Startseite » Technik »

Kunststoffmesse befasst sich mit Kreislaufwirtschaft, Leichtbau und Digitalisierung

Kunststoffmesse K 2019 vom 16. bis 23. Oktober in Düsseldorf
Diskussion über Plastikmüll hat Auswirkungen auf die Messe

Kreislaufwirtschaft, Leichtbau und Digitalisierung gehören zu den Hot Topics der K 2019. Die Messe und ihre 3000 Aussteller suchen Antworten auf die Fragen um Klimawandel und Umweltschutz.

Kirsten Seegmüller
Freie Journalistin in Leinfelden

Plastik ist ein Schimpfwort. Es steht für Einwegtüten, die im Meer landen, für Verpackungen, die in den Gelben Sack wandern und in China wieder auftauchen, und für Mikroplastik, das erst im Fisch und jetzt auch in unseren Mägen nachgewiesen wurde. Mit diesem Image hat die Kunststoffbranche und damit auch die K 2019 zu kämpfen. Daher ist die Kreislaufwirtschaft eines der großen Themen auf der Veranstaltung. „Kunststoffe kommen meist nur dann ins öffentliche Bewusstsein, wenn sie Probleme verursachen, die Umwelt belasten oder die Gesundheit gefährden“, beschreibt Thorsten Kühmann, Geschäftsführer des VDMA-Fachverbands Kunststoff- und Gummimaschinen, die Situation sehr treffend. „Wir werden zeigen, dass geschlossene Kreisläufe eine Lösungsmöglichkeit sind.“ Das Problem: Rezyklate sind meist teurer als Neuprodukte und werden vom Verbraucher nicht angenommen. „Um deren Verwendung zu erhöhen, braucht man feste Quoten.“

Um mit Fachbesuchern die Möglichkeiten des Kunststoffrecyclings zu diskutieren, hat der VDMA im Freigelände vor der Halle 16 sein Circular Economy Forum eingerichtet. In dem Pavillon will der Verband mit den Gästen zum Beispiel über „Design for Recycling“ diskutieren – etwa darüber, was für das Modell „unverpackt“ spricht. Zu den Talks sind auch Schüler von „Fridays for Future“ eingeladen.

Getrieben von der Politik – etwa durch das Verbot von Einweggeschirr, Strohhalmen, Wattestäbchen und Einkaufstüten – zeigen nicht nur Aussteller ihre Lösungen zur Müllvermeidung wie Schredder oder Produkte aus PET-Flaschen, sondern die Messe selbst räumt der Kreislaufwirtschaft in ihrem Rahmenprogramm Platz ein. So werden auf der Sonderschau „Plastics Shape the Future“ Themen wie Marine Litter und Klimawandel sowie Ressourcenschonung und Energieeffizienz diskutiert. Dort können sich die Fachbesucher in Impulsreferaten und Speed Talks über neue Lösungsansätze informieren. Auch der Science Campus steht für den Dialog zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, bei dem Nachhaltigkeit beleuchtet wird.

Der Leichtbau – vor allem in der Luftfahrt und Automobilindustrie – ist ein Dauerthema in der Kunststoffbranche. „Das Paradebeispiel sind faserverstärkte Kunststoffe“, sagt Professor Alois K. Schlarb, Chair of Composite Engineering (CCe) an der Technischen Universität Kaiserslautern (TUK). CFK sind nicht nur leichter und reduzieren damit den Kraftstoffverbrauch und den CO2-Ausstoß, sondern auch stabiler. Und auch außerhalb der Verkehrstechnik kommen sie zum Einsatz. Verbundwerkstoffe werden für unterschiedlichste Industrien und Bedarfe entwickelt – von der Stromversorgung und Telekommunikation über den Maschinenbau bis hin zur Labor- und Medizintechnik.

Ein bunter Rohstoffmix für individuelle Bedarfe

„Bei den hybriden Werkstoffen lassen sich Bauteile mit filigraner Gestalt und lokal unterschiedlichem Füllgrad und unterschiedlicher Ausrichtung herstellen“, erklärt Schlarb. Als Ergebnis solcher intelligenter Verarbeitungsprozesse entstehen Bauteile mit „lokal gezielt generierten Eigenschaften“.

Auch Compounds auf Kunststoff- oder Kautschukbasis werden ständig weiterentwickelt und mit immer differenzierteren Eigenschaften ausgestattet – weit über die Klassiker „thermoplastisch“ und „elektrisch leitend“ hinaus. Wer auch hier auf umweltfreundliche Produkte setzen will, sucht sich Aussteller, die Polymere aus nachwachsenden Rohstoffen erzeugen.

Bei neuen Produktionsverfahren hat sich ebenfalls einiges getan: „Durch Fertigungsverfahren wie dem 3D-
Druck werden multifunktionale Materialsysteme mit komplexen Bauteilgeometrien in nur einem Druckschritt realisiert“, beschreibt Professor Rolf Mülhaupt vom Materialforschungszentrum und Leistungszentrum Nachhaltigkeit der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg die Entwicklung. „Sie weisen völlig neue Materialeigenschaften auf, sind interaktiv und können sich sogar an Veränderungen ihrer Umwelt anpassen.“

Ein Verfahren, dessen Leistungspotenzial längst noch nicht ausgeschöpft wurde, ist nach Mülhaupt – ausgerechnet – der weit verbreitete Spritzguss. „Durch gerichtete Kristallisation werden heute selbstverstärkende Kunststoffe als sortenreine Verbundwerkstoffe im Spritzguss zugänglich, die ohne Fremdstoffe auskommen und leicht recycelbar und für den nachhaltigen Leichtbau attraktiv sind“, zählt Mülhaupt die Vorteile des innovativen Ansatzes aus.

In eine ähnliche Richtung zielt das optimierte Spritzgusswerkzeug, welches das Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit (LBF) in Halle 7 präsentiert: Es ermöglicht die Herstellung von kurzglasfaserverstärkten unidirektionalen Platten, um daraus hochorientierte Probekörper für Zugversuche anzufertigen. So können Materialien optimal modelliert werden, was die Präzision erhöht.

Ein großes Thema – nicht nur für die Kunststoffbranche – ist die Digitalisierung. Auch sie kann ihren Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten. Wenn beispielsweise Prototypen nicht mehr real, sondern über intelligente Simulationssoftware nur noch am Bildschirm erstellt werden und die Mitarbeiter sie mit Virtual Reality (VR) bearbeiten können, lassen sich neben dem Material auch Energie und Emissionen einsparen.

„Die digitale Transformation ist die Kernaufgabe unserer Industrie in den nächsten zehn bis 15 Jahren“, prophezeit Professor Christian Hopmann, Institut für Kunststoffverarbeitung (IKV) in Industrie und Handwerk an der RTWH Aachen. „Geschäftsmodelle werden sich verändern, dadurch werden wir Flexibilität gewinnen, Kosten einsparen und neue Produkte schneller und effizienter auf den Markt bringen.“ Das betreffe die gesamte Wertschöpfungskette – vom Rohstoffhersteller über den Maschinenbauer und Ingenieurdienstleister bis hin zum Verarbeiter und Anbieter. „All diese Player werden noch enger miteinander verzahnt.“

Unsere Whitepaper-Empfehlung
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 5
Ausgabe
5.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de