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Neue FIT-Fabrik: Zur „Weltherrschaft“ in der additiven Fertigung

Neue FIT-Fabrik
Zur „Weltherrschaft“ in der additiven Fertigung

Die FIT AG hat in der Oberpfalz eine für 20 Mio. Euro errichtete additive Fabrik eingeweiht – die bislang weltweit größte ihrer Art. Firmenchef Carl Fruth erklärte seine Strategie, wie er die Technologie in der Industrie etablieren will. ❧ Olaf Stauß

Vor 22 Jahren gegründet, verzeichnet die FIT AG, Lupburg, inwischen ein enormes Wachstum. 2016 erzielte sie einen Umsatz von 24 Mio. Euro, ein Plus von 40 % gegenüber dem Vorjahr. Innerhalb von drei Jahren ist die Mitarbeiterzahl von 109 auf 250 gestiegen. „Immer wenn wir eine neue Fabrikation in Betrieb nehmen, ist sie bereits wieder zu klein. Für 2018 planen wir schon die nächste“, sagte Finanz- und Vertriebsvorstand Albert Klein bei der Eröffnung der additiven „FIT Factory“, die allein im Metallbereich mit 14 neuen SLM-Anlagen ausgestattet ist. Sie gilt den Oberpfälzern als die größte ihrer Art weltweit.
Ein Grund für den rapiden Ausbau der Kapazitäten für den 3D-Druck ist, dass die Fertigung für ein schnelles Prototyping höchstens zu 50 % ausgelastet sein darf. Aber nicht der einzige: „Wir glauben, dass wir durch die beginnende Serienfertigung in den nächsten Jahren viel Kapazität brauchen“, sagte Klein. Rund 1200 Gäste, vorwiegend Kunden, sind der Einladung zum Technologietag im April gefolgt, bei dem auch das neue Verwaltungsgebäude vorgestellt wurde – ein 7-geschossiger „Turm“ mit kreativem Innenleben für 200 Mitarbeiter.
Das „digitale Fließband“ als Vision
Firmenchef Carl Fruth nutzte das Forum, um die Vision von der additiven Serienproduktion zu erklären und ihre greifbare Nähe plausibel zu machen. „Das Besondere an der additiven Fertigung ist das Digitale. Henry Ford setzte das Fließband ein und konnte damit schon sehr gut optimieren. Die digitale Fließbandproduktion bietet aber umvergleichlich mehr Möglichkeiten.“ Nicht die bloße Begeisterung für den 3D-Druck treibt ihn also, sondern die Vision von der digitalen Industrieproduktion, die sich flexibel modifizieren lässt bis hin zur Individualisierung der Produkte. Fruth vergleicht sie mit den Arbeitsabläufen in einem Ameisenstaat, die sehr viele Absprachen implizieren. „Wir wollen irgendwann so smart werden wie die Ameisen. Unsere heutige Produktion ist damit nicht kompatibel.“
Den Gästen des Technologietags sagt der Visionär: „Wir wollen die Weltherrschaft in der additiven Fertigung erlangen.“ Im Kontext der bayerischen Redekultur (Staatsminister Markus Söder war anwesend) mag das wohl mit einem Augenzwinkern geschehen sein. Was er weiter sagte, gleicht dann aber doch einer Regierungserklärung für die additive Fertigung der Zukunft. Fruth will vorangehen – den Trend machen, nicht ihm folgen. Das hat Gründe: Allein schon das Entwerfen von additiven Komponenten erfordert eine ganz neue Herangehensweise. Die Grenze zwischen Konstruktion und Produktion verschwimmt. Auch die Wertschöpfungskette verändert sich. Große Firmen mit ihrer Arbeitsteilung und ihren Strukturen können das kaum meistern. Fruth sieht sich aber als Mittelständler dazu berufen, die technologische Infrastruktur zu schaffen.
Additive Fabriken – weltweit so gleich wie McDonald-Filialen
„Wir versuchen einen Weg zu finden, wie sich die individualisierten Produktanforderungen automatisiert realisieren lassen. Unser Ziel ist eine Fabrik, die wir weltweit skalieren können.“ Gegen Ende 2018 dürfte es so weit sein, denkt der Firmenchef. Dann soll die FIT AG über ein additives Fertigungssystem verfügen, dass sich weltweit nach Bedarf kopieren lässt. Als Vorbild nennt er die McDonalds-Filialen. Sie arbeiten auf dem ganzen Globus mit identischem Workflow, der von allen überall beherrscht und verstanden wird. Aber im 3D-Druck ist das ungleich anspruchsvoller. Allein der Druckprozess selbst ist sehr komplex. Er nutzt von Verfahren zu Verfahren eine andere Technologie und muss sehr intelligent gesteuert werden, wenn er effizient reproduzierbare Ergebnisse erzielen soll. Fruth mag den vereinfachenden Begriff „3D-Druck“ daher nicht. Weiter ist auch das Modifizieren des „digitalen Fließbands“ noch äußerst schwierig und umständlich. Es bedürfte eines offenen Software-System.
Dennoch packt die FIT es an. Die Mittel zum Ziel sind eine Vielzahl von Projekten und weitere Investitionen – beispielsweise in die Entwicklung von Produktionssoftware, die für möglichst effiziente Prozesse sorgt, oder in die Entwicklung von QM-Systemen, wofür die FIT AG rund 3 bis 4 Mio. Euro zusätzlich ausgibt.
Die für 20 Mio. Euro errichtete FIT Factory ist der erste Schritt. Die 14 neuen SLM-Anlagen der additiven Metallfertigung sind in drei Linien im Einsatz. Sieben Zuflussleitungen, zwischen denen schnell umgeschaltet werden kann, versorgen sie mit Rohpulver. Die Werkstoffe sind Aluminium, Titan, Stahl und Edelstahl. Die „Bauzylinder“ tauschen die Mitarbeiter im fliegenden Wechsel aus und entpacken sie außerhalb der Anlagen, so dass der Laserschmelz-Prozess nahtlos weiterlaufen kann. EBM- und ältere SLS-Anlagen ergänzen das Spektrum. Zahlenmäßig ähnlich bestückt ist die neue additive Kunststoffteile-Fertigung im zweiten Stock der FIT Factory.
Ein additives Teil für viele klassische – das Gewusst-wie machts
Es gibt noch eine Reihe weiterer Hindernisse auf dem Weg zu ADM (Additive Digital Manufacturing). Ein großes ist das noch fehlende Know-how bei potenziellen Anwendern von ADM. Additive Produkte rechnen sich nur, wenn sie einen Mehrwert haben – etwa eine Fülle zusätzlich integrierter Funktionen, die von einem einzigen Teil realisiert werden. Die optimale Formgebung weicht von der klassischen komplett ab. Dies umzusetzen erfordert sehr viel Wissen und Erfahrung. Die FIT AG bietet hierzu Workshops sowie Engineering für und mit Kunden an und geht Kooperationen mit Partnern ein. Das jüngste Beispiel ist eine mit Caterpillar vereinbarte Zusammenarbeit mit dem Ziel, additive Ansätze auch in die Baumaschinenindustrie einzubringen. Hinzu kommen Firmenakquisen. Das benötigte Kapital generiert der Firmengründer zu einem großen Teil aus dem Verkauf der Software-Tochter Netfabb an den Software-Riesen Autodesk, der sich seinerseits an der FIT AG beteiligt hat. Ziel ist es, der digitalen Produktion den Weg zu bahnen. Carl Fruth auf gut bayrisch: „Wir sind ganz vorne und das ist da, wo sich noch keiner auskennt.“
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