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Der eingesparte Strom bezahlt den Kompressor

Drucklufttechnik: Drehzahlregelung amortisiert sich innerhalb von vier Jahren
Der eingesparte Strom bezahlt den Kompressor

Ohne mindestens einen drehzahlgeregelten Kompressor je Station würde die Gießerei Gienanth nicht mehr arbeiten wollen. Bei schwankendem Bedarf sorgt die Drehzahlregelung für ausreichend Druckluft, ohne sicherheitshalber Überschüsse zu produzieren.

Komprimierte Luft ist neben dem elektrischen Strom, mit dem Schrott zu flüssigem Eisen geschmolzen wird, die wichtigste Energie für die Gebrüder Gienanth-Eisenberg GmbH im pfälzischen Eisenberg. Grund genug, immer wieder in den Ausbau des Druckluftnetzes zu investieren. Drei Kompressor-Stationen der Essener Atlas Copco Kompressoren und Drucklufttechnik GmbH stehen auf dem Gelände. Die Rohrinstallationen hat niemand nachgemessen, sind aber einige Kilometer lang. Mit über 600 Beschäftigten fertigt die 270 Jahre alte Gießerei heute Kupplungsdruckplatten, Masseschwungräder und Schwingungsdämpfer-Teile für die Autoindustrie sowie Großdieselmotoren für stationäre Notstromaggregate oder Schiffsdiesel – und beide Segmente boomen.

