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Tiefziehfähiges Organoblech aus Komposit-Abfällen

Industrievereinigung Verstärkte Kunststoffe AVK verleiht Preise für herausragende Faserverbund-Innovationen
Tiefziehfähiges Organoblech aus Komposit-Abfällen

Tiefziehfähiges Organoblech aus Komposit-Abfällen
Lkw-Sattelauflieger aus CBT: zweiter Preis in der Kategorie Umwelt für das IKV mit Partnern Bild: EPL
Vier Gewinner in drei Kategorien zeichnete die Industrievereinigung Verstärkte Kunststoffe (AVK) e.V. in diesem Jahr mit dem renommierten Innovationspreis aus. Selbst zweite Preise haben Bahnbrechendes zu bieten.

Ein Blick auf die Auszeichnungen zeigt, mit welchem Tempo die Faserverbundtechnik vorankommt und sich mehr und mehr für Serienanwendungen empfiehlt. Den ersten Preis in der Kategorie Industrie gewann Saertex für Gelege, die in der Form selbst haften und damit dem Verarbeiter das Leben bei komplexen Bauformen erleichtern.

In der Kategorie Umwelt ging der erste Preis an das Faserinstitut Bremen für eine tiefziehfähige Organofolie, die aus Verschnitt-Abfällen produziert wird. Den zweiten Preis heimste das Institut für Kunststoffverarbeitung (IKV) in Aachen ein für einen Lkw-Sattelauflieger, der vollständig aus einem Glasfaser-verstärkten Thermoplasten besteht und in-situ auspolymerisiert. In der Kategorie Hochschule machte die FH Nordwestschweiz das Rennen mit Wasserturbinen-Blättern aus Kohlefaser-verstärkten Kunststoffen (CFK).
Nicht zuletzt gab es einen Sonderpreis für eine Entwicklung, die auch Privatleute interessieren dürfte: Die Kleinwind-Kraftanlage Leewise ist mit 6 kg sehr leicht und mobil. In 2 min lässt sie sich aufbauen und erzeugt Strom mit 350 W Leistung, wenn die Windverhältnisse stimmen.
Hier die Beschreibungen der preisgekrönten Entwicklungen im Detail nach Angaben von AVK und IKV (für den zweiten Umweltpreis, siehe unten):
Kategorie Industrie: Saertex
In der Kategorie Industrie gewinnt Saertex GmbH & Co. KG, Saerbeck, den Innovationspreis für die Entwicklung des Produktes SAERfix EP, das nach mehrjähriger Entwicklungsarbeit und Erprobung nun in Serie hergestellt wird. Dabei handelt es sich um Gelege, die selbst haften und somit ermöglichen, textile Flächengebilde in ihrer komplexen Bauteilform beim Ablegen zu fixieren. Der EP-harzkompatible Reaktivklebstoff wird unter Vernetzung fest in das Matrixnetzwerk eingebunden und beeinflusst weder die Härtungsreaktion noch die mechanischen Kennwerte.
Die Ablage von textilen Flächengebilden an stark gewölbten oder senkrechten Flächen ist problematisch, weil Bahnen und Zuschnitte verrutschen, sich verziehen oder bei Überkopfarbeiten aus der Form fallen. Mit SAERfix EP hingegen lassen sich textile Flächengebilde genau positionieren. Das Material kann gestreckt und fixiert werden, es ist für automatisierte Prozesse geeignet, ersetzt bisherige Hilfsmittel und steigert damit die Produktivität durch verkürzte Belegungszeiten der Form.
Der Einsatz von SAERfix EP reduziert die Belegzeiten von Formen jeder Größe um bis zu 50 %. Das spart Geld und steigert die Qualität der Ablage, weil sich Radien besser ausbilden lassen, das Material weniger verzieht und künftig trockene textile Halbzeuge automatisiert abgelegt werden können. Zudem gibt es weniger Materialverlust. Der Kleberauftrag ist reproduzierbar, ermöglicht den Aufbau von geklebten Hybridstrukturen und wird auch zum Selbstapplizieren auf dem Trägermedium bereitgestellt. SAERfix EP kann bei allen üblichen Harzinfusions- und Injektionsverfahren mit offenen oder geschlossenen Toolingsystemen eingesetzt werden.
