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Produzierende Industrie: Künstliche Intelligenz in der F&E

Forschung&Entwicklung
KI birgt enormes Potenzial für Produktionsbetriebe

KI birgt enormes Potenzial für Produktionsbetriebe
Eine wichtige Erkenntnis der Studie ist es, dass zur Umsetzung von KI-Projekten die unternehmensübergreifende Kollaboration von besonderer Wichtigkeit ist. Bild: Laurent T/Shutterstock
Produzierende Unternehmen sehen ein großes Potenzial bei der Integration von KI in der F&E, derzeit beginnen sie jedoch primär mit der Umsetzung von Demonstratoren und Pilotprojekten. Dies ergab eine Benchmarkstudie des WZL der RWTH Aachen.

Prof. Günther Schuh, Dr. Christian Dölle, Julian Kreß
WZL der RWTH Aachen

Künstliche Intelligenz (KI) bietet enorme Potenziale für die produzierende Industrie. Dennoch zögern die meisten Unternehmen mit der Implementierung dieser Technologie. Doch was hindert sie an der Umsetzung und was zeichnet besonders erfolgreiche Unternehmen in diesem Kontext aus? Der Anspruch des Konsortial-Benchmarkings „Künstliche Intelligenz in der F&E“ war es, Antworten auf diese und weitere zentrale Fragestellungen zu finden. Zugleich will die Benchmarkstudie, die das Werkzeugmaschinenlabor WZL gemeinsam mit der Complexity Management Academy sowie 24 Industrieunternehmen durchgeführt hat, relevante Erfolgsfaktoren zur Implementierung von KI in die F&E identifizieren.

Studie in vier Phasen: vom Kick-off bis zur Abschlusskonferenz

Der Ablauf der Studie gliederte sich in vier zentrale Phasen: Kick-off und Fragebogenerstellung, Fragebogenauswertung und Review-Meeting, Unternehmensbesuche der Successful-Practice-Unternehmen sowie Vorstellung der Erfolgsfaktoren auf der Abschlusskonferenz.

In der ersten Phase wurden die zentralen Fragestellungen der 24 Industriepartner aufgenommen, anschließend in einen Fragebogen überführt und an internationale Kontakte verschickt. Im Anschluss erfolgte die Auswertung der Rückläufer der Studie. Hierzu wurde zunächst eine Erfolgsbewertung definiert, um die Studienteilnehmer in besonders erfolgreiche Teilnehmer, sogenannte Top Performer, und durchschnittlich abschneidende Unternehmen, sogenannte Follower, zu separieren. Sodann wurden die angegebenen Ergebnisse der Top Performer durch Telefoninterviews validiert, das heißt die Selbsteinschätzung der Unternehmen wurde durch die Fremdeinschätzung der Experten der RWTH Aachen überprüft. Der Fokus hierbei lag auf der Identifizierung von erfolgversprechenden Herangehensweisen im Kontext des Themenfeldes.

Fünf Successful-Practice-Unternehmen im Fokus

Innerhalb des Review-Meetings wurden diese Ansätze als anonymisierte Fallstudien vorgestellt. Darauf basierend wurden fünf Successful-Practice-Unternehmen ausgewählt, die zwischen April und Mai 2019 besucht wurden. Ziel der Unternehmensbesuche war die Vorstellung und Diskussion erfolgreicher Vorgehensweisen, relevanter Voraussetzungen und konkreter Anwendungsfälle zum Einsatz von KI in der produzierenden Industrie und im eigenen Unternehmen. Die Studie wurde Ende Mai mit einer Abschlusskonferenz sowie der Auszeichnung der Successful-Practice-Unternehmen (3M Deutschland, ABB, Airbus, Dürr Systems sowie Wacker Chemie) abgeschlossen.

Vier zentrale Themenfelder zur Implementierung von KI in der F&E

Innerhalb der Studie gaben die Befragten Antworten zu vier zentralen Themenfeldern zur Implementierung von KI in der F&E. Neben der Identifizierung neuer Leistungsangebote durch die „Applikation von KI im Produktportfolio“, wurden Anwendungsmöglichkeiten zur „Optimierung der internen F&E-Prozesse“ berücksichtigt. Während im erstgenannten Handlungsfeld insbesondere digitale Produkte und Services zum Beherrschen und Steuern der Komplexität von diversen Prozessparametern im Vordergrund standen, adressierte letzteres Handlungsfeld vor allem langfristige Potenziale, um F&E-Aufwände zu reduzieren. Ferner wurden die Unternehmen zu „Organisatorischen Voraussetzungen“ sowie „Technologischen Voraussetzungen“ für eine erfolgreiche Integration von KI in der F&E befragt. Einen Schwerpunkt innerhalb der organisatorischen Voraussetzung stellten strukturelle und kulturelle Aspekte dar, wohingegen im Handlungsfeld der technologischen Voraussetzungen insbesondere genutzte KI-Toolboxen, verwendete Datenquellen oder Lernstile der KI adressiert wurden (siehe Bild).

