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Erneuerbare Energien: Eigener Solarstrom spart Energiekosten

Erneuerbare Energien
Eigener Solarstrom vom Firmendach

Mit der Produktion von Solarstrom für den Eigenverbrauch können Unternehmen ihre nachhaltige Produktionsweise bekräftigen und wirtschaftliche Vorteile erschließen. Mit Windstrom sollte das auch möglich sein, die Hindernisse dafür sind aber deutlich größer.

Stefan Schroeter
freier Energiejournalist in Leipzig

Wer das Unternehmen Dr. Födisch Umweltmesstechnik in Markranstädt bei Leipzig besucht, reist ein Stück in die Zukunft der erneuerbaren Energieversorgung. Schon am Firmentor drehen sich zwei große aufrechte Solaranlagen allmählich mit dem Lauf der Sonne. Der Parkplatz vor dem Hauptgebäude ist mit Solarstrom-Modulen überdacht. Und auch fast alle anderen Dachflächen der Firmengebäude sind mit Solaranlagen bedeckt. „Die Fotovoltaik-Anlagen sind für uns ein wichtiges Merkmal“, sagt Gabriele Dietrich, Leiterin der Unternehmenskommunikation bei Födisch. „Unsere Kunden und Partner gewinnen so einen Eindruck davon, was für ein grünes Unternehmen wir sind.“

Die solare Stromversorgung rechnet sich auch wirtschaftlich, obwohl sich die Rahmenbedingungen in den vergangenen Jahren deutlich geändert haben. Die erste Dünnschicht-Solaranlage mit einer Spitzenleistung von 135 kW peak (kWp) ließ sich das 240-Mitarbeiter-starke Unternehmen im Jahr 2008 auf das Dach seiner Energiehalle bauen. Sie speist ihren Strom vollständig in das allgemeine Stromnetz ein, der nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 20 Jahre lang mit 48 Cent pro Kilowattstunde vergütet wird. „Diese Anlage hat sich schon mehr als amortisiert“, berichtet Dietrich.

Und auch die Aussichten auf die nächsten zehn Jahre sind gut: Die Leistung der Anlage habe bisher nicht nachgelassen, berichtet Doreen Gorkow. Sie ist Energietechnik-Expertin bei Efa Leipzig und betreut die Fotovoltaikanlagen bei Födisch. Die beiden Solartracker am Firmentor mit insgesamt 21 kWp kamen im Jahr 2010 hinzu, später folgte noch eine größere Dachanlage mit 62 kWp. Auch sie speisen ihren Strom vollständig gegen EEG-Vergütung ins allgemeine Netz ein.

Konsequente Eigenversorgung mit Solarstrom

Den Schritt, selbst erzeugten Solarstrom für die eigene Energieversorgung zu nutzen, ging das sächsische Unternehmen bereits ab 2011. Seitdem wurden die Dächer von bestehenden, aus- und neugebauten Gebäuden mit mehreren Solaranlagen ausgerüstet, die ihren Strom überwiegend in das eigene Niederspannungsnetz des Unternehmens einspeisen. Nur die Überschüsse fließen noch gegen EEG-Vergütung ins allgemeine Netz.

Die Eigenverbrauchs-Solaranlagen, die vor Januar 2012 gebaut wurden, haben dabei einen besonderen Vorteil. Für den Strom, der von ihnen erzeugt und im Unternehmen selbst verbraucht wird, gibt es eine kleine EEG-Vergütung von 8 bis 10 Cent/kWh. Bei den Anlagen, die bis zum 1. August 2014 in Betrieb gingen, wird der Strom immerhin noch nicht zusätzlich belastet.

Beides gilt nicht mehr für das Parkplatz-Solardach (Fachenglisch: Solar Carport), das im Oktober 2018 in Betrieb ging. Denn seit dem 1. August 2014 wird für selbst erzeugten und genutzten Solarstrom eine anteilige EEG-Umlage fällig. Im Jahr 2019 sind das 2,5 Cent/kWh. Energieexpertin Gorkow sieht dennoch weiterhin wirtschaftliche Vorteile für die Solarstrom-Eigenversorgung.

Der Umweltmesstechnikspezialist hat nun fünf Solarstrom-Anlagen mit insgesamt 149 kWp für die Eigenversorgung in Betrieb. Sie erzeugen jährlich etwa 125.000 kWh Strom, von denen ein großer Teil im Unternehmen selbst verbraucht wird. Die übrige Strommenge wird ins allgemeine Netz eingespeist und nach EEG vergütet.