Mit der Erfindung von SAERfix EP will das westfälische Unternehmen die Produktion von Faserverbundkunstoff-Bauteilen revolutionieren. Es kann unter anderem in der Produktion großer Bauteile wie Rotorblätter von Windkraftanlagen oder Flugzeugkomponenten eingesetzt werden.
Kategorie Umwelt: Faserinstitut Bremen
In der Kategorie Umwelt gewinnt in diesem Jahr das Faserinstitut Bremen mit der Organofolie den Innovationspreis. Die Organofolie ist ein hochwertiges Composite-Halbzeug aus aufbereiteten Verschnitt-Abfällen trockener Kohlenstofffasergewebe und pyrolysierten Altbauteilen mit Thermoplastmatrix.
Das Kernstück des Herstellungsverfahrens ist die Vibrationstechnik. Sie gewährleistet ein schonendes Auftrennen identischer Gewebeverschnitte zu einzelnen „Stapelrovings“, also Stapeln von Faserbündeln. Mit der Vibrationstechnik werden diese ausgerichtet und homogen gefördert. Zugleich wird eine Kunststofffolie extrudiert, auf der die gerichteten Fasern abgelegt werden. Die Bündel haften auf dieser Folie, weil sie sich noch im Schmelzzustand befindet. Um sie vollständig zu imprägnieren, durchlaufen die Organofolien dann eine Doppelbandpresse. Als nächstes werden die Folien übereinander gelegt und anschließend zusammengefügt. Danach wird ein Laminat mit einem definierten Lagenaufbau auf die gewünschte Dicke gebracht und zu neuen, hochwertigen Bauteilen umgeformt.
Die Vorteile der Organofolie sind die hochwertige Aufbereitung der Faserabfälle, die homogene Faserorientierung in der Einzellage und die schnelle Verarbeitung des Halbzeugs im Tiefziehverfahren mit Mehrfachwerkzeugen. Somit lassen sich mit dieser Leichtbaulösung erstmals Massenbauteile aus kohlenstofffaserverstärkten Kunststoffen (CFK) herstellen, die eine erhebliche CO2-Emissionsreduzierung bewirken. Dieses innovative Recyclingverfahren wurde zum EU-Patent angemeldet und hat neben dem hohen CO2-Einsparpotential den Vorteil, dass es geringe Bauteilkosten verursacht und hohe Produktivität ermöglicht.
IKV (Zweiter Platz Kategorie Umwelt)
Thermoplastische, faserverstärkte Kunststoffe lassen sich bisher nur mit hohem Aufwand zu großflächigen Bauteilen verarbeiten, ohne Einbußen bei den mechanischen Eigenschafen hinnehmen zu müssen. Zusammen mit einem europäischen Konsortium aus Unternehmen hat das Institut für Kunststoffverarbeitung (IKV) die Entwicklung eines leichten, recyclefähigen Lkw-Sattelaufliegers vorangetrieben. Erstmals konnte nun ein LKW-Sattelauflieger vollständig aus thermoplastischen FVK hergestellt werden, und zwar durch den Einsatz des in-situ polymerisierenden Thermoplasten CBT von Cyclics.
CBT zeichnet sich durch eine äußerst niedrige Schmelzeviskosität aus und ermöglicht daher das Flüssigimprägnieren. So lassen sich hohe Faservolumengehalte von 60 % und die Herstellung großflächiger Bauteile realisieren. Nach der Imprägnierung der Verstärkungsfasern reagiert das Material zu einem thermoplastischen PBT.
Der 13,6 m lange Lkw-Sattelauflieger wurde in Monocoque-Bauweise hergestellt. Der Rumpf des Trailers besteht aus etwa 600 kg Glasfaser-verstärktem CBT und ist somit eines der weltweit größten in einem Schuss hergestellten Bauteile aus thermoplastischen FVK.
