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Legacy Systems Management: Digitale Vernetzung auf dem Shopfloor

Legacy System Management
Digitale Vernetzung auf dem Shopfloor

Digitale Vernetzung auf dem Shopfloor
DFA Demonstrationsfabrik Aachen im Cluster Smart Logistik auf dem RWTH Aachen Campus: In einer realen Produktionsumgebung der Zukunft erproben Unternehmen neueste Technologien und Verfahren der Industrie 4.0. Bild: FIR
Sogenannte Alt- oder Legacy-Systeme auf dem Shopfloor mit modernen Anlagen digital zu vernetzen, ist nicht unmöglich. Der Sofort-Umstieg jedoch ist tückisch. Um diese komplexe Aufgabe systematisch anzugehen, hilft ein praxisnaher Ansatz des FIR an der RWTH Aachen.

» Lara Johanning, M. Sc., und Sebastian Kremer, M. Sc., FIR e. V. an der RWTH Aachen

Wer erbt, freut sich für gewöhnlich über ein zusätzliches finanzielles Polster oder den Zugewinn an materiellen Werten. Wenn es um die Unternehmens-IT geht, erweist sich das „Erbe“, also historisch gewachsene Maschinenparks mit sogenannten Alt- oder Legacy-Systemen –, für viele als Last, mindestens aber als eine große Herausforderung. Häufig sind sie der Grund dafür, dass das Potenzial digital vernetzter Produktionsumgebungen nicht optimal ausgenutzt werden kann. Einst Herzstück auf dem Shopfloor, können sie jetzt nicht mehr Schritt halten mit der rasanten Entwicklung technologischer Möglichkeiten und sind nach wenigen Jahren überholt. Sie nahtlos in den modernen Shopfloor zu integrieren, ist deshalb meist nicht möglich.

Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen haben häufig noch jahrzehntealte Maschinen im Einsatz. Auch wenn vieles für eine komplette Modernisierung der Anlagen spricht, um die Vorzüge einer Smart Factory vollumfänglich zu nutzen, gibt es oft gute Gründe, seine Legacy-Systeme nicht mit einem Rundumschlag abzulösen. So hemmen besonders die zu erwartenden hohen Investitionskosten den Sofort-Umstieg. Aber auch Anwender, die es gewohnt sind, mit dem alten System zu arbeiten, müssen mitgenommen werden. Um systematisch und effizient mit solchen Altsystemen auf dem Shopfloor umzugehen, bedarf es eines praxisnahen Ansatzes.

Die Qual der Wahl: Lösungen für den Umgang mit Legacy-Systemen

Die Behandlung von Legacy-Systemen auf dem Shopfloor ist eine komplexe Aufgabe. Es gibt eine ganze Reihe von Lösungen, unter denen in Abhängigkeit von Strategie und individuellen Zielstellungen für die Digitalisierung des Shopfloors ausgewählt werden muss. Mögliche Handlungsoptionen sind, das Altsystem weiterzuführen, es mittels Retrofitting nachzurüsten oder durch ein Neusystem zu ersetzen. Ein eventueller Ersatz führt nicht zwingend zur Abschreibung des Altsystems; anderweitig eingesetzt, kann es weiterhin nützlich sein, durch eine Veräußerung als weitere Option ließe sich der Wertverlust kompensieren.

Welcher Weg der richtige ist, hängt ab von dem individuellen, strategisch umzusetzenden Nutzen, namentlich Kosten, Zeit, Qualität und Flexibilität in der Produktion. Die vorliegende Systemlandschaft bietet zum Erreichen des definierten Nutzens vielzählige Handlungsfelder, die ein umfassendes, komplexes Werk an Stellschrauben darstellen. Anhand konkreter Anwendungsfälle kann der betrachtete Lösungsraum drastisch eingegrenzt werden. Um jedoch dezidiert zu entscheiden, bedarf es immer noch einer Bewertung aus wirtschaftlicher, strategischer und technischer Sicht. Insbesondere für die technische Sicht mangelt es etwa an Wissen über die potenziellen Fähigkeiten der Altsysteme, wie bereits verbaute, aber noch ungenutzte Kommunikationsschnittstellen, und verfügbaren Lösungen am Markt, etwa nachrüstbare, vernetzte Sensorik zur Integration der Maschine.

