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Robuste und langlebige Hydraulik-Antriebe

Interview mit der Herbert Hänchen GmbH
Strategisch setzt Hänchen auf „Langlebigkeit von Hydraulik und Maschinen“

Langlebig-robuste Komponenten und Maschinen sind in der Industrie generell gefragt. Für Hydraulik-Anwendungen gelten diese Anforderungen umso mehr. Die Herbert Hänchen GmbH verfügt seit Jahrzehnten über besonderes Hydraulik-Know-how. Wie sich das Familienunternehmen um den Hydraulik-Zylinder herum und darüber hinaus weiterentwickelt hat, erläutert Tanja Hänchen, geschäftsführende Gesellschafterin des Unternehmens mit Sitz in Ostfildern.

» Interview: Nico Schröder, Korrespondent Industrieanzeiger, Augsburg

Inhaltsverzeichnis
1. Hydraulik und Sondermaschinen
2. Langlebigkeit als Alleinstellungsmerkmal
3. Wirtschaftlich herausfordernde Zeiten
4. Branchentrends und Anwendungen für die Hydraulik

Frau Hänchen, steht das Unternehmen Herbert Hänchen vor allem für Kompetenz im Bereich Hydraulik-Zylinder?

Hier liegen unsere Unternehmensanfänge und der Hydraulik-Zylinder war unser erstes eigenständiges Produkt – nach den Lohnarbeiten, die mein Großvater angefangen hat. Wir sind bekannt für Hydraulik und verwurzelt in dem Thema, keine Frage. Dennoch haben wir uns über die Jahre weiterentwickelt, gerade auch weil Elektronikbauteile zunehmend in den Zylinder Einzug gehalten haben. Darüber sind wir immer weiter in das Thema Antriebssysteme eingetaucht. Das bedeutet, dass wir uns die – meist hydraulischen – Abläufe in der Produktion beim Kunden anschauen. Gemeinsam bestimmen wir die Schnittstellen, an denen Hänchen ansetzt. Das geht so weit, dass wir die Kernkompetenz der Software-Entwicklung im Hause haben, um den Kunden kompetent und direkt bedienen zu können. Insofern sind wir weiter um den Hydraulikzylinder herum gewachsen – mittlerweile bis hin zu kompletten Maschinen, beispielsweise für Prüfanwendungen.

Servoseal_und_Pruefzylinder.jpg
Aus dem Hänchen-Portfolio: Servoseal-Dichtungen und Hydraulik-Prüfzylinder
Bild: Herbert Hänchen GmbH

Hydraulik und Sondermaschinen

Wie sehen Ihre Sonderlösungen in der Regel aus?

Wenn es um Maschinen im Kundenauftrag geht, konstruieren wir diese komplett individuell. Je nachdem, was der Kunde braucht, ergänzen wir seine bestehende Maschine auch um einzelne Module.

Sie sagen, ein Alleinstellungsmerkmal betrifft die „Kernkompetenz der Softwareentwicklung“? Warum ist es für Hänchen wichtig, auf eigenes Software-Know-how zu setzen?

Am Anfang stand die Zusammenarbeit mit externen Firmen. Vor etlichen Jahren haben wir dann aber zunehmend festgestellt, dass es notwendig ist, diese Kompetenz hier im Hause zu haben. Die Software nimmt eine zentrale Funktion beim Kunden ein, denn sie ermöglicht ihm, seine benötigten Funktionen abzubilden. Daher ist es wichtig, dass wir im Detail verstehen, was der Kunde braucht. Dieses Maschinenbau-Verständnis fehlt oft bei reinen Softwareprogrammierern und dann kann es bei technischen Anwendungen schnell schwierig werden, Kundenabläufe umzusetzen. All das hat uns dazu bewogen, diese Kompetenz ins Haus zu holen und hier entsprechend Elektroingenieure einzustellen, die dieses Know-how einfach mitbringen.

Eine Ihrer Dienstleistungen heißt „Ratio-Drive“. Was ist darunter zu verstehen und wie funktioniert das Ganze, um Automatisierungs- oder Antriebssysteme auszulegen?

