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Dauer-Fitness-Check für Maschinen sagt frühzeitig Fehler voraus

Instandhaltung
Dauer-Fitness-Check für Maschinen sagt frühzeitig Fehler voraus

Ein Forscherteam an der Universität des Saarlandes hat ein Früherkennungs-Programm für technische Anlagen entwickelt. Intelligente Sensoren sammeln Messdaten in den Maschinen und vergleichen die Muster mit normalen Werten.

Die Roboter in den Fertigungsstraßen arbeiten unermüdlich und millimetergenau – es sei denn ein Bauteil gibt den Geist auf. Wird etwa ein Linearantrieb beschädigt, der ein werdendes Auto präzise vor einen Roboter platziert, läuft es mit einem Mal nicht mehr rund und der Roboterarm positioniert die Autotür bei der Montage nicht mehr so exakt wie geplant. Es kann aber auch passieren, dass eine Maschinen-Komponente ermüdet, plötzlich ausfällt und in der Folge die ganze Produktion steht. Ein Team aus Ingenieuren unter der Leitung von Prof. Andreas Schütze von der Saar-Uni und dem Zentrum für Mechatronik und Automatisierungstechnik arbeitet daran, dass es erst gar nicht so weit kommt. Mit im Boot sind noch weitere Partner aus der Industrie.

Die Forscher haben ein System entwickelt, das Maschinen einer ständigen Vorsorgeuntersuchung unterzieht. Es ist so, als würde man einen Menschen pausenlos mit Fitnessarmbändern und Gesundheits-Checks inklusive Langzeit-EKG und Dauer-Blutdruckmessung überwachen. „Unser System macht den aktuellen Zustand einer Anlage permanent sichtbar und warnt frühzeitig, wenn sich ein Schadensfall ankündigt“, erläutert Schütze. „Hierzu bringen wir in den Maschinen Sensoren an, die wir untereinander und mit den Prozess-Sensoren kombinieren. So können wir kleinste Veränderungen erfassen.“ Das System behält den Zustand der Maschinen permanent im Auge. Weichen die gemessenen Muster von den Vorgaben ab, informiert die Einheit sofort, wann der Schaden droht, was dagegen zu tun ist und welches Ersatzteil ausgetauscht werden muss. So können Betreiber ihre Wartungen besser planen und sind vor bösen Überraschungen und Produktionsausfällen sicher.

Die Forscher nutzen dabei ein besonderes Phänomen: Lange bevor ein technisches Gerät kaputt geht, macht es andere Geräusche, vibriert oder läuft heiß. Dabei gibt es ganz charakteristische Eigenheiten, wie ein Gerät brummt oder rüttelt. Das gilt für den Normalzustand ebenso wie für die Stadien, in denen etwas kaputt geht. Die Unterschiede sind oft sehr fein und mit normalen Sinnen nicht zu bemerken. An dieser Stelle kommt das System der Saarbrücker Forscher ins Spiel. Die Sensoren bemerken diese Veränderungen und ordnen sie selbstständig verschiedenen Schadensabläufen zu. „Wir haben erforscht, wie sich die Signalmuster bei typischen Schadens- und Fehlerzuständen verändern“, erklärt Schütze. Hierzu haben die Messtechnik-Spezialisten die Muster Abertausender von Messdaten untersucht und aus der Masse diejenigen identifiziert, die mit bestimmten Schäden oder Verschleiß einhergehen. „Mit diesem Wissen füttern wir die Sensoren“, erläutert Nikolai Helwig, der im Team von Schütze mitarbeitet. „Wir machen sie intelligent, so dass sie diese Abweichungen selbst erkennen.“ Da sich das System selbst auswertet, brauchen die Saarbrücker auch keine externe Auswerteeinheit.

Das Ziel der Forscher ist, einen Baukasten mit Sensoren und Modulen zu entwickeln, aus denen sich die Maschinenbetreiber einen individuellen Fitness-Check zusammenstellen können. Die maßgeschneiderten Sensoren werden in die Anlage integriert und zeichnen zuerst eine Zeit lang Rohdaten auf. Das sind die Messwerte, die den Normalzustand beschreiben. Danach ist das System bereit und vergleicht im laufenden Betrieb ständig die Daten mit typischen Sensormustern von beginnenden Fehlfunktionen und Schäden in der Anlage. Das Verfahren ist nach Ansicht von Schütze auch für Szenarien im Umfeld von Industrie 4.0 geeignet. Außerdem kann der Betreiber feststellen, ob seine Maschinen während des Fertigungsprozesses in einem einwandfreien Zustand gearbeitet haben. Im Moment befindet sich die Entwicklung in der Testphase. In diesem Stadium arbeiten die Messtechniker unter anderem mit den Unternehmen Bosch Rexroth und Festo zusammen. Bei Bosch Rexroth sollen die Sensoren den Zustand von Werkzeugmaschinen beobachten, bei Festo werden Linearantriebe, so genannte elektromechanische Spindelachsen oder Elektrozylinder, geprüft. (ub)


Fertigung unter Kontrolle

Die Forschungen sind Teil des BMBF-Verbundprojekts „Modulare Sensorsysteme für Echtzeit-Prozesssteuerung und smarte Zustandsbewertung“ (kurz MoSeS-Pro), das Prof. Andreas Schütze federführend koordiniert. Das Ziel des Projekts ist die Bereitstellung eines Baukastens aus Hard- und Software-Modulen, mit dem sich Sensorsysteme für die Überwachung und Steuerung von Antrieben und Positionierungssystemen entwickeln lassen. Diese sollen schließlich schnelle und präzise Fertigungsprozesse ermöglichen, deren Ablauf sich in Echtzeit überwachen und anpassen lässt. Das Bundesforschungs-Ministerium fördert das Projekt mit insgesamt 3,1 Mio. Euro. Rund 540 000 Euro fließen an die Saar-Universität. Im Rahmen des Projekts forschen an der Saar-Uni und am Zentrum für Mechatronik und Automatisierungstechnik ZeMA die Arbeitsgruppen von Prof. Andreas Schütze. Partner sind die Festo AG (Werk Rohrbach) und die Bosch Rexroth AG (Werk Homburg) als assoziierte Partner. Als Forschungspartner sind das Fraunhofer IMS und die TU Kaiserslautern eingebunden. Weitere Informationen sind auf der Internetseite www.moses-pro.de zusammengefasst.

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