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Lieferbasis mit vergrößerter Reichweite

Industriemesse WIN Part 1 in Istanbul zieht Einkäufer aus mehr als 13 Ländern an
Lieferbasis mit vergrößerter Reichweite

Die zentrale Lage der Türkei zwischen großen Märkten hat Ausstellern wie Besuchern der Industriemesse WIN Part 1 in Istanbul erfolgsversprechende Geschäftskontakte und Abschlüsse verschafft. Deutsche Firmen nutzen den Standort zunehmend auch als Lieferbasis mit vergrößerter Reichweite.

Oft ist es eine Frage, gefolgt von einer Andeutung, die den Gesprächsverlauf auf dem Stand von Michael Kownatzki auf der Istanbuler Industriemesse WIN eröffnen: Ob er bereits eine türkische Vertretung habe und dass man einen Anbieter suche, der billiger sei als die heimischen. Obgleich der Chef der gleichnamigen Zahnrad- und Getriebefabrik aus dem südbadischen Wehr beides verneint, führt so manches Gespräch zur späteren Auftragsvergabe.

Kownatzkis Trumpf ist die Hochpräzision. Genauer: geometrisch und qualitativ gefertigte anspruchsvolle Zahnräder und Antriebselemente. „In unserer Marktnische haben wir keinen Wettbewerb“, betont er selbstbewusst und verweist auf ein Projekt in Mekka. Für den riesigen Glockenturm in der saudi-arabischen Pilgerstätte hat sein Unternehmen dem Turmuhrenbauer Perrot aus Calw die Getriebe, Schnecken und Schneckenräder geliefert. Ein entsprechendes Poster als Blickfang auf dem Stand im Rahmen des Deutschen Pavillons dient Kownatzki als Visitenkarte des Projekts. Details erläutert er, der bereits zum zweiten Mal auf der WIN ausstellt, den Interessenten per Computeranimation.
Auch auf dem Stand der Berliner Gerb Schwingungsisolierungen GmbH & Co. KG künden Poster von rund um den Erdball verteilten Lösungen, die Maschinen, Anlagen und Gebäude vor schädlichen Schwingungen schützen. Projektingenieur Ceyhun Erdöl verweist zugleich auf ein am Boden stehendes Masse-Feder-System, etwa so groß wie ein 10-l-Eimer. „Deutsche Produkte“, sagt der in Essen bei Gerb arbeitende Bauingenieur, „kommen in der Türkei gut an, da Wert auf deutsche Qualität gelegt wird.“
Derlei Zuspruch schlägt sich auch in deutschen Exportbilanzen nieder. Beispiel Werkzeugmaschinen: Aktuell besetzt die Türkei Platz 12 der wichtigsten Exportmärkte der hiesigen Branche. Bei einem Liefervolumen von 150 Mio. Euro im Jahr 2010 bestritten die Deutschen etwa ein Fünftel aller türkischen WZM-Importe. Die Rekordwachstumsraten der türkischen Wirtschaft – das Bruttoinlandsprodukt ist 2011 um real 8,9 % gestiegen; nach China war die Türkei im dritten Quartal der am zweitschnellsten wachsende Wirtschaftsraum weltweit – deuten auf eine weiter steigende Binnennachfrage nach Maschinen hin.
Für so manchen Mittelständler ist der Königsweg in diesen Markt und in benachbarte Wirtschaftsräume Auftritte auf Messen wie der WIN – World of Industrie 2012 mit ihren 927 Ausstellern aus 33 Ländern. Deren erster Teil, der drei Spezialmessen der Industriefertigung (Metallbearbeitung, Schweißtechnik und Oberflächenbehandlung) unter einem Dach vereint, ging am 5. Februar zu Ende (wir berichteten). Der Veranstalter Hannover Messe Bilesim A.S. mit Sitz in Istanbul hat in den vier Messetagen fast 44 000 Fachbesucher gezählt. Am 29. März folgt Teil 2 mit den Themen Fabrikautomation, Elektrotechnik, Hydraulik & Pneumatik und Material-Handling
Das starke Inlandsfeld der WIN1 bestreiten „die 500 besten Hersteller der Türkei“, hob Jusuf Öksüzömer, Vorsitzender des türkischen Maschinenbauverbands TMMA, hervor. Dass auch die Sicherheitstechnik auf der Messe verstärkt zum Zuge gekommen ist, verdeutlichte der Schwerpunkt „Workplace Safety, Health and Environment“. „Sicherheit ist gerade in Schwellen- und Entwicklungsländern sehr wichtig“, sagte Ali Kaya, „und in der Türkei wenig ausgeprägt“. Der Präsident der Turkish Association for Work Safety Businessmen (Tiagiad) rührt die Trommel dafür „die Sicherheitskultur zu professionalisieren“. Die Messeaktion will dazu einen Anstoß geben.
