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DIN EN ISO 9100:SPN gliedert sich unkomplizierter in die Wertschöpfungskette ein

Luftfahrtzulieferer
„Viel unkomplizierter in die Wertschöpfungskette eingliedern“

Der Antriebs- und Verzahnungsspezialist SPN Schwaben ist jetzt nach der Luftfahrtnorm DIN EN 9100 zertifiziert. Geschäftsführer Rainer Hertle erläutert, wie der Nördlinger Mittelständler als Zulieferer der Aviationsbranche für sich die Karten neu mischt und weiter wachsen will. ❧

Dietmar Kieser

Ein Prüfsiegel wie die Luftfahrtnorm EN 9100 zu erlangen und anzuwenden, ist mit erheblichen Mühen und Kosten verbunden. Wie stemmt ein Unternehmen mit 300 Mitarbeitern wie SPN einen solchen Prozess?

Indem man die vorgeschriebenen Maßnahmen für ein komplett neues Managementhandbuch möglichst mit einem Einmalaufwand umsetzt. Wenn die Prozesse weitgehend systemgestützt und möglichst automatisiert ablaufen, lässt sich Zusatzaufwand vermeiden. Gewiss sind die Prozesse einer ständigen Weiterentwicklung unterworfen und es kommen im Lauf der Zeit zusätzliche Anforderungen hinzu. Jedenfalls steigt mit dem Umstieg auf die Luftfahrtnorm der Anspruch an die Prozesse, zugleich steigt der Effizienzdruck auf die Prozesse.

Woraus speist sich Ihr Optimismus, damit die Marktposition verbessern zu können?

Zerspaner für die Luftfahrt finden sich in Deutschland sicherlich hunderte, Spezialisten für Verzahnungen und Zähne vermutlich eher ein Dutzend. Gemessen am Umsatz ist der Luftfahrtanteil unseres Portfolios in den letzten Jahren von sechs auf zwölf Prozent angewachsen. Mit der Zertifizierung nach DIN EN 9100 ist uns erneut ein großer Schritt gelungen, um das Feld weiter zu bearbeiten. In drei bis fünf Jahren soll der Umsatzanteil mit der Aviationsbranche auf 20 Prozent steigen. Strategisch streben wir einen einigermaßen ausgewogenen Branchenmix an, um nicht von einem Investitionsgüterbereich abhängig zu sein. Derzeit überwiegt bei uns noch der Maschinenbau mit einem Anteil von 63 Prozent am Portfolio, die Energie liegt bei 18 Prozent.

Mit welchen Kernkompetenzen warten Sie im Luftfahrtbereich auf?

Unser Schwerpunkt liegt traditionell bei Verzahnungsteilen aller Art. Auch Schneckentriebsätze sind ein Thema, das nicht allzu viele dem Markt anbieten. Oft ist es so, dass die Systemhersteller, die Tier-1, mit unseren Triebsätzen das komplette Produkt montieren und dann an den OEM liefern. Bisweilen liefern wir auch ein komplettes Getriebe oder eine mechanische Baugruppe.

Inklusive Produktentwicklung?

Ja, in der letzten Zeit sind wir auch beim Design aktiv. Mitunter tragen wir auch dazu bei, die Nachweise für die Lufttüchtigkeit einer Baugruppe zu liefern. Zudem forcieren wir die Entwicklungen für bewegte mechanische Baugruppen wie etwa Getriebe oder mechanische Missionssysteme. Dazu haben wir alle nötigen Partnerschaften und Kompetenzen in unseren Prozess integriert, so dass SPN als zugelassenes Luftfahrtunternehmen auch in der Lage ist, von Entwicklung über Test, Prototypenbau und Serienfertigung den ganzen Bereich abzudecken.

Welche besondere verzahnungstechnische Kompetenz verlangt die Luftfahrtindustrie?

