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Arbeitsteilung erhöht Erfolgschancen

Werkzeug- und Formenbau: Traditionelle und neue märkte im vergleich
Arbeitsteilung erhöht Erfolgschancen

Arbeitsteilung erhöht Erfolgschancen
Qualität und technologischer Anspruch sind die wichtigsten Vorteile des deutschen Formenbaus – hier ein Zweifarben-Werkzeug für ein Lichtschaltergehäuse mit Indexplatte Bild: Hofmann Werkzeugbau
Kurze Fertigungszeiten, enge Toleranzen, hohe Oberflächenqualität, niedrige Kosten – diesen Forderungen sieht sich der Werkzeug- und Formenbau ausgesetzt. Traditionelle Standorte spüren dabei vor allem den Kostendruck durch Konkurrenz aus anderen Ecken der Erde.

Um auf dem globalisierten Werkzeug- und Formenmarkt bestehen zu können, positionieren sich klassische westeuropäische Anbieterländer und Newcomer-Länder unterschiedlich. Ein aktueller Vergleich:

Klassiker Deutschland: Qualität zählt
Der deutsche Werkzeug- und Formenbau setzt auf hohe Qualität, innovative Produkte sowie kompetente und verlässliche Dienstleistungen vor, während und nach dem Kauf. Hier sind hochqualifizierte Ingenieure, Techniker und Facharbeiter tätig.
Viele Unternehmen haben sich auf komplexe Produkte und Präzisionswerkzeuge spezialisiert und bearbeiten oft Einzelstücke oder Kleinserien. Zahlreiche Anbieter bringen sich bei ihren Abnehmern schon während der Entwicklung neuer Produkte ein und erreichen so eine produktionsgerechte Konstruktion und letztendlich Kostenersparnisse für ihre Kunden.
Der deutsche Werkzeug- und Formenbau ist mittelständisch geprägt. Um ihre Marktmacht auszubauen, schließen sich immer mehr Unternehmen in Clustern zusammen, vor allem im Umfeld der Automobilindustrie. Die Branche feierte 2007 ein erfolgreiches Jahr. Im zweiten Halbjahr 2008 ging die internationale Finanz- und Wirtschaftskrise nicht spurlos an den Unternehmen vorbei. Zu schaffen machen ihnen auch steigende Materialpreise, die sie nicht an ihre Kunden weiterreichen können.
Klassiker Portugal: Erfolg durch Kooperation
Portugal gilt international als „Mid-Cost-Land“. Die Lohnkosten genügen daher nicht als Wettbewerbsfaktor. Stattdessen setzt das Land ebenfalls auf spezialisierte, komplexe Produkte, die hohe Qualifikation erfordern. Auch der portugiesische Werkzeug- und Formenbau bietet Dienstleistungen und eine intensive Zusammenarbeit mit seinen Kunden bei der Produktoptimierung.
Sein größter Wettbewerbsvorteil ist seine netzartige Verflechtung: Portugiesische Werkzeug- und Formenbauer gehen regelmäßig Kooperationen ein oder reichen Aufträge weiter. Äußeres Zeichen dafür ist, dass sich fast alle landesweit an nur zwei Orten angesiedelt haben.
Für die portugiesische Branche kommt die Nachfrage vor allem aus der Kunststoffindustrie. Dabei fließen die Mittel eher in Erhaltung, Modernisierung und Steigerung der Produktivität als in Erweiterung. Absatzmöglichkeiten sind hier auch für deutsche Anbieter gut.
Klassiker Italien: Heimat bedeutender Fachmessen
Italien ist weltweit der viertgrößte Hersteller und der drittgrößte Exporteur von Werkzeugmaschinen. Über die Hälfte der Produktion geht in den Export. Deshalb betrifft die derzeitige Wirtschaftskrise die Branche wenig: Es sinkt nur die Inlands-, nicht aber die Auslandsnachfrage. Auch für 2009 sind die Aussichten gut.
Die meisten italienischen Werkzeug- und Formenbauer sind Mittelständler und investieren wenig in eigene Forschung und Entwicklung. Um die wachsende Nachfrage nach High-Tech-Anlagen zu erfüllen, sind die Unternehmen deshalb auf Importe angewiesen. Der wichtigste Lieferant dafür ist Deutschland.
Bekannt ist Italien für seine Fachmessen: in erster Linie die Werkzeugmaschinen-, Automatisierungs- und Roboter-Messe BI-MU, die alle zwei Jahre in Mailand stattfindet, und die EMO, Messe für Metallbearbeitung, die im Wechsel mit Hannover alle sechs Jahre in Mailand zu Gast ist.
Newcomer China: einfache Produkte für wenig Geld
China ist als Billiglohnland bekannt. Außerdem kann das Land dank Fertigung rund um die Uhr mit kurzen Lieferzeiten punkten. Zusätzlich bietet die chinesische Regierung Investoren attraktive Rahmenbedingungen. Diese Strategie zeigt Erfolg: Der chinesische Werkzeug- und Formenbau wächst jährlich um etwa 20 %, Deutschland ist drittgrößter Abnehmer.
Jedoch gibt es für wenig Geld häufig auch nur wenig Qualität, zum Beispiel im Hinblick auf Oberflächenverarbeitung und Standzeit. Auch bei komplexen Entwicklungen muss die chinesische Branche häufig passen, obwohl hier Änderung in Sicht ist. Hinzu kommt die ständige Gefahr von Patentverletzungen.
