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Sicher muss nicht gleich teuer sein

Sicherheitssteuerungen: Systeme wachsen zusammen
Sicher muss nicht gleich teuer sein

Die Trennung von funktionaler und sicherheitsgerichteter Steuerung könnte aufgehoben werden, sind sich die Sicherheitsexperten von Bachmann und Siemens einig.

Die neue Maschinenrichtlinie, die Ende nächsten Jahres in Kraft tritt, sieht eine Ablösung der altbekannten EN 954-1 durch die ISO EN 13849 vor. Eine wichtige Rolle spielt in diesem Zusammenhang der so genannte „Stand der Technik“. Gerade in der Sicherheitstechnik muss es Ziel sein, immer besser zu werden, weil hinter jedem Unfall Schicksale von Menschen stecken, so Frank Spelter von Bachmann electronic. Ein technisch relativ kleiner Schritt in die sichere Zukunft würde etwa bedeuten, dass in absehbarer Zeit die Trennung von funktionaler und sicherheitsgerichteter Steuerung gänzlich aufgehoben werden kann, sprich eine vollintegrierte Steuerung, glaubt man bei dem österreichischen Unternehmen. Technologisch wäre dies keine große Herausforderung mehr.

Voraussetzung für den flächendeckenden Einsatz wäre allerdings eine grundsolide Ausbildung der Fachkräfte und ein neues Selbstverständnis für den Fachzweig „Safety“. Viele Technologien, die uns im Alltag teilweise schon länger begleiten, sind noch längst nicht in der Sicherheitstechnik angekommen. Dazu zählen etwa proprietäre Betriebssysteme, moderne HMI-Systeme oder handelsübliche PC. Will man die aufgeführten Beispiele sicher im Sinne der funktionalen Sicherheit machen, dann ist dies – sofern überhaupt möglich – mit immensen Anstrengungen verbunden, welche natürlich auch bezahlt werden müssen.
Sicherheitstechnik galt und gilt immer noch als komplex und auch wirtschaftlich riskant. Zum einen ist es kostenaufwändig sichere Geräte zu bauen und zertifizieren zu lassen und zum anderen bleibt immer noch das Risiko, durch einen trotz aller Vorsicht nicht entdeckten Fehler den eigenen Ruf nachhaltig zu schädigen oder im schlimmsten Fall sogar mit dem Richter konfrontiert zu werden. Derartige Schwierigkeiten führten zu der weit verbreiteten Formel: „Sicher = Teuer“, so Spelter. Wirtschaftlich hat die Sicherheitstechnik deswegen kein gutes Image. Die hohen Kosten von Soft- und Hardware sowie aufwändige und zeitraubende Prüfungen führen zu der Situation, dass oft gerade nur das Notwendigste, nicht aber das technisch Mögliche gemacht wird. Über eines muss man sich in diesem Zusammenhang auch im Klaren sein – der Kunde zahlt nicht mehr für eine kürzere Zykluszeit im Sicherheitskreis, wissen die Verkaufsleute von Bachmann electronic. Die Entwicklung und Zertifizierung von Sicherheitsausrüstung ist und bleibt auch in absehbarer Zeit teuer. Substantielle Einsparungsmöglichkeiten beim Einkauf sind deshalb auch bei erhöhtem Wettbewerb auf Dauer nicht zu erwarten. Der Ersatz von Verdrahtung durch Programmierung, wie von Bachmann electronic bereits eingeführt, kann aber direkt beim Material-, Platz- und Wartungsaufwand sparen helfen.
Eines ist unzweifelhaft: Maschinen müssen „sicher“ sein. Dies bedeutet unter anderem, dass der Bediener vor Gefährdungen durch Funktionsfehler geschützt werden muss. Ein Funktionsfehler liegt vor, wenn eine Sicherheitsfunktion nicht oder falsch ausgeführt wird, zum Beispiel beim Ausfall der Überwachung einer Schutztüre. „Es reicht aber nicht, nur jede einzelne Maschine für sich sicher zu machen. Durch das Zusammenwirken von Maschinen können andere Gefährdungen entstehen. Es muss vielmehr die gesamte Anlage betrachtet werden,“ so der Ingenieur Hartmut von Krosigk, der früher bei Siemens in Nürnberg tätig war und auf dem SPS-Kongress den Entwurf sicherheitsrelevanter Steuerungen für Produktionsanlagen erläutert: Auch bei einem Ausfall der Steuerung müssen Sicherheitsfunktionen noch stets zuverlässig arbeiten, so dass etwa der Zugang zu einer Bearbeitungszelle erst freigegeben wird, wenn die Maschine still steht und der Roboter die Zelle verlassen hat.
Steuerungstechnische Lösungen hierfür gebe es zwar seit einigen Jahren bei etlichen Herstellern, aber Sicherheitsfunktionen und Automatisierung befinden sich meist in getrennten Steuerungen. Wären die Automatisierungsfunktionen gemeinsam mit den Sicherheitsfunktionen in einer Steuerung, müssten die Anforderungen für funktionale Sicherheit (wie etwa die TÜV Zertifizierung) auch für die Automatisierungsfunktionen erfüllt werden. Ein teures Unterfangen, so von Krosigk. Es gibt aber bereits Lösungen wie die Simatic S7 mit der Programmierumgebung Distributed Safety, die die Koexistenz von sicherheitsrelevanter und nicht sicherheitsrelevanter Software in einer Steuerung erlauben ohne die oben genannten Einschränkungen für die Automatisierungssoftware. Solche Lösungen seien aber alles andere als trivial, so von Krosigk.
Edgar Lange Fachjournalist in Düsseldorf
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