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Moderne Datenwissenschaft beschleunigt Entwicklung von Werkstoffen

Materialforscher arbeiten wie Kriminalisten
Daten als Werkstoff-Booster

Daten als Werkstoff-Booster
Materialwissenschaftler Prof. Frank Mücklich im Labor für Atomsonden-Tomographie der Universität des Saarlandes. Bild: Oliver Dietze
In der Materialforschung fallen riesige Datenmengen an. Ein neuer Umgang damit könnte die Entwicklung von Werkstoffen enorm beschleunigen. Dafür beginnt jetzt ein bundesweites Konsortium seine Arbeit, gefördert vom Bund mit 10 Mio. Euro. Was erreicht werden kann, stellt bildlich Prof. Frank Mücklich vor Augen, Materialforscher an der Universität des Saarlandes.

Frank Mücklich sieht die Materialwissenschaft und Werkstofftechnik derzeit in einem tiefgreifenden Wandel. Um ihn zu veranschaulichen, zieht er einen Vergleich mit der Kriminalistik: „Durch DNA-Analysen kann man heute Mordfälle aufklären, die vor 30 Jahren noch unlösbar erschienen, weil man diese Technik noch nicht hatte. Heute analysieren wir Materialien und gewinnen aufwändig umfangreiche Daten, haben aber vielleicht in fünf oder zehn Jahren eine noch viel bessere Methode, um sie vollständig auszuwerten“, erklärt Mücklich.

Werkstoffe werden chemisch analysiert, physikalischen Tests ausgesetzt oder mit bildgebenden Verfahren auf Mikro- und Nanoskalen erforscht. Es entstehen gigantische Datenmengen. Viele Experimente seien zudem sehr kostspielig, sagt Mücklich. Nicht nur die Sicherung der Rohdaten spiele daher eine immer wichtigere Rolle, sondern auch die Frage, mit welchen Modellen die Daten weiterverarbeitet und analysiert werden.

Stündlich kommen wertvolle Materialdaten hinzu

„Wenn man zum Beispiel Spezialstähle herstellt, kann man an vielen Stellschrauben drehen. Man kann die Temperatur erhöhen, die chemische Zusammensetzung verändern oder eine andere Walztechnik anwenden“, erläutert der Saarbrücker Materialforscher. „Jeder neue Prozess liefert andere Daten auch für die innere Struktur des Werkstoffs. Wir müssen sie quantitativ bewerten.“

Immer mehr komme hier auch die Künstliche Intelligenz ins Spiel: „Wir benötigen die Methoden des maschinellen Lernens, um in großen Datenmengen verborgene Muster zu erkennen, die wir bestimmten Eigenschaftseffekten eines Werkstoffes zuordnen können.“

Aber auch intelligente Datenbankstrukturen brauche es, um die in bundesweit unterschiedlichen Projekten anfallenden Wissenschaftsdaten „systematisch und auf lange Sicht“ auswerten zu können, betont Mücklich. Die rasant wachsende interdisziplinäre Datenwissenschaft (Data Science) erhält damit eine Schlüsselfunktion zwischen Experiment und Theorie.

10 Mio. Euro für die nationale Werkstoffforschung

Diesen Themen widmet sich jetzt das bundesweite Konsortium zum Aufbau einer nationalen Forschungsinfrastruktur in der Materialwissenschaft und Werkstofftechnik. Es wird als eines von zehn Konsortien von Bund und Ländern in den kommenden fünf Jahren mit mehr als 10 Mio. Euro gefördert.

Die Saarbrücker Materialwissenschaftler Frank Mücklich, Stefan Diebels und Hans-Georg Herrmann werden sich in dem Verbundprojekt vor allem mit der Frage beschäftigen, wie die riesigen Datenmengen aus verschiedenen 3D-Analysetechniken modelliert und strukturiert werden können. Sie werden dafür mit Informatikern am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) in Saarbrücken zusammenarbeiten.

Mikro-, Nano- und atomare Erkenntnisse machen Materialien transparent

„Um das innere Gefüge eines Werkstoffes zu verstehen, nähern wir uns diesem mit 3D-Analysetechniken in verschiedenen Dimensionen an.“ Mücklich zählt die Mikro-, Nano- und die atomare Skala auf, die man sich „wie ein komplexes hierarchisches Gebilde“ vorstellen könne. „Wir können darüber die Eigenschaften eines Werkstoffs gezielt und exakt berechenbar verändern“ – etwa um maßgeschneiderte mechanische, elektrische oder optische Eigenschaften einzustellen.

Auf dem Saarbrücker Campus seien alle wichtigen Großgeräte zur 3D-Analyse von Materialien auf diesen Skalen vorhanden, ebenso wie mehrere kompetente Forschungsteams an der Universität des Saarlandes, am Fraunhofer-Institut für zerstörungsfreie Prüfverfahren und am Leibniz-Institut für neue Materialien.

Auch Studierende und Doktoranden profitieren

Von der hochmodernen Forschungsinfrastruktur und den jeweiligen Forschungsteams profitieren auch die internationalen Studierenden und Doktoranden, die von der Europäischen Schule für Materialforschung auf dem Saarbrücker Campus betreut werden. „Sie sollen künftig in Workshops und Summer Schools die Methoden kennenlernen, die wir im Rahmen dieses bundesweiten Konsortiums erarbeiten werden.“

Diese Erkenntnisse würden sie sowohl in die Industrie als auch in die internationale Forschung hinein weitertragen, ist Frank Mücklich überzeugt. Er geht davon aus, dass hierzulande neue Hochleistungswerkstoffe zukünftig noch schneller, sehr viel effizienter und mit einer noch höheren Präzision hergestellt werden können. (os)

Universität des Saarlandes
Campus
66123 Saarbrücken
Tel.: +49 681 302–0
www.uni-saarland.de

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