Die Corona-Pandemie könnte den 16-jährigen Wachstumskurs des Dienstleistungskonzerns Dekra stoppen. Davon geht der Vorstandsvorsitzende Stefan Kölbl „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ aus. Die Dauer des Shutdowns in Deutschland, aber auch weltweit werde darüber entscheiden, ob das Unternehmen nur leichte Umsatzverluste oder aber stärkere Blessuren erleiden werde. Erste Corona-Spuren sind bereits sichtbar. Im ersten Quartal 2020 ging der Umsatz um 5 % zurück. Eine Prognose für das Gesamtjahr sei nicht möglich. „Wir fahren derzeit auf Sicht“, schildert Finanzchef Wolfgang Linsenmaier die Lage und erwartet ein schwierigeres zweites Quartal mit weiteren Umsatz- und Ertragseinbußen.
Auswirkungen hat die Coronakrise vor allem auf die Zeitarbeit. In Deutschland sind etwa 4000 der fast 7700 Zeitarbeitnehmer der Expertenorganisation in Kurzarbeit. Auch für viele seiner Stammmitarbeiter nutzt Dekra dieses Instrument. Zudem würden die Investitionen deutlich zurückgefahren, heißt es. Neben der Beschäftigungssicherung liegt für den Finanz- und Personalchef die Priorität auf dem Thema Liqudität, über die die Stuttgarter laut Linsenmaier genügend verfügen wie auch über entsprechende Kreditlinien. Das, so der Finanzvorstand, „gilt es zu halten“.
Wie wichtig die Sicherheit ist, für die Dekra laut Stefan Kölbl steht, zeige sich nicht nur an den periodischen Fahrzeugprüfungen. Diese würden unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen erfolgen und auch dafür sorgen, dass Lieferketten aufrechterhalten würden. Auch im Geschäftsfeld der Produkttests leiste der Dienstleistungskonzern einen besonderen Sicherheitsbeitrag. Im Bereich der Schutzmaskenprüfung habe Dekra seine Prüfkapazitäten um das 50-fache ausgeweitet. Das Speziallabor in Essen würde rund um die Uhr und selbst an den Wochenenden arbeiten, um den Mangel an Corona-Masken (CPA) zu reduzieren. Insgesamt rund 40 neue Maskentypen haben die Experten bisher unter die Lupe genommen. Auch bei der Prüfung von Beatmungsgeräten herrsche ein großer Bedarf, so Kölbl.
Hohe Nachfrage registriert das Unternehmen auch aus der Industrie. Viele Betriebe würden die Zeit des erzwungenen Stillstands nutzen und Dienstleistungen rund um die Inspektion und Prüfung von Anlagen und Materialien nachfragen. Laut dem Vorstandschef würde die Coronakrise „die Art und Weise verändern, wie wir unsere Dienstleistungen durchführen“. So werden vermehrt auch Fernprüfungen per kontaktfreier Remote-Technik und Remote-Audits erfolgen.
Bei der Digitalisierung insgesamt registriert Kölbl große Fortschritte. So hätte die digitale Transformation von Geschäftsprozessen an Schub gewonnen. Kontinuierlich steige die Zahl der digitalen Services. „Die Notwendigkeit, persönlichen Kontakt aktuell so weit wie möglich zu vermeiden, wird die Akzeptanz von digitalen Lösungen im Markt beschleunigen“, betonte der Dekra-Chef. Zunehmend eingesetzt werden auch Lösungen für Virtual und Augmented Reality (VR/AR). Hier kooperieren die Stuttgarter mit dem Darmstädter Mixed-Reality-Experten 3spin. Trainingsangebote auf Basis von VR- und AR-Simulationen sollen die Sicherheit im Umgang mit Gefahrstoffen verbessern. Gerade die Krise zeige, wie wichtig Sicherheit sei, so Kölbl, der zugleich „viele neue Chancen und Ansätze“ sieht.
Im Vorjahr ist die Expertenorganisation „noch auf breiter Front gewachsen“, sagt Kölbl, und hat einen Umsatz von 3,4 Mrd. Euro (+2 %) erzielt. Zur Jahresfrist waren 43.961 Mitarbeiter beschäftigt, davon 12.493 in Deutschland. Das Ebit betrug 227 Mio. Euro, die bereinigte Ebit-Marge 6,7 %. Die Investitionen sind auf 128,2 Mio. Euro gestiegen. An Eigenkapital verfügt Dekra über 796 Mio. Euro. Sondereffekte wie durch die Rechnungslegungsvorschrift IFSR16 verminderten die Eigenkapitalquote um 4,1 % auf 28,9 %. (dk)
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