Startseite » Themen » Automobilindustrie »

Neue E-Klasse im Test: Wie E und je

Neue E-Klasse im Test
Wie E und je

Mit der neuen E-Klasse startet Mercedes-Benz ins digitale Zeitalter durch. Mehr Assistenten für automatisiertes Fahren, ein neues Infotainment-System und jede Menge Technik fürs geschmeidige Dahingleiten machen den Urvater aller Mercedes-Modelle zum Luxusliner in der Flotte.

Oft wurde Mercedes-Benz ja vorgeworfen, die Marke baue behäbige Autos, die zwar komfortabel, aber wenig begeisternd zu fahren sind. Mit der Neuausrichtung der A-Klasse hat Mercedes-Benz gezeigt, dass man auch Sport kann. Und die E-Klasse zeigt jetzt ebenfalls sportliche Ambitionen, aber deutlich distinguierter verpackt. Im Vergleich zu den Wettbewerbern aus München, Ingolstadt oder Coventry wirkt die E-Klasse etwas wuchtiger, aber dennoch athletisch und beileibe nicht behäbig.
Vorne grüßt wie eh und je der Daimler-Stern von der Motorhaube, die seitliche Außenansicht wird durch den hohen Wagenkörper und die kleinen Fensterflächen dominiert. Das Heck schließlich wirkt ebenfalls wuchtig, umkleidet aber ein gut beladbares und mit 540 Liter ausreichend großes Gepäckfach. Wer möchte, kann es durch Umklappen des Mittelteils der Fondlehne oder gleich aller drei Fondlehnen (optional für 435 Euro, alle Angaben ohne Mehrwertsteuer) sogar noch erweitern. Gepäckbeförderung ist aber nicht die Hauptaufgabe der E-Klasse. Sie konzentriert sich auf das komfortable Reiseerlebnis ihrer Passagiere und macht das – fast unnötig zu sagen – wie immer richtig gut.
Sanfte Sänfte
Fangen wir ganz unten an: die Niederquerschnittreifen im Format 275/40 (hinten) und 245/45 (vorne) lassen zwar eine gewisse Härte vermuten, werden aber von der Luftfederung (Option für 1900 Euro) vorzüglich entschärft. Deren Federhärte passt sich über drei Luftkammern automatisch an die Fahrsituation an und lässt das Fahrzeug über Bodenwellen und Fugen jeglicher Art gefühlt schweben. Insbesondere auf der Autobahn und bei hohem Tempo entsteht so ein Fahrgefühl, das nicht nur beruhigt, sondern auch subjektiv weniger ermüdet. Dafür sorgt auch das Akustikpaket (1100 Euro) mit wärme- und geräuschdämmendem sowie Infrarot- und UV-schützendem Verbundsicherheitsglas samt absorbierender Folie und weiteren Schallisolationsmaßnahmen.
Weiter vorne säuselt der neue Vierzylinder-Dieselmotor, der in Sachen Geräusch, Dynamik, Trinksitten und Abgasverhalten erheblich besser als das Vorgängeraggregat ist. Es besitzt mit 1950 Kubikzentimeter zwar etwas weniger Hubraum als bisher, aber mit 143 Kilowatt Leistung und 400 Newtonmeter Drehmoment genügend Potenz für die Autobahn. Dort schnurrt das Aggregat bis weit über Tempo 150 wie ein Kätzchen und hängt sehr gut am Gas. Subjektiv stellt sich bei 150 bis 170 Kilometer pro Stunde das optimale Fahrgefühl ein. Darüber werden die Windgeräusche lauter und die Konzentration auf die schmäler werdende Straße überlagert das wohlige Reisegefühl.
Da sich der Motor auf den etwa 900 Kilometern Testbetrieb (viel Stadtverkehr und eine sehr flotte Autobahnreise) durchschnittlich etwa 6,8 Liter Dieselkraftstoff pro 100 Kilometer genehmigte, ergibt sich mit den serienmäßigen 50-Liter-Tank eine theoretische Reichweite von knapp 750 Kilometer. Deshalb sei das Ordern der optionalen Kraftstofftanks mit 66 (für 50 Euro) oder 80 (für 100 Euro) Liter Inhalt empfohlen. Oder man fährt etwas verhaltener und senkt so den Kraftstoffverbrauch auf durchaus erreichbare 5 bis 6 Liter pro 100 Kilometer. Und das Beste: der neue OM 654 (so heißt der Vierzylinder-Dieselmotor im Daimler-Jargon) unterbietet die ins Gerede gekommenen Stickoxid-Grenzwerte nicht nur im Labor, sondern auch während der Fahrt zuverlässig.
