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Vibrationsfrei und kraftvoll abräumen

Servos: Tandemantrieb für vertikale Räummaschinen
Vibrationsfrei und kraftvoll abräumen

Die vertikale Pioneer-Außenräummaschine von Hoffmann bearbeitet kraftvoll und vibrationsfrei. Sie setzt dazu in der Hauptachse auf einen zwei Servomotoren-Tandemantrieb, für spielfreien Betrieb zwischen Zahnstange und Ritzel.

Räumen zählt zu den spanabhebenden Fertigungsverfahren mit geometrisch bestimmten Schneiden. Der Werkstoff wird dabei durch ein Räumwerkzeug abgetragen, dessen Schneidzähne hintereinander liegen und jeweils um eine Spanstärke gestaffelt sind, wodurch der Vorschub im Werkzeug selbst liegt. Die grundsätzlichen Vorteile liegen in der hohen Zerspanleistung, die dazu führt, dass die Endform des Werkstücks mit einem einzigen Räumwerkzeug herstellbar ist. Ein weiterer Vorteil ist die Reproduzierbarkeit: Enge Toleranzen können über längere Zeit ohne Nachstellen eingehalten werden.

Christoph Klink, der zusammen mit Michael Appich die Geschäfte der Hoffmann Räumtechnik GmbH in Pforzheim führt, erläutert die Strategie: „Wir haben uns auf das Räumen von Turbinenscheiben fokussiert. Das beinhaltet die Scheiben für Kopfturbinen von Verkehrsflugzeugen bis hin zu denen stationärer Gasturbinen. Ein zweites Kompetenzfeld ist das Räumen von Bremskalibern für Fahrzeuge. In beiden Fällen bieten wir Systemlösungen. Das heißt, wir liefern die Maschinen komplett mit den dazu gehörigen Werkzeugen.“
Aktuelle Neuentwicklung ist eine vertikale Außenräummaschine, auf der beim Kunden Turbinenscheiben für Rolls Royce-Triebwerke geräumt werden sollen. Diese Maschine kann Scheiben im Durchmesser von bis zu 1500 mm bearbeiten. Die Gesamthöhe der Maschine beträgt annähernd 8 m, von denen sich etwa die Hälfte unterhalb des Hallenbodens befindet. Das Gesamtgewicht liegt bei zirka 30 t. Michael Appich weist auf eine Besonderheit dieser Maschine hin: „Sie zeichnet sich durch einen hohen Automationsgrad aus, der auf einem automatischen Werkzeugwechsel und integrierter Messeinrichtung beruht.“
Der automatische Werkzeugwechsel sorgt für eine sehr wirtschaftliche Bearbeitung. Um den sonst fürs Wechseln üblichen Maschinenstillstand zu vermeiden, befinden sich bei der neuen Maschinengeneration die Werkzeugsegmente in Kassetten, die in einem Speichermagazin gelagert sind. Durch ihre Anordnung können die Räumwerkzeuge während der laufenden Produktion gewechselt werden. Spezielle Schnellklemm- und Schnellwechselsysteme reduzieren den Aufwand für den Werkstückwechsel auf ein Minimum. Je nach Turbinenscheibe oder Profilnute werden die benötigten Werkzeugkassetten abgerufen und vollautomatisch zugeführt. Über entsprechende NC-Programme ist es dann möglich, verschiedene Turbinenscheiben nacheinander zu räumen.
Im Gegensatz zu kleineren Räummaschinen mit hydraulischen Antrieben kommen bei vertikalen Außenräummaschinen elektromechanische Antriebe zum Einsatz. Die Ausführung als Zahnstange-Ritzel-Antrieb zeichnet sich durch hohe Antriebssteifigkeit und geringe Schwingungsneigung aus, weswegen sie auch bei kritischen Zerspanungen Vorteile verspricht. Das heißt, der elektromechanische Antrieb wird beim Bearbeiten dünnwandiger Werkstücke und schwer zerspanbarer Werkstoffe bevorzugt. Weitere Pluspunkte sammelt diese Antriebsart durch geringe Energiekosten (Leerlaufbetrieb, Rückspeisung) sowie niedrigen Schaltdruckpegel. Auch bezüglich der Umweltschutzanforderungen punktet sie gegenüber der hydraulischen Alternative.