Jemand der eine Sondermaschine für Aufgaben im Bereich der Automatisierungs- oder Antriebstechnik benötigt oder auch sein bestehendes System optimieren möchte, bekommt von uns eine auf seine Aufgabenstellung zugeschnittene Lösung – vom Engineering bis zur Inbetriebnahme der Anlage designt unser „Sondermaschinenbau Ratio-Drive“ kundenindividuelle Komplettlösungen. Benötigen Kunden eine Teillösung, übernehmen wir die Projektierung und Umsetzung der gewünschten Maschinenfunktion. Mit Ratio-Drive bietet Hänchen zudem komplette Prüfmaschinen und individuelle Prüfstände an. Unser Sondermaschinenbau begleitet dann den gesamten Prozess des Prüfstandbaus. Kunden nennen uns die erforderlichen Prozesse der Prüfaufgabe und wir projektieren entsprechend die servohydraulische oder elektrische Prüfmaschine. Wir unterstützen unsere Kunden auch, wenn sie ihre Maschine einer Modernisierung oder einem Retrofit unterziehen wollen.

Langlebigkeit als Alleinstellungsmerkmal

Wo sehen Sie die größte Stärke bei Hänchen, vielleicht sogar als ein Alleinstellungsmerkmal?

Eines der wichtigen Alleinstellungsmerkmale ist definitiv die Langlebigkeit unserer Produkte. Hierauf haben wir schon immer Wert gelegt. Und in der jetzigen Diskussion zur Nachhaltigkeit gewinnt das noch mehr an Bedeutung. Unser Augenmerk ist darauf gerichtet, dass man nicht kauft und wegwirft, sondern dass man Komponenten und Maschinen auch wirklich lange nutzen kann. Das ist sicherlich eines unserer stärksten Merkmale. Und darauf ist unsere ganze Konstruktion – besonders der Zylinder – und letztlich unser Produktportfolio ausgelegt. Und auch von den Produktionsverfahren her, die wir einsetzen, praktizieren wir das. Alles ist auf Langlebigkeit getrimmt.

Setzen Sie dann vermehrt auf Sensorik? Respektive haben Sie Lösungen, um auch vorausschauende Wartung umzusetzen?

Wir sind gerade dabei, das entsprechend anzugehen und Lösungen zu entwickeln. Hier untersuchen wir, welche Werte man rund um Zylinder abgreifen kann, um aus diesen ganzen Daten Vorhersagen abzuleiten, wann eine Maschinenwartung Sinn ergibt. Der Anwender soll Wartungen eben besser einplanen können, um Stillstandszeiten zu vermeiden.

Ist das etwas, das Sie antizipieren? Oder sind Ihre Kunden Predictive-Maintenance-Lösungen derweil schon gewohnt beziehungsweise sehen diese in ihrem Maschinenpark gegebenenfalls erste Anwendungen und verlangen das auch von Ihnen?

Meine Wahrnehmung ist, dass sich Predictive Maintenance noch nicht allzu stark durchgesetzt hat, und zwar, weil es noch ein relativ weites Feld darstellt, wie man dieses ganze Thema überhaupt steuerungsseitig einbindet, wenn vielfältige Komponenten in einer Maschine verbaut sind.

Tanja_Hänchen_Hydraulik
Tanja Hänchen ist geschäftsführende Gesellschafterin des Familienunternehmens Herbert Hänchen GmbH mit Sitz in Ostfildern bei Stuttgart.
Bild: Herbert Hänchen GmbH

Wir sind bekannt für Hydraulik und verwurzelt in dem Thema, keine Frage. Dennoch haben wir uns über die Jahre weiterentwickelt, gerade auch weil Elektronikbauteile zunehmend in den Zylinder Einzug gehalten haben. Darüber sind wir immer weiter in das Thema Antriebssysteme eingetaucht.

Predictive-Maintenance-Lösungen geplant

Inwiefern werden Sie bei Entwicklungen rund um Predictive Maintenance Ihre jahrzehntelangen Branchenerfahrungen in unterschiedlichen Anwendungen nutzen?

Wir haben den Anspruch, nicht einfach irgendwelche „gewürfelten Werte“ dazu zu hinterlegen, wann eine Wartung fällig sein wird, sondern das wirklich anhand von definierten Parametern entsprechend vorherzusagen. Anwendungen sind beispielsweise schon in Hinblick auf Zyklen unterschiedlich. Also: Laufen die Anlagen 24/7 oder nur zweimal am Tag? Von daher sollten solche Faktoren einfließen, sodass im Sinne des Kunden möglichst realistische und nützliche Aussagen möglich sind. Nichtsdestotrotz stellt es für uns nach wie vor noch ein spannendes Lernfeld dar. Denn wir wollen herausfinden, ob die Voraussetzungen in verschiedenen Anwendungsgebieten wirklich so große sind, wie wir vermuten oder nicht. Ich glaube, da werden wir selbst noch viel lernen.