Unterstützung für den Fahrer
Aufmerksamer Assistent des Motors ist das Neungang-Automatikgetriebe, das die Antriebskraft in feinen und wohldosierten Übersetzungsschritten an die Hinterräder weiterleitet. Hier gilt das gleiche Bonmot wie bei Schiedsrichtern im Sport: „Seine Anwesenheit wurde nicht bemerkt, also war er gut.“ Was auch für die LED-Scheinwerfer (1950 Euro) gilt: ihre insgesamt 84 einzeln ansteuerbaren LEDs sparen andere Fahrzeuge präzise aus und beleuchten gleichzeitig sehr hell das Umfeld und ermöglichen so ein Dauerfernlicht – alles automatisch.
Womit wir bei den Assistenzsystemen wären. Davon gibt es für die E-Klasse mehr als genug, schließlich gilt das Modell als die Speerspitze des Konzerns auf dem Weg zum autonomen Fahren. Im „Fahrerassistenz-Paket Plus“ (optional für 2400 Euro) werden 13 elektronischer Helfer gebündelt, die das Fahren sicherer machen sollen. So faszinierend es auch sein mag, mit dem Setzen des Blinkers einen automatischen Überholvorgang des Fahrzeugs auszulösen, auf der Autobahn ohne Lenkradkontakt in der Spur zu bleiben oder wie von Geisterhand in eine Parklücke dirigiert zu werden: Erstens bleibt der Fahrer weiter in der Verantwortung, muss daher seine Fahrt weiterhin voll überwachen und darf sich noch nicht anderen Tätigkeiten zuwenden. Zweitens überlagern bei manchen Funktionen nervige Begleiterscheinungen den Sicherheitsgewinn. Etwa wenn schon bei Annäherung an weiße Fahrbahnbegrenzungen das Lenkrad vibriert oder der Abstandshalter im Tempomat schon weit vor einem langsamer fahrenden Vordermann verzögert. Manche Fahrer stören sich an solchen lästigen Reaktionen und sind versucht, die Systeme deshalb komplett abzuschalten. Und wenn wir schon bei nervigen Eigenschaften sind: die Rundumsicht ist nicht die beste (hier hilft das Parkpaket mit 360-Grad-Kamera für 1490 Euro) und die wieder einmal gestiegenen Abmessungen sorgen in engen Straßenzügen und Parkhäusern für Verdruss.
Details optimieren den Gesamteindruck
Ansonsten gibt es eigentlich nichts zu beanstanden: die vorzüglichen Sitze mit Klimatisierung, etlichen Massagefunktionen und Lederbezug bieten besten Langstreckenkomfort, das große Schiebedach lässt Luft und Licht in den Innenraum und die Ambiente-Beleuchtung sorgt im Dunkeln für schöne Lichteffekte rund um die Passagiere. Nicht zu vergessen die fein austarierte und klanggewaltige Burmester-Soundanlage (4900 Euro), das gut leitende Navigationssystem und ein feines Head-Up-Display direkt im Sichtfeld des Fahrers. Dank der beiden großen Displays sind alle Informationen gut sichtbar, lediglich die Menüstruktur des Infotainment-Systems gilt es ausgiebig zu ergründen. Aber dafür ist eine 493-seitige Betriebsanleitung an Bord. Außerdem werden nützliche Informationen wie Kraftstoffpreise an benachbarten Tankstellen in der Navigationskarte dargestellt oder das Smartphone kabellos aufgeladen. Sprachsteuerung, vielfältige Mobilitätsdienste und separat buchbare Apps sowie Reifen mit Notlaufeigenschaften können das Reisen ebenfalls erleichtern.
Darüber hinaus bietet die Aufpreisliste noch viele weitere Möglichkeiten – etwa über 300 Lack-/Polster-Kombinationen – zur Individualisierung der E-Klasse. Sie führten beim Testwagen dazu, dass der Grundpreis von 39.780 Euro sich unter dem Strich auf 80.020 Euro mehr als verdoppelte. Nicht wenig, aber im Falle dieser neuen E-Klasse gut angelegtes Geld.
Hartmut Hammer, Fachjournalist aus Leutenbach
Unsere Whitepaper-Empfehlung
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 4
Ausgabe
4.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Tipps der Redaktion

Unsere Technik-Empfehlungen für Sie

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de