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„Wollen präsent sein, wo unsere Kunden sind“

Christian Walter, Mitglied der Siebenwurst-Geschäftsleitung über Internationalisierung
„Wollen präsent sein, wo unsere Kunden sind“

Werkzeugbau | Ein gesundes Geschäft im Heimatmarkt und Alleinstellungsmerkmale, die im Zielmarkt gefragt sind, das sieht Christian Walter als Voraussetzungen für den erfolgreichen Schritt ins Ausland. Er ist Mitglied der Geschäftsleitung bei Chr. K. Siebenwurst in Dietfurt und Geschäftsführer der Standorte in China und Mexiko. §

Autor: Das Interview führte Haider Willrett

Herr Walter, seit wann arbeitet Siebenwurst an seiner Internationalisierung?

Seit rund sechs Jahren. 2009 hatten wird den ersten Strategie-Workshop zum Thema. Damals stellten wir uns die Frage: Wo brauchen unsere Kunden unsere Unterstützung? Es war schnell klar, dass unser Ziel Asien und im Besonderen China sein muss. Wir hatten uns dann in der Folge eine Reihe asiatischer Länder angeschaut, und alle waren hinsichtlich der Rechtssicherheit besser als China. Aber unsere Kunden sind dort. Da bringt es nichts, in Thailand oder Korea zu sitzen.
Wie lang war der Weg, von der Idee bis zum ersten Geschäftsbetrieb?
Das dauerte rund ein Jahr. In China sind die bürokratischen Hürden enorm hoch und die Abläufe, die es bei einer Unternehmensgründung zu bewältigen gilt, sind extrem aufwendig. Das ist in anderen Ländern anders. In Mexiko beispielsweise sind diese Schritte bereits nach zwei Wochen erledigt.
Wo liegen die besonderen Herausforderungen, die ein Unternehmen bewältigen muss, das im Ausland aktiv werden will?
Die größte Herausforderung gerade für Mittelständler sehe ich darin, wirklich seriös zu untersuchen, wo die eigenen Alleinstellungsmerkmale liegen. Man muss konsequent prüfen, ob die eigenen Produkte oder Dienstleistungen im Ausland gefragt sind. Allen, die ihr Kerngeschäft in Deutschland nicht im Griff haben, rate ich vom Schritt ins Ausland ab. Das Streben nach einem technologischen Alleinstellungsmerkmal war und ist auch bei uns die Triebfeder, seit Jahren viel Geld und Ressourcen in Forschungs- und Entwicklungsprojekte rund um den Leichtbau zu investieren.
Sind die Siebenwurst-Unternehmen im Ausland eigene Betriebe oder Kooperationen?
Alle zur Gruppe gehörenden Unternehmen – auch die im Ausland – werden mehrheitlich von der Familie Siebenwurst gehalten. Ausnahme ist CAD/CAM Solution in Polen. Dort sind wir aus strategischen Gründen eine erfolgreiche Minderheitsbeteiligung eingegangen. Von einem Joint Venture halte ich bei der Internationalisierung eines Werkzeug- und Formenbaus nichts. Das Prinzip „einer bringt das Geld, der andere das Know-how“ führt schnell zu schwierigen Konstellationen. Andererseits sind lokale Partner, bei denen man einzelne Leistungen zukaufen kann, enorm wichtig.
Welche Leistungen bietet Siebenwurst im Ausland an?
Das beginnt beim klassischen Service, also beim Warten und Instandhalten von Werkzeugen oder dem Anlaufmanagement. Wir übernehmen Qualitätssicherungsaufgaben und stellen Arbeitskräfte zur Verfügung. Von unseren 35 Mitarbeitern in China arbeiten rund 20 direkt bei unseren deutschen OEM-Kunden. Zudem bieten wir Consulting oder Engineering Leistungen an. Das heißt der Kunde hat ein Problem mit einem Werkzeug – das nicht von uns sein muss – oder einem Fertigungsprozess und wir helfen ihm, das zu lösen. Auf Wunsch unterstützen wir auch bei der Produktentwicklung.
Siebenwurst gehört zu den großen Werkzeugbauern. Welche Chancen haben kleine Betriebe, erfolgreich ins Ausland zu gehen?
Wer internationalisieren will, muss sich darüber klar sein, dass das Kapital und Managementressourcen erfordert. Beides bereitzustellen, ist für kleine Betriebe nicht einfach. Besonders dann, wenn sie patriarchalisch organisiert sind und vom Inhaber im Alleingang geführt werden. Er hat gar nicht die Zeit, sich mit all den Fragen zu beschäftigen, die sich einem beim Schritt ins Ausland stellen. Internationalisierung muss nicht für jeden das richtige Konzept sein. Wir bei Siebenwurst stellten uns der Herausforderung, unser Unternehmen weiterzuentwickeln und neue Märkte zu erschließen.
Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, um den Schritt ins Ausland erfolgreich zu bewältigen?
Wie gesagt: Das Basisgeschäft in Deutschland muss kerngesund sein und man braucht echte Alleinstellungsmerkmale, die im Zielland auch gefragt sind. Und man braucht Mitarbeiter, die bereit sind, längere Zeit ins Ausland zu gehen. Ein Zeitraum von drei Jahren scheint mir hier das Minimum. Kürzere Wechselzyklen schaffen nach meiner Erfahrung sowohl in der Niederlassung als auch im Heimatbetrieb zu viel Unruhe. Und man muss sich darüber klar sein, dass durch den Wechsel guter Mitarbeiter in die Niederlassung, der in Deutschland ohnehin bestehende Fachkräftemangel noch verschärft wird. Um das in den Griff zu bekommen, suchen wir auch international gute Mitarbeiter. So haben wir beispielsweise spanische Werkzeugbauer für unseren Standort in Mexiko verpflichtet, oder Polen für unsere Niederlassung in China.
Welche weiteren Ziele hat Siebenwurst beim Thema Internationalisierung?
Wir wollen mittelfristig in allen Produktionshauptmärkten präsent sein, in denen unsere Kunden aktiv sind. Außerdem wollen wir ein weltweites Netz von Kooperationspartnern aufbauen.
Welche Auswirkungen hat das Engagement im Ausland für die heimischen Standorte?
Durchweg positive. Seitdem wir uns in China und Mexiko engagieren, stieg unsere Exportquote von 15 auf 25 Prozent. Würden wir nicht an die Möglichkeiten in Deutschland glauben, hätten wir nicht seit 2013 rund zehn Millionen Euro in Baumaßnahmen, neue Maschinen und optimierte Prozesse an unserem Stammsitz in Dietfurt investiert. Trotzdem: Wir sind in einer konservativen Branche tätig, und die Vorbehalte beim Schritt ins Ausland waren groß. Viele Mitarbeiter sahen das anfangs als Bedrohung. Mich freut besonders, dass sich die Einstellung hier komplett gewandelt hat.
Mit welchen Konsequenzen müssten Ihre deutschen Standorte rechnen, wenn Sie nicht ins Ausland expandiert hätten?
Weil wir viele Alleinstellungsmerkmale haben, hätte sich das kurzfristig kaum ausgewirkt. Langfristig hätten unsere OEM-Kunden aber lokale Dienstleister in ihren Produktionsmärkten entwickelt. Die dann reduzierte Exportrate könnten wir mit einem eher lokalen Fokus nicht auffangen. •
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