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Mit Normteilen zur Kleinteile-Achterbahn

Alternative zur Rohrpost: Gelenkstange verhilft zum Erfolgsprodukt
Mit Normteilen zur Kleinteile-Achterbahn

Es war wie Modelleisenbahn bauen, nur aufwendiger: Manfred Böhrer, Unternehmer für Apotheken-Ausstattungen, konzipierte eine Hängebahn für beengte Räume. Das System schafft es nun bis in den Automobilbau hinein. Wichtig dafür war das Know-how von Normteile-Spezialist MBO Oßwald. §

Autor: Olaf Stauß

Jeder kennt es aus eigener Erfahrung: Wo die richtigen Teile vorliegen, lässt sich alles machen. Nur dass man zuweilen an der entscheidenden Stelle eine speziell angepasste Komponente braucht – im Anlagenbau ist dies nicht anders als beim Heimwerken oder Lego spielen. Ein Paradebeispiel dafür liefert Manfred Böhrer, Geschäftsführer von „Apothekenbau Böhrer“ in Höpfingen, der sich so ein ganz neues Geschäftsfeld als Anlagenbauer erschloss. Sein Fördersystem Quick-Move konzipierte Manfred Böhrer ursprünglich nur für Apotheken, inzwischen wird es in der gesamten Industrie eingesetzt bei Firmen wie dem Automobilzulieferer GfO und anderen.

In Apotheken ist Platz knapp. Tausende von Medikamenten lagern in teilweise verwinkelten Kleinregalen. Sie warten darauf, per Knopfdruck auf den Ladentisch zum Kunden geholt zu werden. Böhrer suchte ein System, das die Ware schnell von A nach B bringt – und zwar ohne Unterbrechungen. Die gibt es bisher immer dort, wo Höhenunterschiede und starke Neigungen in den beengten Räumen auftreten und mit Puffern, Fallschächten und Rutschen überwunden werden müssen. Im Markt für moderne Fördetechniken fand Böhrer keine Lösung, die nicht gleich mehrere zehntausend Euros verschlingen würde – voll teurer Antriebs- und Führungskomponenten wie Förderbänder, Motoren, Führungen und Puffer.
„Alles nicht nötig“, meint der Apotheken-Ausstatter. Und entwickelte selbst. Er schaute, was es gibt (an Norm- und Standard-Teilen) und was sich daraus machen lässt. Das Ergebnis ist ein System, das an eine Carrera-Rennbahn erinnert: mit Schienen aus Strangpress-Profilstücken und dreierlei Umlenk-Elementen für die Kurven (die spritzgegossen werden). Diese Basismodule sind schnell montiert zu Schienenkreisen mit bis zu 80 m Länge.
In den Profilen fahren Rollenwagen. Von ihnen ist nichts außer den Haken und Ösen zu sehen, die aus den Profilschienen herausragen, um Lasten wie Gondeln, Tablare oder auch Kleiderbügel aufzunehmen. Und weil die gesamte Strecke mit solchen Waggons gefüllt ist, die sich gegenseitig ziehen und schieben (also einem einzigen Zug), braucht das Fördersystem nur einen Motor. Nicht einmal ein durchgehender Zahnriemen ist nötig. Denn irgendein Waggon des Zuges kommt immer am Motor vorbei, um sich antreiben zu lassen. „Ingenieure können es sich oft nicht vorstellen, weil sie viel zu kompliziert denken“, sagt Manfred Böhrer.
Ein schwieriges Teil gab es aber doch im Entwicklungsprozess: die Kupplungen zwischen den Rollenwagen. Da von ihnen die Beweglichkeit und Belastbarkeit des Systems abhängen, gelten hohe Anforderungen. Die Kupplungen benötigen eine große Festigkeit bei möglichst geringem Gewicht. Sie müssen sich im Dauerbetrieb spiel-, verschleiß- und möglichst nachschmierungsfrei bewegen können bei Bahngeschwindigkeiten bis zu 3 m/s und engen Bahnradien bis zu 20 cm. Auch sollten die Kupplungsteile schnell verfügbar sein, optional mit Nachschmiernippeln.
Da es nahe lag, auch hier zu Standardteilen zu greifen, kam MBO Oßwald in Külsheim zum Zug. Der Normteile-Spezialist entwickelte sonderangefertigte Gelenkstangen mit Axialgelenken, um die Waggons aneinander zu kuppeln. Die Gelenkstangen sind zum Beispiel an geeigneten Stellen ausgefräst, um das Gewicht zu minimieren. „Von der ersten Idee bis zur Auslieferung brauchten sie keine vier Wochen“, freut sich Manfred Böhrer immer noch über die zügige Umsetzung. Für die zweite Generation des Fördersystems, das erhöhte Anforderungen mit Lasten bis zu 25 kg erfüllt (wie sie häufig in der Industrie anfallen), benötigte MBO dann noch ein weiteres halbes Jahr.
Inzwischen liefert die Böhrer GmbH ihr Fördersystem Quick-Move in alle Welt und in alle Branchen, konfiguriert für unterschiedlichste Anwendungen. Auch Quick-Move-Anlagen mit Weichen und mehreren Zügen sind inzwischen ein Thema. Die Komplexität nimmt zu, der Normteile-Anteil bleibt. Anlagenbauer und Normteile-Spezialist sind Entwicklungspartner geworden. •
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