Das Wachstum der vergangenen Monate dürfte sich national und international trotz vieler Unsicherheiten fortsetzen, sagte VDMA-Präsident Carl Martin Welcker auf der Wirtschaftspressekonferenz des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) zum Auftakt der Hannover Messe 2018. Angesichts dynamischer Auftragseingänge, die nach und nach zu Umsatz werden, sowie guter Perspektiven für die Nachfrage erhöht der VDMA seine Produktionsprognose von bisher real +3 auf +5 %.
Für den deutschen Maschinenbau ist der Export besonders wichtig. Mehr als drei Viertel aller produzierten Güter werden ausgeführt. Der Branchenverband rechnet damit, dass sich die USA als größter Einzelmarkt weiterhin expansiv entwickeln werden. Die amerikanische Unternehmenssteuerreform mit ihren verbesserten Abschreibungsbedingungen könnte neue Investitionen ankurbeln, zumal Amerika viele Maschinen importieren muss. Ein nicht zu unterschätzendes Risiko für die Produktionsprognose sieht Welcker allerdings im aktuellen Handelskonflikt, dessen Auswirkungen auf den Maschinenbau noch nicht abschätzbar seien.
Für China rechnet der VDMA mit einem Tempoverlust der Exporte, auch weil 2017 ein besonders hohes Ausfuhrwachstum gebracht hatte. Die Lieferungen in die EU-Partnerländer werden nach Ansicht der VDMA-Volkswirte dagegen weiter zulegen. Einzig für das Geschäft mit Großbritannien rechnen sie mit einem stärkeren Rückgang als 2017, als die Exporte um 3 % sanken.
Handelskonflikte sind Gefahr für den Erfolg aller
Welcker betonte, für eine exportstarke Industrie wie den Maschinenbau seien offene Grenzen unverzichtbar, um weiterhin Arbeitsplätze und Wohlstand zu sichern. „Eine weltweite Welle des Protektionismus würde uns unmittelbar treffen“, warnte er und forderte von Politik in Brüssel und Deutschland: „Verteidigt den regelbasierten freien Handel! Niemand kann ein Interesse an einer Eskalation von Handelskonflikten haben, bei der am Ende alle Seiten verlieren – die USA, China und Europa.“ Zudem benötige der industrielle Mittelstand in Deutschland konkrete Hilfe in der Exportförderung.
Maschinen und Anlagen sind der Motor von Industrie 4.0, die Software ist das Gehirn und die Intralogistik ist der Blutkreislauf im Produktionssystem. In einer digitalen Produktionswelt kommen alle drei zusammen und müssen gleichermaßen beherrscht werden. Die Hannover Messe sei hierfür das ideale Schaufenster, weshalb der VDMA sowohl die Zusammenführung der weltgrößten Industrieschau mit der Intralogistikmesse CeMAT maßgeblich unterstützt habe, als auch die Einführung der künftig jährlich stattfindenden Leitmesse Integrated Automotion, Motion & Drives (IAMD).
KI – Chancen betonen
Künstliche Intelligenz und die Teildisziplin Machine Learning bahnen sich immer stärker ihren Weg auch in den Maschinen- und Anlagenbau. „Noch wissen wir alle nicht, wie genau sich diese Entwicklung vollziehen wird – aber sie hat begonnen. Künstliche Intelligenz kann aber nicht durch nationale Alleingänge geregelt werden. Sowohl die Größe der Herausforderung als auch der Ehrgeiz unserer globalen Wettbewerber erfordern eine mutige europäische Strategie“, unterstrich Welcker. Der VDMA unterstützt daher den Ansatz der EU-Kommission, die Chancen von Künstlicher Intelligenz für die Wettbewerbsfähig der Industrie zu betonen.
Neben datentechnischen Fragen rücke die Digitalisierung auch die Suche nach neuen Geschäftsmodellen immer mehr in den Fokus. Ergebnisse und Handlungsempfehlungen hierzu bietet der VDMA in seiner Studie „Plattformökonomie im Maschinenbau“, die der Verband zusammen mit der Deutschen Messe AG und Roland Berger erstellt hat. Die Studie wird auf der Hannover Messe vorgestellt, ebenso der neue VDMA-Leitfaden „Industrie 4.0 trifft Lean“, der sich als Hilfsmittel versteht, Abläufe in der Industrie 4.0-Welt in Kombination mit klassischen Managementmethoden wie „Lean“ effizient zu gestalten.
Unterstützung durch Politik nötig
Welcker warnte die Politik, den Erfolg der Digitalisierung in der Industrie als selbstverständlich vorauszusetzen. „Der Wandel durch Digitalisierung, der auch unsere Industrie prägt und verändert, geschieht mit enormen Tempo. Das ist insbesondere für unsere Mittelständler eine riesige Herausforderung – die sie aber meistern können, wenn wir von der Politik die nötige Unterstützung dafür bekommen.“ Dazu zähle ein Abbau der vielen bürokratischen Hürden. Nötig wären etwa praxistaugliche Visa-Regelungen zur Qualifikation ausländischer Fachkräfte oder eindeutige Verantwortlichkeiten in Zollverfahren. Auch Technologieoffenheit sei hier ein wichtiges Stichwort – der Markt und die Kunden müssten über den Erfolg neuer Technologien entscheiden, nicht Regierungsbeamte. (mw)