Deutschland als wichtigster Handelspartner des Landes stellte mit 31 Ausstellern die größte ausländische Delegation. Von ihnen nutzten 16 Firmen die Vorteile des erstmals vom VDW unterstützten Deutschen Pavillon. Sechs deutsche Aussteller präsentierten sich zudem auf dem vom Parts2clean-Veranstalter FairXperts aus Neufen organisierten Reinigungstechnik-Gemeinschaftsstand in Halle 8 des Tüyap-Messegeländes. Hartmut Herdin sieht sich „als Veranstalter in der Pflicht, die Unternehmen an die Märkte heranzuführen“. Zumal der Bedarf an Reinigungstechnik weltweit, vor allem aber in Schwellenländern, zunehme.
Laut VDMA haben sich die türkischen Importe für Oberflächentechnik weit überdurchschnittlich entwickelt. Nach China und den USA ist die Türkei drittstärkster Zielmarkt für Oberflächentechnik. Als herausragender Marktplatz profitiere Istanbul besonders von dieser durch den fortschreitenden Ausbau der industriellen Produktion getriebenen Entwicklung des türkischen Marktes, heißt es.
Gerade auch mit Hilfe von China und der Türkei habe Kjellberg Finsterwalde das letzte Geschäftsjahr so gut abgeschlossen, bestätigte Alfred Gierschke, Vertriebsmanager Europa des Brandenburger Unternehmens. Grund genug für den Schweiß- und Schneidtechnikanbieter, in der Türkei einen Schwerpunkt zu setzen. Gierschke: „Bei Wachstumsprognosen von plus neun Prozent in den nächsten fünf bis acht Jahren hängen wir uns gerne rein.“ Dennoch sieht er die Gründung einer eigenen Niederlassung „im China Europas“ erst als nächsten Schritt. Den Stand auf dem Deutschen Pavillon nutzt er vornehmlich zur Neuakquisition und zur Pflege bestehender Partnerschaften. An der WIN schätzt der Verkaufsmanager auch den Zustrom ausländischer Besucher, etwa aus dem Irak, Kasachstan und Bulgarien.
Dass sich für einen Aussteller wie Gerb pro Messetag 10 bis 20 internationale Kontakte addieren, wie Projektingenieur Ceyun Erdöl hochrechnet, liegt auch an der Brückenfunktion der Türkei zur eurasischen Region und nach Nordafrika. Für Michael Kownatzki, dessen Produkte indirekt zu über 90 % im Ausland eingesetzt werden, ist dies gar der zentrale Kern seines Messeauftritts. „Abgesehen von der Türkei als boomender Markt trifft man hier auf weitere Länder, die aufbrechen“, betont er mit Blick auf die Vorbereitung der eigenen Zukunft. „Wer weiß schon“, stellt Kownatzki die strategische Frage, „wo Europa in Zukunft liegt?“ Umso mehr hat für den Geschäfstführer die Internationalität auf Messen wie der WIN mit ihrer zentralen Lage zwischen großen Märkten Gewicht.
Gewiss treffen die deutschen Premiumanbieter hier auf unterschiedliche Welten. Wer wie der Auswucht- und Diagnosetechnikspezialist Schenk RoTec die eurasische Region unter anderem auch mit manuell bedienbaren Auswuchtmaschinen bedient, sieht sich „einer starken lokalen Konkurrenz“ gegenüber, wie Peter Salzgeber einräumt. Dass die Darmstädter Dürr-Tochter hier dennoch zum Zuge kommt, macht der Area Sales Director an der konkurrenzlosen Präzision, Langlebigkeit und Wartungsarmut der Maschinen fest. Deshalb wären auch die meisten schon vor Jahrzehnten in die Türkei gelieferten Maschinen nach wie vor in Betrieb. Überdies würden bei so manchem Abnehmer, der den lokalen Markt bedient und größere Stückzahlen für die Automobilindustrie fertigt, diese Argumente eine Rolle spielen. Oft wollten diese Anwender zeigen, dass sie hochwertiges Produktionsequipment einsetzen und ein seriöser Partner sind. „Mit dem Auswuchten als einem der letzten Schritte in der Prozesskette lässt sich die Produktgüte dokumentieren“, sagt Salzgeber.
„Das Made in Germany“, weiß auch Michael Kownatzki, „ist noch etwas Wert.“ Für ihn zählt, dass aus den aktuellen Kontakten spätestens in einem Jahr Aufträge geworden sind. „Von daher“, bestätigt der Getriebespezialist, „war die letzte WIN ein Erfolg.“
Industrieanzeiger
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