Bei der neuen Maschine setzten die Verantwortlichen zum ersten Mal auf Steuerungs- und Antriebstechnik von der GE Fanuc. „Von der Projektierung der Maschine bis zur Abnahme stand uns ein Applikationsingenieur aus der deutschen Niederlassung in Neuhausen mit Rat und Tat zur Seite“, erinnert sich Michael Happich. Dadurch ist es uns gelungen, die eingeplanten Zeiten bis zur Inbetriebnahme sogar zu unterschreiten.“ Nun ist GE Fanuc als Ausrüster nicht ganz so neu im „Pforzheimer Räumkompetenzzentrum“. Sowohl die Mutterhäuser Klink als auch die Firma Lapointe setzen schon seit Jahren GE Fanuc Steuerungs- und Antriebstechnik ein. Christoph Klink erklärt: „Nur die Hoffmann Räumtechnik GmbH hat bislang keine Produkte dieses Anbieters verwendet. Da wir jedoch eine entsprechende Nachfrage feststellen konnten, haben wir uns entschieden, die die neue SRVE mit GE Fanuc zu realisieren. Wir gehen davon aus, dass dieser Schritt zukunftsweisend ist und wir mit dieser Lösung neue Märkte unter anderem in den USA und in Asien erschließen können.“
Bei den Geschäftsführern und den anderen Verantwortlichen hat vor allem das neue Antriebskonzept für die Räumachse einen sehr positiven Eindruck gemacht. Es zeichnet sich durch einen Tandemantrieb in der Hauptachse aus, für den zwei GE Fanuc-Servomotoren der Serie Alpha i 500 zum Einsatz kommen, die jeweils 500 Nm Nennmoment und 1050 Nm Spitzenmoment bieten. Georg Sickinger, bei Hoffmann Leiter der Elektrokonstruktion, umreißt die Erwartungen: „Bei der Räumbearbeitung haben wir die Problematik eines unterbrochenen Schnitts, also eines ständig wechselnden Kraft- beziehungsweise Drehmomentbedarfs. Der Tandemantrieb bietet uns jetzt die Möglichkeit, entweder beide Motoren für die Vorwärtsbewegung des Werkzeugs durch das Werkstück einzusetzen, oder wenn der Kraftbedarf geringer wird, durch den zweiten Motor eine Gegenhaltung zu realisieren. Dadurch wird die Zahnstange zwischen beiden Motoren fest eingespannt und Spiel sowie damit verbundene Vibrationen eliminiert.“ Diese relativ komplexe Aufgabenstellung hat auf Anhieb funktioniert, bestätigt Georg Sickinger. Er ergänzt einen weiteren Vorzug: „Die Servomotoren zeichnen sich gegenüber Asynchronmotoren durch eine bessere Drehmomentkennlinie aus, die sich in gesteigerter Gleichmäßigkeit und Stabilität niederschlägt. Die Art und Weise, wie die Servos in die Steuerung eingebunden sind und welche Tools zur Verfügung stehen, haben sich insgesamt sehr erfreulich niedergeschlagen.“
Nicht nur im Großen, sondern auch in Details konnten an der Maschine Verbesserungen erzielt werden, zum Beispiel, was die Klimatisierung des Schaltschrankes betrifft: Die Verstärker wurden in diesem Fall als so genannte Durchsteckvariante konzipiert, die so aufgebaut ist, dass die entstehende Wärme unmittelbar ins Freie geleitet wird. Das reduziert die erforderliche Kühlleistung der Schaltschrank-Klimageräte um annähernd 80 %. Der Aufbau ist zwar etwas komplizierter, doch er rechnet sich in kürzester Zeit über die eingesparte Kühlleistung.
Noch steht der neuen Räummaschine der langfristige Einsatz unter Produktionsbedingungen bevor. Die Beteiligten sind optimistisch, dass das neue Antriebskonzept auch in der täglichen Praxis überzeugen wird. Christoph Klink argumentiert: „Die bisherigen Versuche haben allesamt ein sehr positives Ergebnis gebracht. Daher sind wir vom Erfolg dieser neuen Hightech-Maschine überzeugt. Durch ihre hohe Leistungsfähigkeit wird sie dem bisherigen Marktangebot mächtig Konkurrenz machen.“
Wolfgang Klingauf Fachjournalist in Augsburg
Elektromechanischer Antrieb sammelt viele Pluspunkte
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