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Power mit System – wie viel Watt stecken in den Beinen?

Leistungsmessung im Radsport –mittels eines Sensors kann die Trainingseffizienz steigen
Power mit System – wie viel Watt stecken in den Beinen?

Im Sport sind es meist die Profibereiche, in denen innovative Techniken zuerst zum Einsatz kommen. So ist es auch im Radsport. In ihm steckt viel Technik und modernste Materialien. Ein US-amerikanisches Unternehmen bietet ein System an, das sowohl die Trittfrequenz als auch die Tretleistung misst.

Seit 2006 baut Quarq in Spearfish, South Dakota, Powermeter, zu Deutsch Leistungsmesser. Sie messen die Trittfrequenz, also die Anzahl an Kurbelumdrehungen pro Minute beim Radfahren. Zusätzlich wird die eigene Tretleistung in Watt gemessen. Im Mai 2011 wurde das US-amerikanische Unternehmen von SRAM aufgekauft. SRAM, mit Firmensitz in Chicago, stellt Fahrradkomponenten, angefangen von Schaltungen und Bremsen bis zu Laufrädern, her. Das bisher bekannteste Produkt des 1987 gegründeten Unternehmens dürften die „GripShift-Drehgriffschalthebel“ sein. SRAM entwickelte sich nach 20 Jahren mit rund 2000 Mitarbeitern zum zweitgrößten Fahrradkomponentenhersteller hinter Shimano. 1997 übernahmen die Amerikaner das deutsche Unternehmen Sachs, das seit 1904 Nabenschaltungen baute.

