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Die wichtigsten Trends in der Schweißtechnik

Trends zur Schweißtechnik
Die Digitalisierung hilft schweißen

Dieses Jahr wäre wieder die Weltleitmesse Schweissen & Schneiden gewesen – nach vier Jahren, die den Entwicklungszyklus der Branche vorgeben. Was sind die maßgebenden Trends, was tut sich beim Schweißen? Wir haben einige Hersteller gefragt, die trotz Sommerpause ein Ohr für unsere Neugier hatten.

» Olaf Stauß, Redakteur im Konradin-Verlag

Vielleicht war es nicht ganz fair, nach nur zwei wichtigsten Trends zu fragen. Jonas Kappel, Leiter Produktmanagement bei Lorch Schweißtechnik, bringt das auch gleich auf den Punkt: „Rohstoffe werden teurer, der Wettbewerbsdruck nimmt zu, die globalen Lieferketten stehen unter Druck. Gleichzeitig gibt es gerade in der Schweißtechnik ein nie zuvor dagewesenes Potenzial durch technologischen Fortschritt“, sagt er. „Daher ist es schwierig, sich hier auf einen einzigen Trend festzulegen.“

Stimmt. Er lässt sich dann doch darauf ein, dazu später mehr. Die Antworten der vier befragten Experten ergänzen sich am Ende und so liefern sie ein klares Bild der Trends, die zurzeit die Schweißtechnik verändern und teils revolutionieren. Einig sind sie sich, dass die Digitalisierung schon für sich allein ein essenzieller Trend ist – aber zugleich alle anderen Entwicklungen beeinflusst und voranbringt.

Am umfassendsten hat dies vielleicht Robert Stöckl in seinem Bonmot zum Ausdruck gebracht, Vorstand Vertrieb bei EWM: „In den letzten Jahren verschiebt sich das Image der Branche von ‚dirty and dangerous‘ zu ‚clean and clever‘.“

Das hat mehrere Aspekte. Clean: Das Schweißen wird nachhaltiger, energieeffizienter und setzt den Schweißer dank moderner Technik weniger gesundheitsgefährdenden Emissionen und anderen Risiken aus. Clever: Die Digitalisierung macht die Geräte einfacher bedienbar, teils auch für Nicht-Fachkräfte. Dazu tragen nicht nur intuitiv bedienbare Displays bei, sondern auch die Prozesse selbst. Und die Digitalisierung eröffnet die Option, selbst Serien-Schweißfertigungen intelligent werden zu lassen.

Digitalisierung als Über-Trend

Stöckl formuliert es so: „Die Digitalisierung bietet die Chance, die Arbeit von Schweißern effektiver, leichter und sprachneutraler zu machen. Mit smarten und prozesssicheren Stromquellen nehmen wir dem Schweißer schon heute viel Arbeit ab: Das Schweißgerät schlägt passende Schweißparameter und -prozesse vor. Gute Ergebnisse sind somit viel einfacher zu erzielen und zunehmend seltener an langjährige Erfahrung geknüpft“ – ein Vorteil auch angesichts des Fachkräftemangels in der Branche.

Am kürzesten hat Harald Langeder seine Antworten formuliert, CTO bei Fronius International und Member of the Management Board. Und zwar deswegen, weil der österreichische Hersteller die vorbereiteten Neuheiten nicht vor den Messen 2022 verraten will – dies nochmals ein Hinweis, wie tragisch die Pandemie-bedingte Verschiebung der vierjährigen Weltleitmesse auf 2023 für die Branche ist. „Für uns zeichnen sich zwei ganz wichtige Trends ab: Zum einen die Digitalisierung des Schweißwissens. Damit werden dem Anwender digitale Datensätze in Form von Parametern zur Verfügung stehen, die ihn bei seiner individuellen Schweißverbindung automatisiert unterstützen.“ Hierfür sei es unerlässlich, dass die Regelung über Sensorik „vielschichtige Einflussfaktoren erfassen“ könne.

Schweißer arbeiten gesünder

Zum anderen rückt Langeder die Gesundheit des Schweißers in den Fokus und verweist auf die immer höhere Bauteilkomplexität sowie weiterentwickelte Materialien. „Vor diesem Hintergrund versuchen wir, alle Sinne des Schweißers – die Augen, das Gehör, die Atmung sowie den Geruchs- und den Tastsinn – bestmöglich zu schützen.“

Auch Jonas Kappel von Lorch hebt die Bedeutung der Digitalisierung hervor. Sie schaffe es, die „Komplexität der Metallurgie und deren qualitative Relevanz im Lichtbogen transparenter und beherrschbarer“ zu machen. „Ich stehe im regen Austausch mit anderen Branchen zum Thema Industrie 4.0 und Digitalisierung. So klare und in Nutzen übersetzbare Lösungen wie in der Schweißtechnik kenne ich bisher nicht“, sagt der Leiter Produktmanagement.

Dennoch siedelt Kappel eine andere Entwicklung als aktuell noch wirkungsvoller an, weil sie kleinere und mittelständische Betriebe entlaste: „Für mich heißt der Trend Nummer eins: Die Automatisierung noch stärker zu vereinfachen.“ Neben den Angeboten aus der Robotik für das kollaborierende Schweißen hätte Lorch daher ergänzende Manipulatoren mit intuitiver Software-Oberfläche auf der Schweissen & Schneiden vorgestellt.