Neben einem sauberen und emissionsfreien Arbeitsplatz – CBT liegt als Matrixsystem bei Raumtemperatur als Feststoff vor – bietet dieser nachhaltige Prozess Gewichtseinsparungen von über 15 %, ein aerodynamisch optimiertes Design, eine Reduktion der benötigten Kräfte der Zugmaschine um über 20 % und Kraftstoffeinsparungen von etwa 10 %. Damit wird eine höhere Zuladung und eine deutliche Reduktion des CO2-Ausstoßes erzielt. Der gesamte Trailer lässt sich zudem werkstofflich recyceln.
Kategorie Hochschule: FH Nordwestschweiz
Im Bereich der Hochschule geht der erste Preis an die FH Nordwestschweiz für ein System für Wasserturbinenblätter aus Kohlefaser-verstärkten Kunststoffen (CFK).
Der Energiemarkt in der Schweiz ist geprägt durch eine große Anzahl an Wasserkraftwerken. Wegen der Liberalisierung dieses wichtigen Marktes sind die Betreiber gezwungen, sehr flexibel auf den Stromverbrauch zu reagieren. So müssen Turbinen häufig ein- und ausgeschaltet werden, um die höhere Abdeckung von Energiespitzen bewältigen zu können. Dies führt zu einem höheren Verschleiß der Turbinen und letztlich zu deren Versagen, weil sie nicht mehr im optimalen Betriebspunkt arbeiten.
Mit Hilfe von CFK in Wasserturbinen können jedoch angemessen robuste Turbinenblätter gestaltet werden. Vibrationen im Turbinenblatt, die durch Wirbelschleppen entstehen, werden durch die hohe inhärente Dämpfung von CFK reduziert. Mit einem richtungsabhängigen Aufbau der CFK-Turbinenblätter können diese an die unterschiedlichen Lastbereiche angepasst werden. Dank des modularen Aufbaus der innovativen Turbinen können zudem die Wartungszeiten verkürzt werden. Versuche im Wasserkanal bestätigten die viel versprechenden Resultate der Simulationen an der FH Nordwestschweiz. Die Studien zeigen das große Effizinezpotential von CFK-Turbinenblättern in der Wasserkraftindustrie – nicht nur in der Schweiz.
Sonderpreis: Windependence
Die Windependence UG & Co. KG, Leipzig, hat mit der Leewise 1000 eine leise und sehr effektive Kleinwindkraftanlage für Unternehmen entwickelt, die der AVK in diesem Jahr den einzigen Sonderpreis wert ist. Die Leewise 1000 ist mit 6 kg sehr leicht und damit mobil. Sie lässt sich problemlos in 2 min aufbauen und einsatzfähig machen.
Der Durchmesser beträgt 1 m, die Leistung 350 W (bei 13 m/s). Die Leewise verursacht erstaunlich wenig Lärm: In einem Meter Abstand wurden bei 8 m/s nur 50 Dezibel gemessen. Möglich werden diese erstaunlichen Werte durch die neuartige und voluminöse Geometrie der Rotorblätter sowie den Einsatz von nur fünf möglichen Verschleißteilen. Wegen der sehr stabil gebauten Rotorblätter in CFK-Laminat gilt die Leewise 1000 als wartungsfrei und Service-freundlich.
Die Leewise lässt sich bei Herstellern von Telemetrie-Systemen, Kommunikationslösungen, Versorgungsanlagen einsetzen oder privat vom Endverbraucher nutzen. So kann sie zum Beispiel auf Expeditionen, auf Booten, in Caravans, im Garten, auf der Hütte oder bei sonstigen Gelegenheiten eingesetzt werden, wenn die übliche Stromversorgung nicht gewährleistet ist. Die Leewise 1000 kann auch in eigenen Farben und mit eigenem Logo versehen werden und wird somit zu einem Werbeträger mit ökologischer Aussage. os
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