Das Kernstück der Technologie ist die Messeinheit. Sie sitzt zwischen dem Kurbelarm und dem Kettenblatt. „Wir bei SRAM nennen sie Spider, es gibt keine wirklich passende deutsche Übersetzung dafür“, erklärt Christoph Allwang, Tech Coordinator Europe SRAM Road & Zipp. Dabei handelt es sich um fünf Arme worauf die Kettenblätter befestigt sind. Dieses Teil ist nochmals auf den eigentlichen Kurbelarm aufgeschraubt. Bei der Nachfrage von Powermetern sei eine deutliche Tendenz vom Profiradsport in den ambitionierten Hobbybereich zu spüren. „Es können ganz andere Trainingseffekte erzielt werden, als lediglich mit der Verwendung eines Pulsmessers“, so Allwang. Im deutschen Markt würde ungefähr jede 20. Rennradgruppe mit Leistungsmesser verkauft werden. „Der Trend bei uns in Deutschland hinkt aber wie so oft dem amerikanischen Markt hinterher“, erläutert Allwang. So sei beispielsweise auch England auf dem Weg zu einem Radsport-Boom. Hier würde jede 6. Komponenten-Gruppe mit einem Leistungsmesser verkauft werden.
Zur Messung werden Dehnmessstreifen im „Spider“ eingesetzt. Hier werden Ströme, also Widerstände, gemessen und somit die aufgebrachte Kraft auf die Kurbel erfasst. Ein dünner Magnet, der am Rahmen befestigt ist, fungiert als Taktgeber. Dieser misst die Trittfrequenz und ermöglicht die Berechnung der „Tretpower“. Diese Leistung wird mittels der physikalischen Formel „Kraft mal Weg“ berechnet. Also die eingesetzte Kraft in N/m an der Kurbel mal die Kurbelumdrehung. Die kabellose Übertragung an einen „Fahrrad-Tacho“ ist laut Allwang nicht an einen bestimmten Hersteller gebunden. Der Sender an der Kurbel überträgt die Signale über den AMT+-Sende-Standard. Hier gibt es verschiedene Hersteller, die Geräte anbieten, welche für diesen Standard empfangsbereit sind. Selbst für das iPhone gebe es einen Dongle, der dann den Empfang des AMT+-Signals ermöglicht, so der SRAM-Techniker. Zusätzlich befindet sich eine LED am Leistungsmesser, die Informationen über den Ladezustand und die Einsatzbereitschaft des Gerätes gibt. Ein Feature ist laut Allwang, dass der Powermeter während der Fahrt kalibriert werden kann. Denn hohe Temperaturunterschiede führen zu Ungenauigkeiten durch die unterschiedliche Ausdehnung des Messstreifens. Der Hersteller gibt eine Toleranz von 1,5 % an. Diese wird durch hohe Temperaturunterschiede überschritten und die Messung wird ungenauer. Durch ein fünffaches Rückwärtskurbeln orientiert sich dann die Messeinheit neu. Die Laufzeit der Einheit, die durch eine Knopfzelle (CR2032) versorgt wird, soll bei rund 300 Betriebsstunden liegen.
Für die Platzierung des Magneten gibt es drei verschiedene Varianten, davon abhängig, was für ein Rahmen im Einsatz ist. Eine Möglichkeit ist unter der Tretlagerschale, hier sitzt der Magnet auf einem dünnen Blech. Bei Variante zwei hängt der Magnet bei der Seilführung unter dem Tretlager. „Dies ist allerdings immer weniger der Fall, weil Schalt- und Bremszüge immer öfter im Rahmen verlegt werden“, sagt Allwang. Die gängigste Variante sei die mittels eines Zwei-Komponenten Klebers. Hier wird der 5 mm dicke Magnet direkt neben dem Tretlagergehäuse angebracht. Er ist gleichzeitig sehr stark und kann bis zu 15 mm weit weg von der Sensoreinheit platziert sein. Die Verbreitung von Powermetern sei momentan noch an Rennrädern bedeutend größer, so Allwang. Aber die Nachfrage im Mountainbike-Bereich ziehe an. Gerade im Cross-Country-Bereich – so nennt man die Renndisziplin auf Mountainbikes bei der es „querfeldein“ geht – sei eine große Nachfrage bemerkbar.
Zur Auswertung der gefahrenen Strecke gibt es verschiedenste Software. Diese bietet dem Sportler zahlreiche Parameter, um das Training bis ins kleinste Detail auszuwerten. „Die gesamte Entwicklung“, so Allwang, „hat in den letzten 15 bis 20 Jahren dazu beigetragen, sich im Profiradsport zu verbessern. Speziell durch die Analyse des Trainings und die genaue Spezifizierung der verschiedenen Trainingsbereiche.“ In großen Radrennen, wie der kürzlich zu Ende gegangenen Tour de France, ist die Technik bei fast jedem Fahrer im Einsatz. „Wir sponsern beispielsweise das Team Omega Pharma – Quick-Step, mit Mark Cavendish als Protagonisten und dem deutschen Fahrer Toni Martin“, sagt Allwang. Solche Profis könnten eine Leistung von mehr als 380 W über eine Stunde hinweg „durchdrücken“. Weltklasse-Sprinter können gar über wenige Sekunden Leistungen bis zu 1500 W erzielen. Zum Vergleich: Ein durchschnittlicher Hobby-Radfahrer, der eine leicht wellige 50 km lange Strecke mit 25 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit fährt, kann bei einem Körpergewicht von 75 kg und mäßigem Windeinfluss eine durchschnittliche Leistung von 180 W über zwei Stunden treten.
„Es dauert immer bis so eine Technologie beim Hobby-Sportler ankommt. Das hängt natürlich damit zusammen, dass etwas derartiges erst teuer ist und dann im Laufe der Jahre für den Normalverbraucher erschwinglich wird“, erläutert Allwang. Das Einstiegsmodell „Riken“ liegt bei 1428 Euro und bringt 823 g auf die Waage*. Das Mittelklassemodell „Elsa“ kostet 1787 Euro. Hier ist die sogenannte Powerbalance-Funktion enthalten. Diese kann zusätzlich die prozentuale Kraftverteilung von linker und rechter Kurbel messen. Das High-End-Modell „Red“ kostet 1845 Euro, verfügt über dieselben Eigenschaften, belastet die Waage aber nur mit 778 g.
Durchschnittswerte. Die Gewichtsangaben hängen von der Kurbellänge und den eingesetzten Kettenblättern ab.
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