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Das Antiserum für störende Magnetfelder

Entmagnetisierung: Selbst Schüttgüter lassen sich jetzt vom Magnetismus befreien
Das Antiserum für störende Magnetfelder

„Restmagnetismus geringer als Erdfeld“ ist das Ziel, das die Schweizer Maurer Magnetic AG mit ihrem modularen Geräteprogramm und Dienstleistungsangebot verfolgt. Die Methode basiert auf einer ausgeklügelten Regelungstechnik und macht sich moderne Leistungselektronik zunutze.

Was bis vor kurzem undenkbar war, lässt sich jetzt realisieren: Teile liegen als Schüttgut in Körben und werden mit einem Entmagnetisierpuls von störenden Magnetfeldern befreit. Sie müssen nicht mehr eins nach dem anderen im Wechselmagnetfeld positioniert, ausgerichtet und entmagnetisiert werden, was einen immensen Zeit- und damit Kostenaufwand bedeutete.

Die Möglichkeit, Stückgut zu entmagnetisieren, ist nur einer der Vorteile, die das patentierte Degaussing-Verfahren der Maurer Magnetic AG, Grüningen/Schweiz, bietet. Es läutet einen technologischen Quantensprung ein. Das jetzt umgesetzte Ziel „Restmagnetismus geringer als Erdfeld“ hebt die Wechselfeld-Entmagnetisierung auf eine neue Stufe. Das Geheimnis dieser Technik liegt – vereinfacht gesagt – darin, die entscheidenden Elemente im Verlauf der Wechselfeld-Entmagnetisierung optimal und mit hoher Präzision aufeinander abzustimmen, nämlich Verlauf, Intensität, Anzahl und Frequenz der abnehmenden Umpolungen. Mehrere neu angemeldete und bereits erteilte Patente stehen hinter der Entwicklung.
Ihren Einsatz findet die Degaussing-Technologie dort, wo klassische Geräte wie Tunnel- und Plattenentmagnetisierer an ihre Grenzen stoßen. Für Entmagnetisierungen an der Oberfläche oder von dünnwandigen Teilen bewähren sich diese Geräte nach wie vor. Doch aufgrund ihrer Bauweise und der begrenzten Leistung ist die Eindringtiefe des Magnetfeldes auf 20 mm begrenzt. Und auch bei höher legiertem Material kommen Tunnelentmagnetisierer schnell an das Ende ihrer Möglichkeiten, da die Magnetfeldstärke zu gering ist.
Das Einsatzspektrum der Degaussing-Technologie hingegen erstreckt sich auch auf
  • Teile, die als Setzgut, Schüttgut oder Schichtgut entmagnetisiert werden sollen,
  • Teile oder Einsätze aus hartmetallischen Werkstoffen,
  • anspruchsvolle Formen und Bauweisen der Werkstücke,
  • große, dickwandige und aus Vollmaterial bestehende Teile,
  • sehr große Anlagen wie Sinterpressen, Adapter und Walzen,
  • lange oder endlose Produktionsteile wie Stangen und Rohre.
Die Geräte gibt es in drei Leistungsklassen, die auch die klassischen Ausführungen einschließen (erste Leistungsklasse). Aus diesem modularen Programm lassen sich Standardspulen und Leistungsteile anwenderspezifisch zusammenstellen. In den Sonderfällen, in denen keine Standardspule passt, fertigt Maurer Magnetic eigens Spezialspulen an, die auf den jeweiligen Einsatzfall zugeschnitten sind (dritte Leistungsklasse). Solche gezielt ausgelegten Spezialspulen erbringen eine nochmals höhere Leistung im Vergleich zu Standardspulen.
Das Herz der Degaussing-Technologie steckt in den Leistungsteilen, die den verschiedenen Spulen vorgeschaltet werden. Dabei werden die zwei neuen Entmagnetisierarten „Constant Field Technology“ (CFT) und „Field Multiplicator Technology“ (FMT) eingesetzt. Ist der Füllgrad der Spule (mit einem zu entmagnetsierenden Teil) hoch, so verringert sich die Leistung eines klassischen Tunnelentmagnetisierers drastisch. CFT verhindert nun den Stromzusammenbruch, so dass die Magnetfeldstärke hoch gehalten wird: Im Pulsbetrieb wird kurzfristig die Leistung nochmals stark gesteigert. Somit lassen sich kleinere und damit leistungsfähigere Spulen einsetzen.
FMT wird dort eingesetzt, wo sehr hohe Entmagnetisierfelder benötigt werden wie zum Beispiel bei Setzgut, Schüttgut oder Schichtgut. Die Methode erreicht eine höhere Spitzenfeldstärke, indem sie die Spule kurzzeitig überlastet. Natürlich bedarf es dafür spezieller Spulen. Die sehr kurze Puls-Einschaltdauer verhindert die Überhitzung. Vorteile sind neben der hohen Leistungsdichte die Energieersparnis und die Prozesssicherheit der automatischen Entmagnetisierung.
Das modulare Programm deckt somit alle Entmagnetisier-Bedürfnisse von der klassischen Hand- und Plattenentmagnetisierung bis hin zur High-Tech-Lösung auf FMT- oder CFT-Basis ab, die sich vollständig in automatisierte Prozesse integrieren lässt. Leistungselemente von 10 bis 400 A Stromstärke werden individuell mit den notwendigen Spulenelementen kombiniert und erreichen Magnetfeldstärken bis zu 4000 A/cm. Ein Maßschneidern der Anlage für ein zu entmagnetisierendes Teil ist mit dieser Methode überflüssig.