Schweißen wird in die automatisierte Produktion integriert

Einen traditionell starken Fokus zusätzlich auf der Schweißrobotik hat Carl Cloos Schweißtechnik. In den letzten vier Jahren sei das Roboterportfolio sogar verdoppelt worden, berichtet CTO Stephan Pittner. So verwundert nicht, dass der CTO bei den Trends zuerst auf die Automatisierung anhebt, jedoch mit neuem Aspekt: „Die Nachfrage nach hochkomplexen, verketteten Fertigungssystemen steigt kontinuierlich.“ Und zwar im Gegensatz zu linearen Fertigungslinien. „Diese Form der Automatisierung ist vor allem dann kritisch, wenn einzelne Zellen der Straße ausfallen. In diesem Fall steht die gesamte Linie.“ Cloos setze daher auf parallel vernetzte Fertigungskonzepte.

Die Zellen würden parallel oder sternförmig aufgestellt und bekämen Fertigungsaufträge „meist chaotisch“ zugeordnet – möglich doch wieder basierend auf Digitalisierung und Industrie 4.0: „Wenn eine Zelle frei ist, liefert das Zuführsystem das nächste zu schweißende Bauteil. Über intelligente Datenverknüpfungen erkennt die Zelle die Schweißaufgabe und lädt das entsprechende Schweißprogramm. Nach der Fertigstellung fordert die Zelle das Transportmittel an und lässt das Bauteil in die nächste Fertigungsstufe abtransportieren. Fällt eine Zelle aus, übernehmen die anderen Zellen automatisch die Aufgaben.“ Je mehr autarke Zellen, desto geringer die Ausfallwahrscheinlichkeit.

Schleifkopf reinigt Schweißnaht automatisch

Pittner ist überzeugt, dass immer mehr vor- und nachgelagerte Prozesse in die Fertigungsautomation integriert werden. Beispiel: „Ein sensorunterstützter Schleifkopf befreit die Naht nach dem Schweißen von Spritzern und gleicht bei Bedarf auch unzulässige Nahtüberhöhungen aus.“

Als weiteren Aspekt bringt er ins Spiel, dass die Digitalisierung das Erfassen sämtlicher Produktionsdaten ermöglicht. Zum Beispiel Schweißparameter, Lichtbogenzeiten, Programmlaufzeiten und verschiedene Effizienzkennzahlen. Hier setzen sich zunehmend plattformbasierte Online-Tools durch. Über Browsersysteme gewähren sie dem Produktionsverantwortlichen „nahezu unbegrenzten Zugriff auf alle verfügbaren Daten“, so Pittner – die gläserne Schweißfertigung ist keine Utopie mehr.

Digitalisierung, Automatisierung, mehr Nachhaltigkeit, Gesundheitsschutz, Transparenz und Industrie 4.0 – das sind die Trends in der Schweißtechnik. Die Verifizierung und Konkretisierung anhand von (neuen) Produkten wird erst recht wichtig – dieses Jahr leider nicht auf der Schweissen & Schneiden.

www.schweissen-schneiden.com


Auf dem „DVS Congress+Expo live“ kommen auch Praktiker auf ihre Kosten: mit Infos über Ausrüstungen, Produktneuheiten und Lösungen der Hersteller.
Bild: Rainer Schimm / Messe Essen

Die Präsenzveranstaltung: DVS Congress + Expo live

Live gibt es einen kleinen Ausgleich für die auf 2023 verschobene Schweissen & Schneiden: Vor Ort in Essen findet der DVS Congress vom 14. bis 17. September statt. Der Branchentreffpunkt des DVS – Deutscher Verband für Schweißen und verwandte Verfahren e. V. hat dieses Mal einen starken Begleiter: Die Messe Essen ergänzt eine Ausstellung. Der „DVS Congress 2021 + EXPO powered by Schweissen & Schneiden“ bietet also Infos in Theorie und Praxis.

Ursprünglich sollte der DVS Congress die Insider während der Messe informieren. Doch aufgrund der aktuellen Situation haben sich DVS und die Messe Essen auf ein anderes Format geeinigt: „Unser Vortragsprogramm bietet die neuesten Erkenntnisse rund um Anlagen, Ausrüstungen und Werkstoffen zum Fügen, Trennen und Beschichten“, sagt Dr. Roland Boecking, Hauptgeschäftsführer des DVS. „Auf der Expo können Sie sich auch über Produktneuheiten informieren und mehr über schweißtechnische Lösungen der Hersteller erfahren.“

Themenvielfalt sei garantiert: Arbeitsschutz, Stahlbau, Fahrzeugbau gehörten ebenso dazu wie Reparaturkonzepte aus der Fügetechnik. Weitere Trendthemen komplettieren das Programm wie etwa Additive Fertigungsverfahren, moderne Beschichtungen oder auch Fügetechnik für Wasserstofftechnologien. Anmeldungen sind bis 10. September möglich.

www.dvs-congress.de/2021

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