Die Herausforderungen liegen zumeist bei Materialien und der Korrosionsbeständigkeit. Und da die Luftfahrt in der Regel lebensdauerlange wartungsfreie Systeme einsetzen will, ist auch die Schmierung der Systeme in Bezug auf breite Temperatureinsatzfähigkeit ein Thema. Ein Schmierstoff muss bei minus 55 Grad Celsius ebenso funktionieren wie bei plus 85 Grad. Eine Herausforderung vor allem an die Werkzeuge ist die Bearbeitung hochfester Materialien, die ja leichter sind. Hiermit sind technische Feinheiten und Spezialitäten verbunden.

Warum ist der Designprozess für Sie als Zulieferer so wichtig?

Nur wenn wir die Prozesse auch im Design abdecken, können wir eine möglichst komplette Lösung anbieten. Der größte Hebel liegt darin, ausgehend von einer Fragestellung bereits im Design mitwirken zu können, um die Lösung hinsichtlich technischer Natur, Gewicht und Kosten optimal zu gestalten. Und oft entsteht eben auch im Detail für die Verzahnungsthemen die verlässlichere Lösung, wenn der Verzahnungsspezialist bereits im Design involviert ist und kein Bewegungs- oder Getriebekonzept ohne dieses Spezialwissen entwickelt wird.

Wie hilfreich ist die Norm für einen Zulieferer mit Blick auf den Zugang in die Lieferkette?

Wir können uns dadurch viel unkomplizierter in die Wertschöpfungskette der Branche eingliedern. Die Zertifizierung nach dieser Norm ist oft die Eintrittskarte, um weitere Aufgaben übernehmen zu können und nicht nur als verlängerte Werkbank zu fungieren. Dazu gehört, dass man auch die Verantwortung für komplette Bauteile übernimmt, was heute die Voraussetzung ist, um in der Branche mitzuspielen. Genau das streben wir an. Denn in der Luftfahrt herrschen zwei Beschaffungsprinzipien vor. Einerseits ist das die sogenannte verlängerte Werkbank des Luftfahrtunternehmens, das nur einzelne Schritte bei Spezialisten auslagert. Andererseits werden komplette Kaufteile bei einem Lieferanten platziert, der dann alle Schritte von der Materialbeschaffung über die Oberflächenvergütung bis hin zur Fertigung der Bauteile verantwortet. Und dafür ist fast überall die EN 9100 Voraussetzung. Damit haben wir ein deutlich breiteres Fundament, um diesen Bereich auszubauen.

Und worin unterscheidet sich die EN 9100 vom Qualitätsmanagementstandard EN ISO 9001 im Wesentlichen?

Hauptmerkmale liegen in der Dokumentation aller Prozessschritte, der Nachvollziehbarkeit und auch der Dokumentation jeglicher Veränderung. Der zweite Schwerpunkt liegt darin, dass man die Dinge auch sicherstellen muss, nicht nur im eigenen Unternehmen, sondern auch in den untergelagerten Prozessen, die bei eigenen Lieferanten stattfinden. Auch dort müssen die Sicherungsmechanismen wie auch die Durchgängigkeit von Dokumentationen, von Anforderungen an die eigene Lieferkette sichergestellt sein.

Den SPN-Stammsitz in Nördlingen haben Sie strategisch auf prozessualer Ebene neu ausgerichtet. War das auch die Voraussetzung dafür, um in die Luftfahrt zu gehen?

Diese beiden Schritte haben wir zumindest gemeinsam getan. Damit haben wir die internen Abläufe neu strukturiert, um die Dinge in Zukunft möglichst effizient abwickeln zu können. Heute können wir sämtliche Produktprozesse – von der Entwicklung bis zur Logistik in einem geschlossenen Durchlauf am Standort realisieren. Damit wollen wir mittelfristig die Durchlaufzeit unserer gesamten Fertigungsprozesse im Werk halbieren und die Effizienz und Flexibilität unserer Prozessabläufe deutlich erhöhen.

Ist dieses Vorhaben überhaupt fachkräftemäßig zu stemmen?

Auch in diesem Jahr wollen wir wieder um gut sieben Prozent wachsen. Erreichen wollen wir dieses Wachstum mit unserer vorhandenen Belegschaft wie auch über die Effizienz der Prozesse. Aber ganz ohne Personalaufbau wird es wohl nicht gehen. Dennoch lautet das Stichwort: Wachstum ohne zu wachsen.


 

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