Die Stromversorgung aus eigenen Anlagen hat bei Födisch schon eine längere Tradition: Seit 1998 erzeugt das Unternehmen selbst Strom und Wärme in zwei gasgefeuerten Block-Heizkraftwerken. Inzwischen sind ein Wärmespeicher und ein Holzhackschnitzel-Kessel hinzugekommen. Im Sommer wird die Wärme in einer Absorptions-Kältemaschine zur Klimatisierung genutzt.

Solarstrom aus eigenen Solarmodulen

Ebenfalls Solarstrom zur eigenen Stromversorgung nutzt der Chemnitzer Solarmodul-Hersteller Heckert-Solar – und das auch seit 2011. Damals nahm das Unternehmen eine Solarstrom-Dachanlage mit 96 kWp in Betrieb. Drei Jahre später kam noch eine deutlich größere Freiflächen-Anlage mit 1,14 MWp hinzu. Beide Anlagen liefern zusammen jährlich etwa 1,1 Mio. kWh Strom, berichtet Anwendungstechniker Carsten Funk.

Von dem selbst produzierten Solarstrom kann der Modulhersteller 900.000 kWh selbst verbrauchen und damit ein Drittel des eigenen Strombedarfs decken, der bei 2,7 bis 3 Mio. kWh liegt. Da beide Solaranlagen vor dem 1. August 2014 ans Netz gegangen waren, fallen für den selbst verbrauchten Solarstrom keine Umlagen und Abgaben an. Den verbleibenden Strombedarf deckt das Unternehmen aus dem Netz.

Wetterbedingt produzieren die Solaranlagen mitunter mehr Strom, als vor Ort verbraucht werden kann. Heckert-Solar betreibt keine Zwischenspeicher. Daher fallen jährlich 200.000 kWh Solarstrom-Überschuss an, der ins allgemeine Netz eingespeist und nach EEG vergütet wird. Für die Vergütung gelten je nach Anlage und Zeitpunkt der Inbetriebnahme sehr unterschiedliche Tarife zwischen 28,74 und 9,28 Cent/kWh.

Für den Modulhersteller ist die Eigenversorgung aus mehreren Gründen sinnvoll und vorteilhaft: „So zeigen wir unseren Kunden, dass sich Solarstrom lohnt und die Umwelt entlastet wird“, berichtet Funk. Das Unternehmen könne zudem seine Strombezugskosten senken. Nachhaltig und wirtschaftlich seien die Anlagen auch deshalb, weil hier viele eigene Module verbaut worden seien, die beispielsweise wegen optischer Mängel nicht mehr verkauft werden konnten. Sie hätten sonst entsorgt werden müssen.

Derzeit reicht der Chemnitzer Solarmodul-Hersteller seine Erfahrungen mit der Solarstrom-Eigenerzeugung an ein benachbartes Metallbearbeitungs-Unternehmen weiter. Bei diesem hat Heckert-Solar die Planung für eine Solarstrom-Dachanlage mit 286 kWp übernommen, liefert seine Solarmodule sowie das übrige Material.

„Solaranlage deckt an sonnigen Tagen den Strombedarf zwischen 9 und 17 Uhr komplett“

Auch der Solarmodul-Hersteller Hanwha Q-Cells (HQC) aus Bitterfeld-Wolfen in Sachsen-Anhalt versorgt sich teilweise mit selbst erzeugten Solarstrom. Im Jahr 2014 nahm er eine Fotovoltaik-Anlage mit 500 kWp auf dem Dach seines Parkhauses in Betrieb. Ein Jahr später folgte eine Freiflächen-Anlage mit 3,5 MWp. Beide Anlagen produzierten zuletzt zusammen 4,13 GWh Strom pro Jahr.

Von März bis September decke die Solaranlage stundenweise den kompletten Strombedarf von HQC, berichtet Pressesprecher Oliver Beckel. An sonnigen Tagen werde der Strombedarf zwischen 9 und 17 Uhr zu 100 Prozent durch selbsterzeugte Solarenergie gedeckt. Insgesamt decke HQC mit dem selbst erzeugten Solarstrom etwa ein Fünftel seines jährlichen Strombedarfs, so Beckel.

Der eigene Solarstrom sei für HQC ebenso wie für viele andere Unternehmen günstiger als Strom aus dem Netz, erzählt Beckel. Die Stromgestehungskosten auf geeigneten Dächern beziffert er mit unter 10 Cent/kWh. Das liege deutlich unter den Netzbezugskosten. Für Freiflächenanlagen nennt er sogar Stromgestehungskosten von unter 5 Cent/kWh.

