Startseite » Management »

Woran Führung in Firmen krankt

Management
Woran Führung in Firmen krankt

Woran Führung in Firmen krankt
Bild: iQoncept/Fotolia
Restrukturierung | Wider besseres Wissen wird die umsichtige Ausrichtung auf die Zukunft von so manchem Unternehmen auf dem Altar angepassten Verhaltens und einseitiger Ertragsmaximierung geopfert.

Hartmut Volk Freier Publizist in Bad Harzburg

Die Struktur- und Ablauforganisation laufend zu optimieren, gilt als Königsweg zur betrieblichen Leistungsoptimierung und Zukunftssicherung. Die Anpassungsnotwendigkeit an sich steht außer Frage. Zu hinterfragen ist aber die Eile, in dem immer wieder neu angepasst, aufgestellt, out- und wieder ingesourct wird. Erweist sich doch die beinahe verbissene Ausschließlichkeit der Konzentration auf diese Restrukturierungsrituale zunehmend als problematisch.
Und das aus mehreren Gründen. So springt bei näherem Befassen mit dem „Warum?“ von Umorganisationen oft geradezu ins Auge: Der Antrieb dazu ist weniger die präventive Ausrichtung des Unternehmens auf die erwarteten Verhältnissen von morgen. Angetrieben wird das nach außen als betriebliche Fitnessmaßnahme verkaufte unablässig Auf-den-Kopf-Stellen an sich durchaus wettbewerbsfähiger Unternehmen von der Angst vor den Analysten. Sprich den Ertragserwartungen der Börse. Der Hauptantreib hinter all den zahlreichen überhasteten Restrukturierungen, die die Unternehmen von einer noch nicht ganz verdauten in die nächste übereilte Straffung treiben, ist in Wahrheit Angst um persönliches und nicht um betriebliches Wohlergehen.
Manager als Wachs in den Händen fremder, nur zu oft denen des Unternehmens zuwider laufenden Interessen – das ist die Krankheit keineswegs siechen Unternehmens. Nun ist Sich-Arrangieren nichts unbedingt Außergewöhnliches im menschlichen Verhaltensrepertoire. Ebenso wenig die vorrangige Ausrichtung des Augenmerks auf die Selbsterhaltung. Nur, wird all das über die Maßen betrieben, wirkt das destabilisierend in mehrfacher Hinsicht. Und es gibt gute Gründe dafür zu vermuten, dass dieser Zustand mittlerweile erreicht ist.
Vor nur wenigen Jahren berichtete die deutsche Sektion der Unternehmensberatung Coverdale von einer Umfrage unter Managern. Nicht repräsentativ, dennoch sehr nachdenklich stimmend. Die Antworten ließen keinen Zweifel aufkommen, dass sich so mancher Manager in seiner Haut und Position nicht mehr richtig wohlfühlt. Was sie umtrieb, war das Gefühl, zu Getriebenen geworden zu sein. Mehr und mehr würden die Umstände, unter denen zu arbeiten sei, überfordern. Es fehle an Zeit und Ruhe und auch an Rückhalt, Dinge wirklich zu bedenken. Burnout, so die Quintessenz, dieser Befragung, drohe längst nicht mehr allein der Person, sondern kompletten Unternehmen.
Das Bekundete kann nur erschrecken. Besagt es doch nichts anderes als: Die Erwartung schneller Ergebnisse verbietet geradezu in seinen Auswirkungen langfristig angelegtes Handeln. Zur Messlatte für „Erfolg“ ist das Quartal geworden. Und so wird über den Zwang, heute etwas zum Vorweisen zu haben, das für morgen und übermorgen eigentlich Notwendige vernachlässigt. Gefragt ist Funktionieren, weniger Denken. Und schon gar nicht eigenständiges und damit zwangsläufig auch mal unbequemes.
Spielt der Mensch, aus dessen Bereitschaft zu Einsatz und Kooperation überhaupt erst die Möglichkeit zu betriebswirtschaftlichem Erfolg erwächst, im Wirtschaftsleben überhaupt noch eine angemessene Rolle? Daran ist zu zweifeln. Restrukturierungsorgien lassen eher vermuten, dass die Belegschaft weniger als Gemeinschaft von Leistungsträgern, dafür umso mehr als Ergebnis beeinträchtigender Kostenfaktor gesehen wird. Die Mitarbeiter als die eigentliche Quelle von Kraft und Prosperität eines Unternehmens dürfen sich somit in der Rolle des eigentlich Überflüssigen und folglich immer wieder zu Reduzierenden erleben.
Wie anders als desaströs kann sich diese „Selbsterkenntnis“ auf Leistungswillen wie Leistungsverhalten auswirken? Durch die denk- und handlungsleitende Fokussierung auf das Organisatorisch-Strukturelle wird beides schlicht und einfach entkernt. Verwundert es, dass sich im tiefen Inneren verankerte Verbundenheit mit dem Arbeitgeber verflüchtigt hat? Dass aus „Wir“ ein berechnendes „Ich“ geworden ist?
Die mangelnde Firmentreue wird beklagt. Wie um Himmels willen kann Firmentreue und mit ihr Loyalität dem Arbeitgeber gegenüber erwartet werden, geschweige sich überhaupt erst einmal herausbilden und dann am Leben bleiben, wenn selbst den Gutgläubigsten die Kraft des Faktischen täglich vor Augen führt: Du bewegst dich auf einer Einbahnstraße! Zeigt doch das tägliche Geschehen: keiner, auch nicht die Treuesten und nicht die Leistungsstärksten, kann sich seinem Arbeitsplatz noch sicher sein, runzeln Eigentümervertreter oder Analysten ob der Ertragsentwicklung die Stirn und signalisieren dem Management mit der Kraft der irritiert gehobenen Augenbraue: Es muss mal wieder rationalisiert werden.
Strukturen und Prozesse werden angepasst, bis nichts mehr passt
Und so bestimmen weniger weise Voraussicht, Erkenntnisse aus der Beschäftigung mit dem Zukünftigen oder ganz und gar das Verantwortungsgefühl für die Belegschaft Entscheidungen und Maßnahmen in so mancher Unternehmensführung, sondern hoch und höher geschraubte Ertragserwartungen. Und so werden Strukturen und Prozesse angepasst, bis nichts mehr passt.
Es ist die immer weiter gehende Unvernunft, die das Geschehen im Führungsbereich vieler Firmen prägt, an der die gesamte Unternehmensführung zunehmend krankt. Wenn das nicht eine der vordringlichsten betriebswirtschaftlichen Erkenntnisaufgaben unserer Tage ist, was dann? •
Unsere Webinar-Empfehlung
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 4
Ausgabe
4.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Tipps der Redaktion

Unsere Technik-Empfehlungen für Sie

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de