Erkenntnisse basieren auf 164 auswertbaren Rückläufern

Die Erkenntnisse der Konsortialstudie basieren auf 164 auswertbaren Rückläufern. Zur Auswertung wurde das Teilnehmerfeld auf Basis einer Erfolgsbewertung in zwei Kategorien unterteilt. Die Erfolgsbewertung umfasst neben einer Ergebnisdimension auch eine Implementierungsdimension. Mit Hilfe der Ergebnisdimension wurden allgemein erfolgreiche Unternehmen identifiziert, die sich etwa durch den monetären Unternehmenserfolg sowie Aufwandskennzahlen hinsichtlich der Umsetzung von KI auszeichnen. Die Implementierungsdimension hingegen fokussiert insbesondere den Reifegrad der Umsetzung von KI im Leistungsangebot sowie in den internen Prozessen. Auf dieser Basis wurden 35 Top Performer identifiziert, die im Vergleich zu den 129 Followern einen entsprechend höheren Grad der Integration von KI in der F&E vorweisen.

Fast jedes zweite Unternehmen nutzt KI seit weniger als zwölf Monaten zur Prozessoptimierung

Die Studie ergab, dass 48 % der befragten Unternehmen seit weniger als zwölf Monaten KI zur Optimierung interner Prozesse in der F&E nutzen. Nur 24 % gaben an, sich länger als zwei Jahre mit der Erweiterung des Leistungsangebotes unter Verwendung von KI zu beschäftigen. Top Performer unterscheiden sich von Followern insbesondere durch eine systematische Herangehensweise, um KI-Anwendungsfällen zu identifizieren. Über 50 % der Top Performer haben einerseits eine definierte Vorgehensweise und berücksichtigen andererseits auch externe Informationsquellen beim Ausarbeiten von Anwendungsfällen. Eine Bewertung der Anwendungsfälle erfolgt überwiegend auf Basis der Nutzenpotenziale für den Kunden und weniger hinsichtlich potenzieller Rationalisierungsmöglichkeiten.

Erfolgreiche Unternehmen wollen Automation tiefgreifend ausbauen

Deutlich wurde auch, dass erfolgreiche Unternehmen nicht nur die teilweise oder bedingte Automation durch KI-Lösungen anstreben, sondern den Ausbau einer tiefgreifenden oder vollen Automation planen. Aus organisatorischer Sicht erfolgt bei den Top Performern eine umfassende Förderung der unternehmensinternen Akzeptanz für die Anwendung von KI. Zudem werden notwendige Budgets und Ressourcen zur Verfügung gestellt, sodass bereits explizite Strukturen, wie etwa Innovation Labs oder KI-Inkubatoren, geschaffen werden konnten. Zur Optimierung interner Prozesse setzen erfolgreiche Unternehmen KI-Lösungen bereits für das Suchen und Beschaffen von Informationen, der Analyse des Lösungsraums sowie der Auswahl von Produktalternativen prototypisch ein. Als besonders vielversprechende Tätigkeiten zur Integration von KI zählen die Berechnung, die Simulation und die Optimierung von Konstruktionen.

Wissensaufbau und -austausch legt Grundstein einer erfolgreichen KI-Integration

Die Erkenntnisse spiegelten sich auch während der Unternehmensbesuche bei den Successful-Practice-Unternehmen wider. Initiativen der Integration von KI folgen zumeist einer unternehmensübergreifenden Vision, dessen proaktive Kommunikation die Akzeptanz innerhalb und außerhalb des Unternehmens fördert. Durch die begleitende Definition von Leitlinien und Regelwerken wird darüber hinaus eine gemeinsame Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit auf Kunden- und Mitarbeiterseite geschaffen. Dezidierte Schulungs- und Weiterbildungsprogramme sowie interdisziplinäre Projektteams, die oftmals in externe Kooperationen oder Unternehmensnetzwerke eingebettet sind, fördern den Aufbau technologischer Kompetenzen. Der unternehmensübergreifende, intensive Wissensaufbau und -austausch legt somit den Grundstein einer erfolgreichen Integration von KI im eigenen Unternehmen.

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