Der komplexe Evaluationsbedarf verleitet zu unsystematischen Herangehensweisen und vereinfachten Abkürzungen. Unternehmen entschließen sich häufig zu einer Neuinvestition oder schieben Digitalisierungsprojekte auf, ohne ihren Handlungsspielraum abzuwägen, da dieser entweder nicht bekannt ist oder die fachliche Expertise und das Wissen zur systematischen Herangehensweise fehlen. Sie vergeben damit die Chance, ihren Shopfloor klar an ihrem realisierbaren Nutzen auszurichten.

Mit Methodik und Struktur schneller zum Ziel

Die Komplexität ist also groß und ebenso der Bedarf an methodischer Unterstützung. Das FIR an der RWTH Aachen hat deshalb ein Framework entwickelt, das Unternehmen bei der Strukturierung ihrer individuellen Digitalisierungsvorhaben unterstützt. ADAM, das Aachener Digital-Architecture-Management, verdeutlicht Unternehmen die notwendige Verzahnung zwischen digitaler Infrastruktur und der Entwicklung ihrer Digitalisierungsprozesse.

Das Modell (siehe Chart) integriert die verschiedenen Gestaltungsebenen der digitalen Infrastruktur mit den Aspekten der Geschäftsentwicklung und berücksichtigt damit alle von der Transformation betroffenen Tätigkeitsfelder eines Unternehmens: von den IT-Systemen über Produkte, Services und Geschäftsmodell bis hin zu den strategischen Zielen.

Im Legacy-System-Management fokussiert ADAM stetig den zu erzielenden Kundennutzen. Über das Feld der Unternehmensstrategie wird zunächst die langfristige Ausrichtung im Kontext der Digitalisierung definiert, um weitere Maßnahmen an der Erfüllung dieser Strategie auszurichten. Neben der Ansiedelung des klassischen Legacy-System-Managements als Teil des Lifecycle-Managements auf der Systemebene betrachtet ADAM auf der Seite der digitalen Infrastruktur insbesondere Handlungsfelder in der Ressourcen- und Vernetzungsebene. Dies ermöglicht es, potenziell verfügbare Funktionalitäten zu evaluieren und mit modernen Konnektivitätslösungen von Maschinen zu bewerten.

Diese geleitete fachliche Strukturierung in Verbindung mit der Ausrichtung am Kundennutzen vermindert die Komplexität des Legacy-System-Managements. Auch ohne Wissen und Erfahrung in den spezifischen Teildisziplinen können Anwender alle relevanten Themenfelder übersichtlich und strukturiert einordnen sowie den Handlungsbedarf identifizieren.

Kontakt:

FIR e.V. an der RWTH Aachen
Institut für Industrial Management
Campus-Boulevard 55
52074 Aachen
Tel. +49 241 47705–515

www.fir.rwth-aachen.de

Das vom FIR entwickelte Framework ADAM (Aachener Digital-Architecture-Management) stellt einen Wegweiser zum digital vernetzten Unternehmen dar.
Bild: FIR

Weg zum Praxiswissen

Ein Anwendungsbeispiel zur systematischen, nutzenorientierten Vorgehensweise von ADAM bietet das FIR-Forschungsprojekt MarryIT. Gemeinsam mit Industrieunternehmen evaluierte das FIR deren jeweils individuelle System-Capabilities, um ihr IT-OT-Integrationspotenzial zu bestimmen. Aus der Bewertung konnten Handlungsmaßnahmen abgeleitet werden, etwa das Retrofitting von Legacy-Systemen oder die Nachrüstung spezifischer IT-Funktionalitäten, um individuelle Nutzenpotenziale zu realisieren. Interessierten Unternehmen bietet das FIR umfassende Informationsmaterialien für die praktische Anwendung der systematischen Entscheidungsfindung mithilfe von ADAM.

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