Wenig Windkraft auf Betriebsgeländen

Nicht nur auf Solarstrom, sondern auf einen breiten Mix erneuerbarer Energien setzt das Metallbearbeitungs-Unternehmen Würz Fertigungstechnik im hessischen Driedorf-Mademühlen. Hier dreht sich eine Windkraft-Anlage mit 2,3 MW Spitzenleistung, die jährlich etwa 2,9 GWh Strom produziert. Hinzu kommt eine Solarstrom-Anlage mit 685 kWp. Wie von Key-Account-Manager Mark Steffen Henrich zu erfahren ist, dienen beide Anlagen vorrangig der Eigenversorgung. Hinzu kommen ein Pflanzenöl-Heizkraftwerk und eine Holzpellet-Heizanlage. Insgesamt erzeugt Würz nach eigenen Angaben mehr umweltfreundliche Energie, als im Unternehmen benötigt wird. Als Gründe dafür nennt Henrich einen aktiven Umweltschutz und wirtschaftliche Aspekte.

Mit seinem Windrad zur Eigenstrom-Versorgung ist der Metallbearbeiter eine Ausnahmeerscheinung unter den deutschen Unternehmen. Obwohl sich die Stromerzeugung aus Wind längst als eine Hauptstütze der deutschen Ökostrom-Erzeugung etabliert hat, ist sie auf den Betriebsgeländen bisher kaum zu finden. Dabei haben Windkraft-Anlagen ebenso wie Solarstrom-Anlagen klare wirtschaftliche, logistische und ökologische Vorteile: Sie benötigen für die Stromerzeugung keine Brennstoffe und stoßen keine Schadstoffe aus.

Der Bundesverband Windenergie (BWE) hat die Eigenversorgung mit Windkraft bereits vor einem Jahr in seinem Leitfaden ‚Erlösoptionen außerhalb des EEG‘ beschrieben. Zu den Vorteilen zählt er, dass dabei mehrere Entgelte, Abgaben und Umlagen auf den Strompreis teilweise oder ganz entfallen, die an die Nutzung des öffentlichen Stromnetzes gekoppelt sind. Andererseits listet er auch hohe regulatorische Hürden auf. Dazu gehört die sogenannte Personenidentität: Der Anlagenbetreiber muss den erzeugten Strom selbst verbrauchen. Außerdem sollen Stromerzeugung und Stromverbrauch in einem unmittelbaren räumlichen Zusammenhang zueinander liegen – also nicht weiter als fünf Kilometer voneinander entfernt. Und schließlich darf der Strom auch nicht durch das öffentliche Stromnetz geleitet werden.

Selbst erzeugter Windstrom muss von Anlagenbetreiber verbraucht werden

Diese und weitere Hürden machen die Eigenversorgung mit Windstrom bisher für viele Unternehmen wenig attraktiv. „Der BWE ist natürlich daran interessiert, diesen Zustand zu ändern“, betont Pressereferent Christoph Zipf. „Energieunabhängigkeit und eigene, nachhaltige Versorgung mit Strom sind gute Argumente – politisch wie ökologisch“, so Zipf. Dabei richtet der Verband seine Bemühungen darauf, die Bestimmungen zur Eigenversorgung so zu erweitern, dass regionale Vermarktungskonzepte im Umkreis von 15 km möglich werden.

Auf ein Beispiel für die industrielle Windstrom-Eigenversorgung kann der Windkraftanlagen-Hersteller Enercon verweisen, das er bei einem seiner Lieferanten aufgebaut hat. Das Gusszentrum Ostfriesland (GZO) in Georgsheil bezieht etwa 13 % seines jährlichen Strombedarfs von einem Windrad in der Nähe, das über eine Spitzenleistung von 3 MW verfügt und seinen Strom direkt ins Werksnetz einspeist. Je nachdem, wie viel Strom das Windrad produziert und wie viel die Gießerei braucht, wird zusätzlicher Strom aus dem öffentlichen Netz bezogen oder nicht benötigter Strom dorthin eingespeist. Enercon hat das Windrad geliefert und verwaltet mit seiner Tochtergesellschaft Quadra Energie auch die Stromflüsse für GZO.

Wie Enercons Pressesprecher Felix Rehwald erklärt, gibt es bisher keine weiteren vergleichbaren Projekte mit Industrieunternehmen. Allerdings fragen Kunden laut Rehwald immer häufiger nach solchen Lösungen.

Mehr zum Autor unter: www.stefanschroeter.com

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