Die Produktion im digitalen Zeitalter misst sich in Byte und nicht in µ. Bald schon werden Maschinen weltweit untereinander kommunizieren. Von menschlicher Sprache agieren diese hocheffizienten Fertigungsnetzwerke weitgehend unabhängig. So mancher wird über dieses Szenario die Nase rümpfen. Letztendlich aber verkörpert die Machine-to-Machine-Kommunikation jenes Ziel, an dem in zahllosen Zukunftslaboren in Wissenschaft und Wirtschaft unter Schlagworten wie Industrie 4.0 oder Internet of Things gearbeitet wird. Fest steht jedenfalls: Der Erfolg bei der Digitalisierung der Fertigung entscheidet über die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit der gesamten Industrie.
Im Umfeld von Industrie 4.0 nimmt der deutsche Maschinenbau eine Schlüsselfunktion ein. Die Antriebstechnik und die Fluidtechnik bilden mit einem Umsatzvolumen von zusammen fast 23 Mrd. Euro nicht nur das größte Branchensegment. Beide steuern für die Transformation der Industrie auch smarte Produkte bei. „Antriebstechnik und Fluidtechnik stellen sich mit großem Engagement der Aufgabe, die Vision von der digitalisierten und vernetzten Industrie umzusetzen“, sagt Hartmut Rauen, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des VDMA und Geschäftsführer der Fachverbände Antriebstechnik und Fluidtechnik. Die Produkte beider Branchen müssen digitalisiert und vernetzt werden und miteinander sowie mit anderen Produkten kommunizieren. Anwender erwarteten ein Höchstmaß an Interoperabilität und möglichst einfaches Plug-and-play.
Mit offenen Standards zu smarten Produkten im Sinne von Plug-and-play
Damit smarte Produkte und ganze Systeme möglichst nahtlos zusammenarbeiten können, braucht es harmonisierter Schnittstellenstandards und Technologien, wie jener auf Basis der „Open Platform Communications Unified Architecture (OPC UA). Der offene Standard erfüllt alle Anforderungen an die Industrie-4.0-Kommunikation und etabliert sich zunehmend auch im Maschinen- und Anlagenbau.
Eine besondere Rolle kommt dabei der Standardisierung von Schnittstelleninhalten in der Informationsmodellierung zu. Diese definiert Produktmerkmale und Produktionsvariablen und bildet Produkte digital ab. Die Informationsmodellierung kann über OPC UA Companion Specifications oder auch über Merkmalslisten erfolgen. Der Frankfurter Branchenverband erarbeitet die Companion Specifications in vielen Teilbranchen des Maschinenbaus im engen Dialog mit der OPC-Foundation.
Der fluidtechnische digitale Zwilling wiederum wird über genormte Merkmale in der Verwaltungsschale erzeugt, weshalb Fluidtechnikexperten in teilweise bis zu sechs Arbeitsgruppen bei ISO, ECLASS und direkt im VDMA die Merkmalsstandardisierung vorantreiben. Und auch wenn zeitnah die Informationsmodellierung über digitale Zwillinge vollständig standardisiert vorliegen wird, ist zum Lockerlassen keine Zeit: Der VDMA hat, gemeinsam mit dem ZVEI, mit der Gründung der Industrial Digital Twin Association (IDTA e. V.) den nächsten Schritt getan, um die Implementierung des digitalen Zwillings und Interoperabilität über Geschäftsbereiche hinweg zu realisieren.
Die Tatsache, dass Antriebstechnik und Fluidtechnik im Umfeld von Industrie 4.0 eine Schlüsselfunktion und eine internationale Führungsrolle zukommt, werden den deutschen Herstellern neue Wachstumspotenziale eröffnen. Beide Zulieferbranchen bieten für die Herausforderungen der Zukunft – darunter Dekarbonisierung und Digitalisierung – zukunftsfähige Systemlösungen an. Die Spitzenposition beim Welthandelsanteil mit jeweils über 20 % ist ein Beleg dafür. Beide Branchen haben über die Jahre hinweg ihre führende Position am Weltmarkt verteidigen können – trotz eines zunehmenden Wettbewerbs aus dem Ausland und eines schwierigen Marktumfelds.
Vielversprechende Perspektiven
Aktuell bieten Antriebstechnik und Fluidtechnik ein inhomogenes Bild, da sie viele Bereiche des Maschinenbaus bedienen und auf globale Lieferketten zurückgreifen. Obwohl die Unternehmen Corona-bedingt Rückgänge hinnehmen mussten, ist das vergangene Jahr laut VDMA im Schnitt nicht ganz so katastrophal verlaufen wie zu Beginn der Krise befürchtet wurde (siehe Grafik). Die Umsätze in der Antriebstechnik liegen zwar um 13 % unter dem Niveau des Vorjahres, bei der Fluidtechnik sind es 12 % Rückgang, aber die Auftragseingänge tendieren nach oben.
„Die Perspektiven für die Zukunft können grundsätzlich als vielversprechend bewertet werden, auch wenn die Erholung nach der Corona-Krise für das ein oder andere Unternehmen etwas länger dauern kann“, meint Hartmut Rauen. Das vom VDMA prognostizierte Plus für 2021 von 4 % für den Maschinenbau, der wichtigsten Kundengruppe, ist ein positives Signal für die Antriebstechnik und die Fluidtechnik, die für 2021 ebenfalls von einem leichten Plus ausgehen: Antriebstechnik: 5 %, Fluidtechnik: 4 %, so zumindest die Prognose aus dem November. „Aus heutiger Sicht könnte es durchaus auch etwas mehr werden, vorausgesetzt natürlich, dass der Kunde Maschinenbau durch die weitere Entwicklung bei Corona nicht ausgebremst wird“, betont der Verbandsgeschäftsführer.
Kontakt:
VDMA e. V.
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Tel. +49 69 6603-0
Im Überblick
Anwender antriebs- und fluidtechnischer Produkte erwarteten ein Höchstmaß an Interoperabilität und einfaches Plug-and-play.