Magnetische Kräfte sind eine elegante Lösung, um Drehmomente ohne Verzahnung, ohne Berührung und damit ohne Verschleiß zu übertragen. Wie sich das für die Getriebefunktion nutzen lässt, haben Stuttgarter Forscher mit Hilfe moderner Simulationstechnik gezeigt.
Getriebe mit Drehzahlen von bis zu 50 000 Umdrehungen pro Minute, wie sie beispielsweise in der Autoindustrie beim Ausschleifen von Bohrungen zum Einsatz kommen, verschleißen schnell. Um dieses Problem zu lösen, haben Stuttgarter Wissenschaftler vom Institut für Theorie der Elektrotechnik (ITE) gemeinsam mit den Esslinger Index-Werken ein neuartiges Getriebe entwickelt: Im Gegensatz zu den üblichen Zahnradgetrieben überträgt es Momente ausschließlich über magnetische Kräfte, und arbeitet deshalb praktisch verschleißfrei. Diese Eigenschaft ist nicht nur in Werkzeugmaschinen, sondern zum Beispiel auch bei Turbinen, Flugzeugen oder in den nur aufwändig zu wartenden Windkrafträdern besonders vorteilhaft.
Vom Aufbau her ähnelt das Magnetgetriebe bis zu einem gewissen Grad den Elektromotoren: In einem Gehäuse befindet sich ein drehender Rotor, der von Magnetfeldern angetrieben wird. Anders als Motoren verfügt das Magnetgetriebe aber über ein zusätzliches Bauteil. Das beeinflusst die Magnetfelder so, dass sich eine Drehzahlübersetzung ergibt. Sobald dieses Bauteil angetrieben wird, dreht sich der Rotor mit höherer Geschwindigkeit, erfüllt also die Getriebefunktion.
„Das Getriebe ist zunächst komplett über Simulation entwickelt worden“, erläutert Wolfgang Hafla, wissenschaftlicher Mitarbeiter am ITE. Alle Getriebekomponenten wurden so ausgelegt, dass sie eine möglichst hohe Kraft übertragen können. Darüber hinaus wurden die Wärmeverluste minimiert, damit das Getriebe auch bei hohen Drehzahlen nicht beschädigt wird.
Methoden, mit denen sich elektromagnetische Felder schnell und effizient am Rechner simulieren lassen, sind ein Forschungsschwerpunkt am ITE. In diesem Rahmen entwickelten die Stuttgarter Wissenschaftler eine Software, die für die Getriebesimulation besonders geeignet ist. Ihr liegt ein Integralgleichungsverfahren zu Grunde, mit dem sich rotierende Komponenten vergleichsweise einfach modellieren lassen. Zudem wurde ein Speicherkomprimierungsverfahren eingesetzt, um die Simulationen mit einem relativ preiswerten Computercluster durchzuführen und auf einen Höchstleistungsrechner verzichten zu können.
Inzwischen ist nach dem virtuellen Vorbild ein seriennaher Prototyp gebaut worden, der beim Maschinenbauer Index im Testbetrieb läuft. „Wie man es von Motoren kennt, ist auch beim Magnetgetriebe ein breites Spektrum von Baugrößen denkbar“, erläutert Wolfgang Hafla – und Anfragen für Anwendungen im Miniaturbereich lägen bereits vor. Mit einer Markteinführung dieses Getriebetyps rechnet der Wissenschaftler in etwa im kommenden halben Jahr. op
Weitere Informationen: Wolfgang Hafla, Institut für Theorie der Elektrotechnik, Tel. (0711) 685–67259 E-Mail: wolfgang.hafla@ite.uni-stuttgart.de.
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