reiche vor. Ist der passende Kandidat gefunden, helfen Orientierungs- und Einführungsprogramme beim beruflichen Einstieg. Eine besondere Bedeutung haben Führungskräfte bei der Personalentwicklung. Sie prägen die Firmenkultur, können Mitarbeiter qualifizieren und ans Unternehmen binden.
„Damit Maßnahmen zur Mitarbeiterrekrutierung nachhaltig umgesetzt werden, müssen die Impulse von der obersten Führungsebene ausgehen“, sagt Reiche und betont: „Wenn die Angestellten merken, dass die Personalentwicklung genauso ernst genommen wird wie die Produktentwicklung, hat das eine enorme motivationale Wirkung, die relative Gehaltseinbußen gegenüber großen Konzernen verblassen lassen.“ •

Personalstrategien für Mittelständler
Professor Dr. Sebastian Reiche von der IESE Business School rät Teilnehmern im Vorstandsprogramm (AMP Munich) zu folgenden Schritten:
  • Die Mitarbeiter in den Mittelpunkt der Unternehmensstrategie stellen
  • Vielfältige Karriere- und Aufstiegsmöglichkeiten bieten
  • Fort- und Weiterbildung garantieren, auch für höhere Leitungsebenen
  • Ein spezielles System mit immateriellen Anreizen („Incentives“) entwickeln und kommunizieren
  • Auf eine gute Work-Life-Balance achten (beispielsweise flexible Arbeitszeiten)
  • Regelmäßig Feedback geben (standardisierte Leistungsbeurteilungen)
  • Eine HR-Datenbank herstellen und pflegen (inklusive zunächst ausgesonderter Bewerber)
  • Einheitlicher Auftritt am Bewerbermarkt („Employer Branding“)
  • Eigene Stärken formulieren und damit bei den Bewerbern punkten
  • Gründliche Job-Bedarfsanalyse für effektiveres Recruitment
  • Formale Orientierungs- und Einführungsprogramme
  • Unsere Webinar-Empfehlung
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 5
Ausgabe
5.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de