An welcher Stelle wird eine Produktion besonders von Predictive Maintenance profitieren?

Überall dort, wo es um hohe Standzeiten geht, wo die Maschinen einfach laufen müssen und nicht pro Tag sowieso öfters stillstehen, sondern wo sie durchproduzieren müssen und nur bestimmte Wartungsfenster haben – in solchen Fällen wird es sicherlich spannend werden.

Wirtschaftlich herausfordernde Zeiten

An welchen Stellen spüren Sie die herausfordernde aktuelle Wirtschaftslage merklich?

Was wir deutlich merken, sind die Preissteigerungen – sei es auf der Energieseite oder bei Rohmaterialien und den Elektronikkomponenten. Auch beschäftigen uns die Lieferthemen allgemein, hier im speziellen das Thema Liefertermine gerade auch bei Elektronikbauteilen.

Wie gehen Sie damit um?

In Bezug auf das Rohmaterial haben wir langfristige Rahmenvereinbarungen, die uns in der jetzigen Situation helfen. Aber wir merken bei Anschlussvereinbarungen natürlich, dass wir Materialien nicht mehr zu den alten Konditionen bekommen, die günstiger waren. Bei Elektronikkomponenten können wir leider nicht auf Rahmenvereinbarungen setzen, weil jeder Kunde recht unterschiedliche Komponenten braucht. Da wir nicht wissen, was der Kunde bestellt, ist es fast ein Ding der Unmöglichkeit, hier etwas zu bevorraten. Insofern sind wir hier den Weg gegangen, alternative Lieferanten aufzubauen, um Engpässe darüber abpuffern zu können.

Inwieweit beschäftigt Hänchen die Energieeffizienz seiner Produkte? Sehen Sie hier regelmäßig Optimierungsmöglichkeiten?

Definitiv gibt es da Möglichkeiten. Allein durch die Zylinderauslegung kann man schon sehr viel bewirken. Wir nutzen beispielsweise variable Kolben, die wir genau dimensionieren können, sodass man die Peripherie der Anwendung entsprechend klein wählen kann und dadurch letztlich eben nicht mehr Energie als nötig in der Anwendung verbraucht.

Branchentrends und Anwendungen für die Hydraulik

Sehen Sie aktuell Branchen, die Ihre Produkte und Engineering-Dienstleistungen besonders nachfragen?

Prüfanwendungen sind für uns eine wichtige Branche, aber auch andere Anwendungen, bei denen der Zylinder besonders gefordert ist, beispielsweise in Gießereien oder Stahlwerken. Aber auch ganz klar der Maschinenbau mit Kunststoffspritzmaschinen oder Werkzeugmaschinen. Und wir haben ein paar Exoten in der Medizintechnik oder im Lebensmittelbereich.

Herbert_Hänchen_Hydraulik_Prüfstand
Hänchen hat sich vom Hydraulikspezialisten zum Komplettanbieter für Prüfanlagen weiterentwickelt – hier ein Prüfstand für Verpackungen.
Bild: Herbert Hänchen GmbH

Gibt es neben Deutschland weitere Produktionsstandorte?

Nein, wir produzieren nur in Deutschland, das heißt einmal hier in Ostfildern bei Stuttgart und dann in Oettingen, an unserem zweiten Produktionsstandort in Bayern. Der Rest, also die Töchter, die wir haben, sind reine Vertriebsstandorte.

Wo sehen Sie Zukunfts- und Wachstumsfelder für Ihr Unternehmen?

Was wir auf jeden Fall ausweiten wollen, ist das Geschäft zum kompletten Antriebssystem. Als wichtiges Maschinenbauthema sehen wir hier noch einen starken Markt für uns, eben weil wir für den Bereich noch nicht so bekannt sind. Zudem möchten wir die Energiebranche noch näher betrachten und künftig entsprechende Lösungen in dem Segment anbieten

Kontakt:
Herbert Hänchen GmbH
Brunnwiesenstr. 3
73760 Ostfildern
Tel.: +49 711 44139–0
E-Mail: info@haenchen.de
Website: www.haenchen.de

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