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Wer haftet, wenn es hakt?

Automobilzulieferer: Entwicklungsverantwortung
Wer haftet, wenn es hakt?

Wer haftet, wenn es hakt?
Pkw-Produktion in Wolfsburg: Es knirscht immer wieder zwischen Volkswagen und den Zulieferern Bild: VW
Der WSM-Wirtschaftsverband hat zur Klärung eines Dauerbrenners zwischen VW und seinen Zulieferern beigetragen: Wer trägt welche Kosten bei fehlerhaften Lieferungen?

Bekanntlich haben die Zulieferer eine ganze Reihe von Problemfeldern mit Volkswagen. Dazu zählt beispielsweise, dass VW seit Jahren Kostenpauschalen von den Zulieferern fordert, wenn sie gegen eine der zahlreichen Vereinbarungen verstoßen. Die Pauschalen werden nach Auffassung des Wirtschaftsverbandes Stahl- und Metallverarbeitung (WSM) häufig zu Unrecht dem Zulieferkonto belastet, ein Widerspruch der Zulieferer ist regelmäßig erfolglos.

Auch die „Rahmenvereinbarung über die Nutzung der Volkswagen-Konzern B2B-Lieferantenplattform VW Group Suppy.com“ aus dem April 2007 ist keineswegs problemfrei. Diese Rahmenvereinbarung müssen die Zulieferer akzeptieren, um überhaupt per Internet Zugang zu den technischen Unterlagen von VW zu haben, damit zum Beispiel ein Angebot seitens der Zulieferer abgegeben werden kann.
Ein großer Problemkreis konnte jedoch vor wenigen Tagen entschärft werden: In einem gemeinsamen Gespräch mit VW im Januar wurde über die so genannte Konzeptverantwortungsvereinbarung (KVV) des Herstellers gesprochen und dabei deren Inhalt auf ein für die Zulieferer akzeptables Maß reduziert.
Bei der KVV handelt es sich um einen Vertrag, bei dem VW davon ausgeht, dass mit steigender Entwicklungstiefe, welche der Zulieferer für ein Bauteil übernimmt, auch das Risiko von Entwicklungsfehlern steigt. Entsprechend seiner Entwicklungsverantwortung müsse der Zulieferer daher die Schäden tragen, die später im Feld bei so genannten Konzeptfehlern auftreten.
Bereits 2006 hatte VW eine erste Version der KVV zahlreichen Zulieferern zur Unterschrift vorgelegt, dabei aber erheblichen Widerstand ausgelöst, weil diese Version aus deren Sicht nicht akzeptabel war. Der Zulieferer sollte für sein Bauteil eine „lebenslange Produktzyklusverantwortung“ übernehmen, so dass die vereinbarten Gewährleistungszeiten keine Rolle mehr spielen würden.
Ferner erfasste die KVV die bei VW anfallenden „Garantie- und Kulanzkosten“, ohne dass eine Begrenzung vorgesehen war. Damit wollte VW offenbar seine Qualitätsoffensive auf Kosten der Lieferanten finanzieren. Gerade die lebenslange Haftung für die Garantie- und Kulanzkosten konnten die Zulieferer nicht durch eine Haftpflichtversicherung absichern. Hinzu kommt, dass die Zulieferer sich mit der von VW ihnen zugeteilten Verantwortung (hierzu gab es drei Stufen) einverstanden erklären mussten, wenn sie den Auftrag für die Lieferung eines Zulieferteils erhalten wollten.
Viele Zulieferer zögerten mit ihrer Unterschrift, weil die Verantwortungsquote bereits zeitlich vor den Entwicklungsarbeiten von VW festgelegt werden sollte und später nicht mehr korrigierbar war. In dieser Situation hat jetzt der WSM-Wirtschaftsverband seine guten Kontakte zu VW genutzt und den Leiter des Gesamteinkaufs des VW-Konzerns um Hilfe und Vermittlung bei einer Problemlösung gebeten. Die Lösung wurde in einem Gespräch zwischen WSM und VW in Wolfsburg gefunden. Wegen der Bedeutung der Angelegenheit hatte VW einen Vertreter der Funk-Gruppe, ein internationaler Versicherungsmakler, hinzugezogen.
Die Lösung sieht so aus, dass VW als Basis der KVV nicht die erste Version, sondern die zweite Version nimmt, welche seit November 2007 im Markt verwendet wird. Diese ist für die Zulieferer wesentlich günstiger, weil sie auf die oben dargestellten Nachteile verzichtet. Wichtig für die Zulieferer ist, dass die Festlegung der Verantwortungsquote gemeinsam erfolgt, und zwar bis zum Ende der Entwicklungsphase. Danach ist die Quote allerdings nicht mehr veränderbar.
Wenn sich im Feld schadhafte Teile zeigen, werden sie von beiden Vertragspartnern nach repräsentativen Stichproben gemeinsam beurteilt. Diese technische Beurteilung hat Auswirkungen auf die finanziellen Forderungen von VW, soweit dabei Konzeptfehler festgestellt werden. Sie werden nach der vereinbarten Verantwortungsquote, die von 10 % bis 90 % reicht, abgerechnet. Durch diese individuelle Bewertung jedes einzelnen Bauteils dürfte auch die Versicherbarkeit weitgehend möglich sein: Hier kommt hinzu, dass eine ganze Reihe von Schäden, soweit sie nicht auf Konzeptfehlern im Feld beruhen, von der KVV nicht erfasst werden, das zum Beispiel Folgekosten, Drittschäden und Rückrufkosten. Aus den Erläuterungen von VW in dem Gespräch ergibt sich ferner, dass Rohteile, beispielsweise Coils, von der KVV nicht betroffen sind. Der WSM hat Volkswagen eindringlich aufgefordert, Zulieferern und den eigenen Mitarbeitern diese recht komplizierte Sach- und Rechtslage deutlich zu machen; insbesondere müssen die Zulieferer eine klare Basis für Gespräche mit ihren Versicherern haben. Den Versicherern muß das neue Verständnis der KVV erläutert werden, so dass sie die Versicherbarkeit beurteilen können.
Um die Information der Zulieferer zu verbessern, wurde mit VW eine gemeinsame Informationsveranstaltung im Februar organisiert. Auf dieser Veranstaltung wurde von Vertretern von Volkswagen die KVV ausführlich mit rund 100 Teilnehmern diskutiert. „Die gemeinsame Informationsveranstaltung von WSM und VW hat zu einem besseren Verständnis der Zulieferer beigetragen“, so Dr. Theodor L. Tutmann, Geschäftsführer des WSM-Wirtschaftsverbandes. Bei entsprechendem Interesse ist für April eine weitere Veranstaltung vorgesehen.
Weil diese Informationsveranstaltung nicht nur für Zulieferer aus der WSM-Branche interessant war, sondern für alle VW-Zulieferer, hat der WSM den Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaft Zulieferindustrie (ArGeZ) Gelegenheit zur Teilnahme gegeben.
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