Alle möglichen Klima-, Wind- und Wetterbedingungen, mehr als 45.000 Kilometer Atlantik und Südpolarmeer vor sich – all das nonstop und ganz allein in einer Hochsee-Segeljacht: Das waren Ende 2020 die Startbedingungen der weltweit härtesten Regatta Vendée Globe. Ein fesselndes Ereignis auch wegen des Deutschen Boris Herrmann, der den Start- und Zielhafen im französischen Les Sables-d‘Olonne im Januar nach exakt 80 Tagen, 14 Stunden, 59 Minuten und 45 Sekunden erreichte.
Damit lag er fast gleichauf mit dem Helden in Jules Vernes Roman. Während diesen beinahe die Zeitzonen vom Erfolg abhielten, verhinderte bei Herrmann nur die Kollision mit einem Fischtrawler eine Podestplatzierung. Dennoch sind neben Segelfans auch Forscher begeistert: Der Fünftplatzierte übermittelte wertvolle CO2-Daten – aufgezeichnet vom System OceanPack Race des Kieler Meerestechnikunternehmens SubCtech, in dem Komponenten des Automatisierungs- und Pneumatikspezialisten SMC Deutschland integriert sind.
CO2-Datenschatz aus den Weltmeeren
Das automatisierte Labor misst permanent Temperatur, Leitfähigkeit, Salzgehalt und CO2-Konzentration des Wassers und sendet diese per Satellit an eine Datenbank, die unter anderem vom Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg und dem Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel ausgewertet wird.
Gerade CO2-Messdaten sind schwierig zu bekommen: Auch wenn diesbezüglich die Datendichte von nahen Meeresgebieten heutzutage bereits erstaunlich hoch ist, sind vor allem die weniger befahrenen südlichen Weltmeere noch weitestgehend unerforscht. Das Messsystem sei laut Herrmann daher von „sehr großem Nutzen“ für die Wissenschaft. Es habe ihn auf der Fahrt aufgrund der automatisierten Funktionsweise zudem in keiner Weise beeinträchtigt. Damit er CO2-neutral segeln kann, wird die Energieversorgung seiner Jacht übrigens mit Photovoltaik und Hydrogeneratoren für Schlechtwetterphasen sichergestellt.
Meeresspezialisten treffen Pneumatikprofis
Erstmals sei es gelungen, „die Daten permanent über die gesamte Fahrt zu sammeln – und das einmal um die Welt“, bestätigt SubCtech-Produktmanagerin Jana Fahning. Das Unternehmen, gegründet vom Geschäftsführer Stefan Marx, liefert das Messlabor namens OceanPack Race. Was es so einzigartig macht: Im Gegensatz zu großen und schweren Systemen für Forschungsschiffe sind die Instrumente in diesem Gerät von SubCtech für Rennjachten optimiert. So konnte dank Kohlefaser das Gewicht des Systems fast halbiert sowie kompakter und robuster gemacht werden. Darüber hinaus führte die optimierte Technik zu einer deutlichen Reduzierung des Stromverbrauchs. Kurzum: Mit dem OceanPack Race-System wurden alle wesentlichen Komponenten für Qualitätsmessungen realisiert.
Vor allem aber behielt SubCtech die wissenschaftlichen Anforderungen im Blick. Alle Sensoren erfüllen die hohen Ansprüche der Forschung – und alle Komponenten darüber hinaus den Einsatz unter widrigen Umgebungen. Denn auf hoher See sind große Maschinen und kleinste Bauteile enormen Erschütterungen ausgesetzt und müssen extremen Temperaturschwankungen standhalten. So herrschten im Außenbereich Temperaturen zwischen -5 bis 35 °C. Auch kleine, elementare Komponenten – wie etwa die von SMC für den CO2-Analysator zur Kalibrierung von Analysewegen – genügen den hohen Ansprüchen an Flexibilität, Energieeffizienz und Langlebigkeit. Das Unternehmen weiß es zu schätzen, für ein so wichtiges Forschungsprojekt zuverlässige Komponenten zu liefern, die den extrem widrigen Bedingungen auf hoher See standgehalten haben.
Der Erfolg steckt (auch) im kleinsten Bauteil
Demnach sind Hightech-Lösungen nicht nur an der unmittelbar sichtbaren Oberfläche der Hochleistungs-Segeljacht zu finden, sondern auch in den kleinsten Bauteilen der Analysetechnik beim OceanPack Race – den Komponenten von SMC für die CO2-Messung (siehe Kasten).
