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Ist Offenheit ein Vorteil für alle Marktteilnehmer?

Automatisierung: Open-Source-Software trifft die Industrie
Ist Offenheit ein Vorteil für alle Marktteilnehmer?

Ist Open-Source-Software die Zukunft der Automation, trifft Microsoft in der Industrie verstärkt auf Linux, wie schützt der Maschinenbauer am Besten sein Know-how? Auf der Hannover-Messe diskutierten Befürworter und Gegner den Open-Source-Ansatz. Interessant auch, das zeitgleich Ethernet-Powerlink geöffnet wurde.

Microsoft ist der Open Source Business Foundation e.V. (OSBF) beigetreten. Die Foundation hat ihre Zentrale in Nürnberg und zählt mehr als 120 Mitglieder. Damit verfolgt das Redmonder Softwareunternehmen seine Öffnungsstrategie weiter, nachdem man jahrelang genauso energisch wie erfolglos gegen Open Source gewettert hatte. Zudem zwingt die EU den Softwarekonzern, seine Schnittstellen offen zu legen und sich insgesamt nichtproprietären Strömungen zu öffnen.

Vor diesem Hintergrund passte der von der Schopflocher Genossenschaft Open Source Automation Development Lap (OSADL) organisierte Kongress Open Source meets Industry im Rahmen der Hannover Messe genau in die Zeit. „Kein anderes Land der Welt hat so eine breite Palette von Maschinen, Anlagen und Softwarelösungen anzubieten. Und gerade in diesen vernetzten Lösungen liegt unsere besondere Stärke“, betonte Dr. Hannes Hesse. Der VDMA-Hauptgeschäftsführer glaubt auch, „dass Open Source eine Chance bietet, das Wachstum zu verbessern.“
Ein Beispiel: Per Knopfdruck konnten die Messebesucher ein Holz gravieren. „Die Fertigung erfolgt mit einer Homag-Holzbearbeitungsmaschine und eines Lasers der Trumpf Werkzeugmaschinen GmbH in Verbindung mit dem echtzeitfähigen Mehrbenutzer-Betriebssystem Linux, also der Open-Source-Technik“, sagte Hesse.
Einen konträren Ansatz vertrat Hans Beckhoff. Der Geschäftsführer der Verler Beckhoff Automation GmbH ist Vorreiter der PC-basierten Steuerungstechnik auf Basis von Microsoft-Betriebssystemen. Mit PC-Control und XFC (eXtreme Fast Control) aus seinem Haus sieht er ein neues Zeitalter kommen, in dem die Automatisierungswelt Schaltzyklen im µs-Bereich erreichen wird. „Es ist entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie, dass dabei Standardkomponenten wie unser Industrie-PC mit Intel-Prozessoren sowie unsere Automatisierungssoftware TwinCAT, die auf verschiedenen Windows-Betriebssystemen basiert, zum Einsatz kommen“, so Beckhoff. Damit kann der Maschinenbauer optimal automatisieren und verhindere so auch einen Prozess-Knowhow-Transfer.
Für die OSADL entwarf Dr. Carsten Emde einen gegenteiligen Ansatz. Er betonte in Hannover, dass ein offener Source Code für viele Maschinenbaufirmen gar nicht relevant sei. Vielmehr hätte es Vorteile, wenn Mitbewerber bis zu einem gewissen Grad gemeinsam Treiber und Schnittstellen für bestimmte Maschinen entwickelte. „Wir agieren wie eine Einkaufsgenossenschaft rund um das Betriebssystem Linux, wo alle notwendigen Komponenten von den Genossenschaftlern gemeinsam besorgt oder entwickelt werden“, betonte Emde. Auf viele namhafte Mitglieder von ABB bis Wago verweisend durchlaufen alle Entwicklungen einen gemeinsamen Zertifizierungsprozess. Eine heftige Diskussion entstand, als Hans Beckhoff das Genossenschafts- und Open-Source-Modell als nicht haltbar bezeichnete. „Mit OSADL geht bei Betriebssystemen das Wissen nach China, was dem deutsche Maschinenbau schade“, argumentierte Beckhoff. Emde erwiderte, dass kein OSADL-Mitglied sich vor der Offenlegung von Basistechnologien wie z.B. dem Betriebssystem fürchte – trotz Mitarbeit der chinesischen Universität im OSADL. Außerdem gebe es hohe Anforderungen an die Zuverlässigkeit von Maschinensteuerungen, in denen mehr als nur das Know-how des deutschen Maschinenbaus stecke. „Open Source ist eine Dienstleistung für alle Mitglieder der OSADL“, sagt dagegen Carsten Emde, „weil die aufwendige Parallelentwicklung von Treibern für eigene Entwicklungen unnütz Geld und Ressourcen verbraucht.“
„Machen Sie damit, was Sie wollen“, so verkündigte fast zeitgleich Siegmar Schmidt das Offenlegen des Ethernet-Powerlink. „Durch die Freigabe unserer Lösung schaffen wir auf dem Markt der ethernetbasierten Echtzeitsysteme eine absolute Neuheit. Powerlink arbeitet mit Standard-OnBoard-Ethernet-Controllern und verzichtet vollkommen auf proprietäre Hardware“, beschreibt der Sys-Tec-Geschäftsführer. Das Softwarepaket enthält die Stacks für den Master und die Clients. „Deswegen stellt unsere Open-Source-Lösung das erste vollkommen freie Gesamtsystem dar“, erklärt der Experte weiter. Die downloadbare Implementierung erreicht Zykluszeiten bis zu 500 ms mit einer Synchronizität von wenigen ms, was die Regelung auch technisch sehr anspruchsvoller Anwendungen erlaubt. . Dahinter steht die Überzeugung der Nutzervereinigung EPSG, dass nichtproprietäre Basistechnologien für alle Marktteilnehmer Vorteile bringen und den Markt beleben: Während sie Nutzern weit reichende Unabhängigkeit garantiert, profitieren Dienstleister und Komponentenhersteller von der steigenden Marktdurchdringung und Vergrößerung der Anwendungsgebiete. Die Qualität und Sicherheit einer Technik wird gesteigert, je mehr Menschen ihre Ideen zur Entwicklung beisteuern“, kommentiert der neue Vorstand der EPSG Anton Meindl.
Schlüssig sind dennoch beide Ansätze. Auch wenn sich viele Unternehmen nach außen hin sehr stark an der Seite von Microsoft platzieren, wird intern auch an Linux-Lösungen experimentiert. Dabei geht es eigentlich nicht um Windows oder Linux, sondern umClosed-Source- und Open-Source-Software. Für die OSADL erklärte Carsten Emde den Industriekongress zu einem Erfolg: „Hier ist eine Bewegung im Gange, von der wir sagen können, wie sind dabei gewesen.“
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