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Damit der Werker weiß, was Sache ist

Ein virtueller Assistent in der Produktion optimiert die Kommunikation
Damit der Werker weiß, was Sache ist

Die Kommunikation zwischen Steuerung, Maschine und Bediener ist eine der großen Herausforderungen einer vernetzten Produktion. Das Projekt Smarpro soll die Basis schaffen fürs standardisierte Erfassen und Aufarbeiten von Betriebsdaten.

Annedore Munde Freie Fachjournalistin in Erfurt

Im Forschungsprojekt Smarpro (Smart Assistance for Humans in Production Systems) sollen virtuelle Technologien entwickelt werden, mit deren Hilfe sich Betriebsdaten in Fabriken standardisiert erfassen und verarbeiten sowie die Information dem Menschen zielgerichtet zur Verfügung stellen lassen. Basierend auf einer stärkeren Kopplung von Produktionstechnik und IT stehen dabei vor allem die Bereiche Logistik, Produktion und Handling im Fokus. Fest steht: Fehlende Standards zur Kommunikation zwischen der Steuerungslogik, den Maschinen und den Bedienern von Produktionsanlagen sowie Logistiksystemen sind eine zentrale Herausforderung der vernetzten Produktion, die in diesem Projekt bewältigt werden soll.
Der Mensch als intelligenter Gestalter und Regulierer im Prozess
In erster Linie geht es bei Smarpro jedoch um das Einbinden des Menschen in die Produktion. „Die Ergebnisse des Forschungsprojektes sollen letztendlich dazu beitragen, Produktionsmitarbeitern den Umgang mit Informationen zu erleichtern und es ihnen zu ermöglichen, dieses Wissen punktgenau zu bewerten und zu steuern“, sagt Tino Langer. „Die Beteiligten können so schnelle und zielgerichtete Entscheidungen in immer komplexeren Szenarien treffen.“ Langer ist Gruppenleiter Informationsmanagement am Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU in Chemnitz. Das Institut, welches bereits im vergangenen Jahr das Konzept der E3-Forschungsfabrik auf der Hannover-Messe vorstellte, war auch Ideengeber für das Projekt Smarpro, bei dem der Kerngedanke ebenfalls auf der zukunftsorientierten Einbindung des Menschen in die Produktion liegt sowie auf der Führung und Förderung des Menschen als intelligentem Gestalter und Regulierer im Prozess. Derzeit beruhen die Entscheidungen, die Anlagenbediener in der Produktion zu treffen haben, vielfach auf der Erfahrung langjähriger Mitarbeiter. Mit Blick auf zunehmend komplexe Produktionsbedingungen sowie auf den demografischen Wandel und einen sich abzeichnenden Fachkräftemangel wird es jedoch immer wichtiger, dieses Erfahrungswissen durch Assistenzsysteme breiter zugänglich zu machen. Durch Maschinen, die standardisiert kommunizieren und relevante Informationen darstellen können, werden nicht nur wichtige Schritte hin zur Smart Factory gegangen, sondern auch demografische Entwicklungen berücksichtigt.
Umgesetzt werden soll dies letztendlich durch drei Hauptkomponenten die in entsprechenden Teilprojekten entwickelt werden. Im Teilprojekt ‚Smarpro Devices‘ werden zunächst die industrierelevanten Schnittstellen untersucht und geschaffen, die eine standardisierte Datengewinnung aus der Produktion ermöglichen. Derzeit erfolgt die Datenverarbeitung und -ausgabe bei Maschinen verschiedener Hersteller noch sehr unterschiedlich.
Die im Projekt entwickelte ‚Smarpro Plattform‘ wird dann als datentechnisches Bindeglied fungieren. Hier fließen die gesammelten Daten zusammen, werden miteinander verknüpft und für den Anwender zu nützlichen Informationen verdichtet.
Ein dritter Entwicklungsaspekt ist die Art der Informationsbereitstellung. Mit Hilfe von mobilen Endgeräten wie Datenbrillen oder Tablet-PCs – den sogenannten ‚Smarpro Wearables‘ – soll der Mitarbeiter kontextbasiert genau die Informationen angezeigt bekommen, die für ihn gerade relevant sind. Also abhängig von verschiedenen personenbezogenen Variablen, wie der Rolle im Produktionsprozess, dem Zeitpunkt oder auch dem Ort der Anfrage. In Form von Augmented Reality-Darstellungen könnten dann mittels Datenbrillen konkrete Bedienungsanweisungen direkt in der Produktion dargestellt werden, ohne den laufenden Arbeitsprozess unterbrechen zu müssen.