Entmagnetisiert wird dort, wo ferromagnetisches Material eingesetzt, produziert oder verarbeitet wird. Dabei kann es darum gehen, Material von störenden Magnetfeldern zu befreien, die sie beim Verarbeiten mitbekommen haben, oder umgekehrt Maschinen- und Anlagenteile so zu entmagnetisieren, dass sie Mess- oder Produktionsprozesse nicht durch störende Magnetfelder beeinträchtigen oder unbrauchbar machen. Nötig werden kann das Entmagnetisieren beispielsweise in der Teilereinigung, nach Rissprüfungen, bei Oberflächenbehandlungen oder -veredelungen oder nach dem Einsatz von Lasthebemagneten. Ebenso beim Schweißen (Ablenkung des Elektronenstrahls), Pulverpressen, bei Biegetechniken, Umformungen, Stanzvorgängen, Materialvereinzelungen und vielem mehr. Sehr unangenehm sind zum Beispiel auch Verunreinigungen mit ferromagnetischem Schmutz bei empfindlichen Geräten.
Gegenüber den klassischen Verfahren erweitert das Maurer-Degaussing nicht nur die Entmagnetisier-Möglichkeiten, sondern bietet darüber hinaus eine weitere Reihe von Vorteilen. So lässt sich nun mit hoher Prozesssicherheit automatisiert entmagnetisieren. Magnetfeldzusammenbrüche bei hohem Füllgrad bleiben aus, das Ergebnis ist nicht mehr von Personen abhängig. Die Effizienz steigt, der Energieeinsatz verringert sich. Und schließlich arbeitet das Verfahren platzsparend, weil keine Auslaufzone für das Bauteil mehr nötig ist.
Maurer Magnetic bietet die Degaussing-Technologie auch als Dienstleistung an, wenn dies gewünscht wird, und zwar zum Entmagnetisieren einzelner Prototypen wie auch von Großserien. Der Prozess wird dabei minutiös protokolliert und zertifiziert.
Bei einer Anfrage wird zunächst eine Situationsanalyse mit gezielten Fragen an den Kunden gemacht. Zuerst bedarf es einiger Informationen über das zu entmagnetisierende Werkstück. Bei bekannten Produkten wie etwa einem Schraubenzieher sind die Angaben schnell gemacht, in anderen Fällen sind umfangreichere Angaben zu Dimension, Geometrie, Gewicht und Material angezeigt.
Als nächstes folgen Fragen zu den magnetischen Eigenschaften. Mit welchem Magnetismus sind die Werkstücke behaftet und in welchem Zustand sollen sie nach der Entmagnetisierung sein? Warum soll entmagnetisiert werden? Der Grund dafür sagt sehr viel darüber aus, wie vorgegangen werden muss. Beim Schraubenzieher des Fabrikarbeiters geht es zum Beispiel schlichtweg darum, dass Schrauben nicht mehr anhaften. Ein Automobilzulieferer hingegen muss sehr detaillierte und komplexe Anforderungen an sein Produkt erfüllen.
Als drittes wird die Produktionsumgebung analysiert. Angaben zu Stückzahlen, Verpackung, Schichtdauer und zum Handling komplettieren die Informationen: Liegen die Produkte einzeln, als Setzgut, Schüttgut oder als Schichtgut vor? Gibt es eine Fördervorrichtung? Und in welcher Umgebung (Feuchtigkeit, Chemikalien, Öle…) soll oder könnte sich die Entmagnetisieranlage später befinden? Ein Foto vom Werkstück und der Produktionsumgebung ist immer hilfreich. Häufig sind Musterteile und – soweit vorhanden – deren Teileträger für Vorversuche nötig, um die spätere Entmagnetisieranlage richtig dimensionieren und auslegen zu können. Das Resultat ergibt sich dann aus einer einfachen Formel: Die Anlagengröße wird bestimmt durch die benötigte Feldstärke, wie in Vorversuchen ermittelt, und durch die gewünschte Wirköffnung der Spule.
Anhand dieser Angaben und eventuellen Vorversuchen macht Maurer Magnetic eine Offerte – nicht nur für eine Anlage, sondern auf Wunsch auch für Entmagnetisiereinsätze im Hause und vor Ort. Schulungen, Beratungen und Trouble Shooting ohne Verkaufsabsichten runden das Programm ab.
Albert Maurer Geschäftsführer Maurer Magnetic AG, Grüningen/Schweiz

Neue Technologien
Im Falle der neuen Entmagnetisiertechnik von Maurer Magnetic scheint wirklich zu stimmen, was das Unternehmen selbst darüber sagt (obwohl solche Aussagen in der Regel mit Vorsicht zu genießen sind): Das Maurer-„Degaussing“ läutet eine neue Ära der Entmagnetisiertechnik ein. Teile lassen sich nun auch als Schüttgüter entmagnetisieren. Es muss nicht mehr jedes Stück einzeln von den Magnetfeldern befreit werden, die Messungen verfälschen oder ferromagnetische Schmutzpartikel anziehen könnten. Selbst sehr große Teile lassen sich jetzt relativ problemlos entmagnetisieren.
Industrieanzeiger
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