„Luft fördert Sande und Stäube durch die Hallen und über das langgestreckte Außengelände. Mit Druckluft wird Sand in die Formmaschinen eingeschossen, das Impfmittel in die Formen eingeblasen, werden Kerne gefertigt und Arbeitsplatz-Absaugungen betrieben“, berichtet Geschäftsführer Dr. Julius Veit. „Zudem putzen die Werker mit Druckluftwerkzeugen die gegossenen Teile.“ Mit Hämmern schlagen sie das Gröbste ab, mit Winkelschleifern entfernen sie Grate und mit Stabschleifern polieren sie die Innenräume der gegossenen Motorblöcke. Hinzu kommen pneumatische Komponenten in den automatisierten Anlagen des Werks. So werden Zylinder an den Formen pneumatisch geöffnet und geschlossen, und Robotergreifer langen mit Druckluft zu, um die Kerne aufzunehmen und abzulegen.
In jeder Druckluftstation arbeiten zwei ölgeschmierte Kompressoren. Eine davon ist mit einem Verdichter des Typs GA 250 und einem GA 315 VSD mit Drehzahlregelung ausgestattet (VSD steht für „Variable Speed Drive“). „Die Energieeinsparung war einer der wichtigsten Gründe für die Anschaffung des VSD-Kompressors vor rund 20 Monaten“, erklärt Gerhard Philippi, Leiter der Instandhaltung. Denn weil der einstufige Schraubenkompressor von einem Elektromotor mit variabler Drehzahl direkt angetrieben wird und sich damit die Motordrehzahl ständig an den Luftnetzdruck und somit an den Bedarf der Verbraucher anpasst, sinke der Energieverbrauch deutlich. „Nach unseren ersten Berechnungen amortisiert sich die Investition durch die niedrigeren Energiekosten innerhalb von vier Jahren“, sagt Philippi. Jetzt, nach nicht mal zwei Jahren Betrieb, glaubt er, dass diese Zeitspanne sogar unterschritten wird. Geschäftsführer Veit: „Heute würde ich allein schon deshalb keine Station mehr ohne mindestens einen drehzahlgeregelten Verdichter in Betrieb nehmen.“
Für ihn ist eine gut abgestufte Drucklufterzeugung aus zwei Verdichtern je Station, von denen mindestens einer bedarfsabhängig Druckluft produziert, die beste Lösung. Nach Erkenntnissen des Herstellers Atlas Copco können drehzahlgeregelte VSD-Kompressoren die Energiekosten im Vergleich zu konventionellen Anlagen um bis zu 35 % senken. Angesichts weltweit steigender Energiepreise rechnen sich die etwas höheren Investitionskosten für sparsame Geräte sehr bald. Denn die Energiekosten fallen bei der Betrachtung der Gesamtkosten über die Lebensdauer der Anlage viel stärker ins Gewicht als die Anschaffungskosten.
Vor allem, wenn die Druckluftstationen über den Tag hinweg einen stark schwankenden Bedarf decken müssen, sind drehzahlgeregelte Antriebe von Vorteil. Bei Gienanth sind die pneumatischen Fördersysteme die größten Druckluftverbraucher. Gefördert wird aber stoßweise, etwa Sand aus den Silos an die Arbeitsplätze oder zurück, ebenso Staub aus Absaugungen in eine zentrale Siloanlage zur Zwischenlagerung. Auch die Druckluft-Werkzeuge werden diskontinuierlich betrieben, immer dann, wenn ein gegossenes Teil geputzt werden muss.
Konventionelle Regelsysteme können derartige Schwankungen nicht in ausreichendem Maße bewältigen – oder stellen tendenziell zu viel Luft zur Verfügung, um auf der sicheren Seite zu sein. Das muss der Anwender bezahlen. Der VSD-Kompressor kennt dieses Problem nicht. „Seine Steuerung misst permanent den Systemdruck und vergleicht ihn mit dem Sollwert“, erklärt Philippi. Entsprechend dem Bedarf der angeschlossenen Maschinen, Systeme und Pufferspeicher werde die Drehzahl erhöht oder gesenkt. So vermeidet ein VSD-Kompressor einen zu hohen Energieverbrauch, weil er immer in dem Maß komprimiert, in dem die Verbraucher im Netz die Luft nachfragen.
Der Lüfter im Luftkühler des GA 315 VSD ist ebenfalls drehzahlgeregelt. Er ist an den Frequenzwandler des Hauptantriebs angeschlossen, was zusätzlich Energie einspart und für ein effizientes Kühlsystem sorgt. Die Standzeit von Öl, Ölfilter und Dichtungen wird so erhöht. Für leichteren Zugang bei Reinigungsarbeiten an den Kühlern ist der Kühllüfter mit Scharnieren versehen.
Die übrigen Atlas-Copco-Kompressoren bei Gienanth tun in rauer Umgebung schon seit Jahren ihren Dienst. „Die Wartungsintervalle sind zwar nicht zu groß bemessen, aber ausreichend“, erklärt Chef-Instandhalter Philippi. „Wenn wir die Filter rausnehmen, ist es meistens an der Zeit.“ Sein Team von 62 Instandhaltern sieht sieben Tage die Woche nach dem Rechten im Werk, auch wenn nur fünfeinhalb Tage produziert wird. Aber gerade an den Wochenenden hat die Mannschaft reichlich zu tun, um alle Maschinen „zustandsorientiert“, wie er sagt, zu warten oder instandzusetzen. Dazu gehören regelmäßige Ölwechsel an den Kompressoren, von denen wiederum die Lebensdauer der Druckstufen abhängt. „Die ist in der Regel deutlich länger, als wir es beim Kauf festschreiben“, stellt Philippi fest. Spricht sicher auch für die gute Arbeit des Teams.
Mit einem dreistufigen Luft-Öl-Abscheidesystem liefert der GA 315 VSD qualitativ hochwertige Druckluft. Er erreicht einen Ölgehalt von weniger als 3 mg/m³. Die an Scharnieren montierte Behälterabdeckung erlaubt es Gerhard Philippi und seinen Kollegen, das Abscheiderelement ohne viel Aufwand zu wechseln.
Thomas Preuß Freier Journalist in Königswinter
Auch der Lüfter im Kühler ist drehzahlgeregelt

Kosteneffizienz
Bei schwankendem Druckluftbedarf kann die Drehzahlregelung den Energieverbrauch auf ein Minimum reduzieren. Sie ermöglicht außerdem ein enges Druckband (Differenz zwischen Ist- und Solldruck), was die Kosten weiter senkt. Mit einem um 1 bar verringerten Betriebsdruck lassen sich rund 6 % Energie einsparen.
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