Optimieren von Prozessen durch kommunizierende Komponenten
Dass dieses Projekt für Industrieunternehmen interessant ist, liegt auf der Hand. Dies bestätigt auch Dr.-Ing. Thies Uwe Trapp, Referent für Industrie 4.0 bei der Robert Bosch GmbH am Standort Homburg. Er vertritt das Unternehmen, das als Konsortialführer für die Projektkoordination verantwortlich ist. „Wir stehen seit jeher für Innovationen und für ‚Technik fürs Leben‘. Die Chancen, die sich mit dem Internet der Dinge und Dienste im industriellen Umfeld bieten, wollen wir aktiv entwickeln und nutzen. Smarpro ermöglicht uns, bei der Entwicklung entscheidender Bausteine dabei zu sein, sie frühzeitig zu erproben und damit die Informationsgewinnung und -bereitstellung völlig neu zu gestalten“, erklärt Trapp. Am Beispiel des Werkzeugmanagements für die Fertigung von Einspritzdüsen am Standort Homburg können die Forschungsansätze des Projektes auch ganz konkret beleuchtet werden. Hier soll nachgewiesen werden, dass mit neuen Technologien in einem komplexen Prozess eine erheblich verbesserte Datenerfassung, Informationsgewinnung und Informationsbereitstellung mit Hilfe neuer Medien erreicht werden kann.
Der Einsatz des Smarpro-Systems ist vielfältig, angefangen von reinen Kommissionier- und Fertigungsprozessen bis hin zur Qualitätssicherung und verschiedenen Aufgaben in der Produktionsplanung. In der Qualitätssicherung können die ‚Smarpro-Lösungsbausteine‘ etwa dafür eingesetzt werden, Hinweise zu fehlerhaften Chargen an Mitarbeiter weiterzuleiten. Im Bereich Logistik können Informationen über erschöpfte Bestände im Kanban-System generiert werden und ein Techniker bei der Montage kann Montagehinweise und Hilfestellungen zu seinem aktuellen Auftrag erhalten. Egal um welchen Schritt in der Produktionskette es sich handelt – im Vordergrund steht das Optimieren von Prozessen durch die Kommunikation einzelner Komponenten.
Passgenaue Informationen für Mitarbeiter in Produktion und Logistik
Tino Langer fasst die Einsatzgebiete der Smarpro-Plattform ganz global zusammen: „Smarte Fabriken, so wie wir sie zukünftig immer häufiger finden werden, sind wandlungsfähig und modular, und sie ermöglichen eine steigende Flexibilität innerhalb der Produktion. Daher ist es wichtig, dass die einzelnen Komponenten diese Fähigkeiten ebenfalls aufweisen.“ In der Praxis bedeutet das, dass Komponenten miteinander agieren können, ohne dass Herstellerabhängigkeiten und unterschiedliche Schnittstellen berücksichtigt werden müssen. Neue Geräte können hinzugefügt, alte oder defekte entfernt und genutzte angepasst werden. Auf eine Anpassung der Produktionsprozesse hingegen kann dabei verzichtet werden. Langer unterstreicht die Bedeutung dieser Herangehensweise: „Die Prozesse können vollkommen flexibel gestaltet werden und geben den Produktionsplanern durch die Kommunikation der einzelnen Komponenten die Möglichkeit der optimalen Anpassung.“
Das Ziel, das mit dem Projekt definiert wurde, ist visionär und simpel gleichermaßen: Informationen sollen genau dort zur Verfügung gestellt werden, wo der Mensch sie zum jeweiligen Zeitpunkt für seine Tätigkeit benötigt und zwar ohne, dass er aktiv eingreifen muss.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert insgesamt fünf Projekte im Rahmen der Ausschreibung „Virtuelle Techniken für die Fabrik der Zukunft – Ein Beitrag zum Zukunftsprojekt Industrie 4.0“, eines davon ist Smarpro. Insgesamt sieben Partner aus Forschung und Industrie sind am Projekt beteiligt, das einen Umfang von 5,13 Mio. Euro hat und eine Laufzeit von September 2014 bis August 2017. •
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