Das Grundprinzip im Falle des CO2-Analysators im OceanPack Race auf der „Seaexplorer – Yacht Club de Monaco“: Eine semipermeable Membran bildet eine Barriere zwischen Wasser und gasförmigem Analysekreislauf. CO2 und andere Gase können diese Membran passieren, das Wasser jedoch nicht. Hinter der Membran findet die Messung des CO2-Gehalts statt, da dieses nicht direkt in Wasser messbar ist. Um besonders genaue Daten zu erhalten, wird der Sensor täglich kalibriert. Dabei steuert die Drossel von SMC den Gasfluss (circa 0,5-1,0 l/min), der Filter wiederum dient dem Schutz der Messzelle vor Verunreinigungen aus dem Gas. Während andere Modelle für einen Filterwechsel aufgeschraubt werden müssen, kann der Filtereinsatz bei diesem SMC-Modell einfach per Bajonettverschluss getauscht werden. Druckregler reduzieren zudem den hohen Gasflaschendruck von hierbei circa 200/250 bar auf einen Arbeitsdruck von 0,5 bar.
Ökologische Messung mit
ökonomischen Lösungen
Alle Komponenten müssen zudem hocheffizient in Sachen Funktionalität, Gehäusedesign und Energieverbrauch sein. So etwa die Ventile (6er-Baugruppe mit selbst gefertigter Mehrfachanschlussplatte oder Grundplatte) zur Schaltung von Umgebungsluft und Gas. Während ein Standardventil etwa 2,5 W verbraucht, benötigt dieses Ventil in Energiesparausführung im Haltemodus nur 0,6 W. Ein winziges Detail, aber in Summe vorteilhaft bei einer möglichst energieeffizienten Segeljacht. Wie sich gezeigt hat, erfüllt es auch unter schwierigen Bedingungen wie wechselnden Temperaturen und hohen Stoßbelastungen seine Funktion.
Die Lösungen des seit 1978 auf dem deutschen Markt tätigen Anbieters für pneumatische und elektrische Automatisierung SMC zeigen zum einen, dass sich die Forschungs- und Entwicklungsarbeit auch in den kleinsten Bauteilen erfolgreich widerspiegelt. Zum anderen stehen sie für das breite Einsatzspektrum von überaus zuverlässigen Komponenten für viele Pneumatik- und Automatisierungsanwendungen.
Salzgehalt in den Weltmeeren schwankt
Schon vor der Zieleinfahrt bestätigte Herrmann, dass Datengüte und Genauigkeit von internationalen Datenbanken mit höchsten Quality Flags akzeptiert wurden. Erste Ergebnisse zeigen zusätzlich, dass der Salzgehalt in den Weltmeeren schwankt: So ist er am Äquator auch im Atlantik, der normalerweise den höchsten Salzgehalt aufweist, niedrig. Grund ist die dortige Konvergenzzone, in der viel Regen das Oberflächenwasser verdünnt. Mit dem Franzosen Fabrice Amedeo war übrigens eine weitere Jacht mit OceanPack Race – und einer zusätzlichen Mikroplastik-Probennahmeeinheit – ausgestattet, die jedoch das Ziel nicht erreichte. Nach dem Rennen sei vor dem Rennen, so der erfolgreiche Herrmann mit Blick auf die nächste Vendée Globe und das Ocean Race, das im September 2022 startet. Auch dann wieder mit Messtechnologie „Made in Germany“. Herrmann hofft jedenfalls, das Engagement für das Projekt stärke das Bemühen, die Erderwärmung zu begrenzen. „Das ist ein Rennen, das wir gewinnen können und müssen.“
Kontakt:
SMC Deutschland GmbH
Boschring 13 – 15
63329 Egelsbach
Tel.: +49 61 03 402–0
E-Mail: info@smc.de
Weiterführende Informationen
Video des NDR mit
Boris Herrmann auf der
Seaexplorer zur Erhebung
der Co2-Messdaten
Vendée Globe – Ein Rennen für die Wissenschaft: Zahlen, Daten, Fakten
Technologie aus Kiel. Reportage des Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlags
Klimaschutz mit an Bord: Reportage der Deutschen Welle
http://hier.pro/Z1OmC
SMC-Bauteile der Analysetechnik an Bord
Die im OceanPack Race verbauten Komponenten von SMC für die CO2-Messung reichen vom
- Magnetventil (LVM205RY-6A-6-Q) über
- Leitungsfilter für Druckluft-/Vakuumanwendungen (ZFC53-X15) und
- Drosselrückschlagventil (AS1211F-M5–04A) bis hin zu
- Verbindungslösungen (Schott-Steckverbindung KQ2D, S-Koppler KK2S/P-04L).
Dahinter verbergen sich Standardkomponenten, die jedoch generell in Hochleistungsbranchen wie zum Beispiel Automotive oder Medizintechnik erfolgreich eingesetzt werden.