Wer in China verlässliche Lieferanten mit qualifizierten Mitarbeitern und freien Kapazitäten sucht, muss viel Zeit einplanen. Der Kostenvorsprung ist dann schnell dahin: Ausbildung und Betreuung vor Ort oder Nacharbeit zu Hause sind teuer.
Newcomer Tschechien: traditionsreicher Standort wiederbelebt
Tschechien ist der aufstrebende Standort in Mitteleuropa: Der Werkzeug- und Formenbau hat dort eine lange Tradition, lag aber bis nach der Wende brach. Heute ist die wirtschaftliche Situation gut, und das Land profitiert von seiner attraktiven geografischen Lage: Es ist nah an seinen Absatzmärkten und besitzt eine gute Infrastruktur.
Der tschechische Werkzeug- und Formenbau will bis 2012 fast westeuropäisches Niveau erreichen. Dafür setzt er auf moderne Produktionsstätten, technologische Weiterentwicklung, Ausdehnung seines Angebots auf angrenzende Bereiche sowie Aus- und Weiterbildung seiner Mitarbeiter. Gleichzeitig sind die Kosten im Vergleich zu Westeuropa niedrig, wenn auch längst nicht so niedrig wie in China. Der durchschnittliche Reallohn etwa steigt derzeit um 3 % jährlich. Dennoch hat zum Beispiel der koreanische Automobilproduzent Hyundai seine gesamte Europaproduktion in Tschechien angesiedelt.
Newcomer Bulgarien: qualifizierte Arbeitskräfte wandern ab
Auch Bulgarien ist auf Wachstums- und Modernisierungskurs, liegt allerdings hinter Tschechien zurück. Der EU-Beitritt 2007 erleichterte den Warenverkehr und motivierte zu Investitionen, um EU-Vorgaben zu erfüllen. Erhebliche Mittel aus EU-Strukturfonds, die im zweiten Halbjahr 2008 fließen, retten das Land vor den Auswirkungen der internationalen Finanzkrise.
Werkzeugmaschinen sind einer der wichtigsten Bereiche des bulgarischen Maschinenbaus. Sie erreichen eine solide Qualität, allerdings mit hohem Materialeinsatz und veralteten Anlagen. Abnehmer sind vor allem die inländische Bau-, Umwelt- und Transportindustrie. Gerade bei Spezialmaschinen und komplexen Bearbeitungszentren übersteigt die Nachfrage das Angebot und wird durch Importe gedeckt, die zu etwa einem Viertel aus Deutschland stammen.
Hauptproblem Bulgariens ist der Arbeitskräftemangel: Die Löhne sind niedrig und die Weiterbildungsmöglichkeiten gering. Gerade qualifizierte Arbeitskräfte suchen sich daher häufig Arbeit im Ausland.
Newcomer Indien: Forschung, Entwicklung und Design
Indien gehört inzwischen zu den zehn größten Märkten für Werkzeugmaschinen weltweit. Für 2008/09 erwartet der indische Branchenverband IMTMA ein Wachstum um weitere 25 %. Der Eigenbedarf des Landes wächst jährlich um 35 bis 40 %, besonders gefragt sind technisch hochwertige Anlagen. Deutsche Importe sind vor allem bei Automobilzulieferern, die mit hohen Qualitätsstandards für den internationalen Markt produzieren, sehr beliebt. Umgekehrt erlaubt der indische Markt ausländischen Unternehmen Einsparungen bei der Produktion einfacher Werkzeuge und bei Forschung, Entwicklung und Design. Indische Arbeitskräfte sind nicht nur günstig, sondern auch qualifiziert und sprechen gut Englisch.
Allerdings verdoppeln sich die Lohnkosten zurzeit alle sechs Jahre. Außerdem erschweren lange Transportwege, hohe Materialkosten, unsichere Lieferzeiten und überbordende Bürokratie das Indien-Geschäft.
Die Zukunft: Arbeitsteilung im Werkzeug- und Formenbau
Der Personalkosten-Anteil ist im Low-Tech-Bereich besonders hoch. Deshalb wird es dem Werkzeug- und Formenbau in Westeuropa und in einigen Jahren auch in Osteuropa kaum möglich sein, hier kostendeckend zu produzieren. Diesen Markt werden immer mehr asiatische Anbieter übernehmen.
Ein Ausweg für die klassischen Anbieterländer ist die Produktion anspruchsvoller Anlagen. Wenn die Niedriglohnländer auch diese herstellen können, bleiben die Dienstleistungen im Umfeld der Produkte, die sich nicht aus der Ferne erbringen lassen, sowie Gesamtpakete aus Produkt und Service: von der Entwicklung des Werkzeugs über seine Fertigung bis hin zur Instandhaltung.
Susanne Ackstaller Journalistin in Kirchdorf an der Amper Ute Harland Journalistin in Lichtenberg i. Od.
Italiens Formenbauer investieren wenig in F+E

Marktchancen
Die klassischen Anbieterländer des Werzeug- und Formenbaus können mit der Produktion anspruchsvoller Anlagen der Niedriglohnkonkurrenz Paroli bieten. Holen die Newcomer auch hier auf, bleiben die Dienstleistungen im Umfeld der Produkte, die sich nicht aus der Ferne erbringen lassen, sowie Gesamtpakete aus Produktion und Dienstleistung: von der Entwicklung des Werkzeugs über seine Fertigung bis hin zur Instandhaltung.
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