Die mechanischen Prinzipien der Rotation und Translation könnte Festo künftig um die Inversion erweitern. Genauer: Fortbewegen durch Umstülpen. Und mit der ExoHand bietet der Automatisierer eine Lösung, die den menschlichen Handlungsspielraum erweitert.
Die Bionik-Entwickler des Esslinger Automatisierungsspezialisten Festo (Halle 17, Stand Do7) scheinen darauf abonniert zu sein, pünktlich zur Hannover Messe im April jeden Jahres ein Projekt nach dem Vorbild der Natur zu präsentieren. Der mit dem deutschen Zukunftspreis ausgezeichnete Elefantenrüssel ist der Fachwelt ebenso noch in Erinnerung wie der im Vorjahr gezeigte Möwen-Demonstrator, mit dem die schwäbischen Tüftler den Vogelflug entschlüsselt haben. Diesen April wartet der Hannover-Messe-Aussteller gleich mit zwei technischen Konzepten auf, die Festo im Rahmen seines Bionic Learning Network mit Blick auf künftige Arbeitswelten erforscht oder weiterentwickel hat.
Zum einen sei es gelungen, so der für das Bionik Learning Network zuständige Dr. Heinrich Frontzek, den bisher nur als Papiermodell existierenden umstülpbaren Würfel erstmals auch als Flugobjekt zu realisieren. Die Grundlagen für das bei Festo SmartInversion genannte Projekt hat der Konstanzer Erfinder Paul Schatz in den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts gelegt. Er entwickelte daraus eine Bewegungslehre, die er Inversionskinematik nannte. Die Festo-Bioniker nutzen die Tatsache, dass bei einem entsprechend geschnittenen Würfel der dazwischen liegende Rest umstülpbar ist, sich also von innen nach außen kehren lässt. Durch fortwährendes Umstülpen nimmt diese Würfelkette unterschiedliche Formen an und bewegt sich dadurch fort. An diesem Phänomen, das Festo anhand eines mit Helium gefüllten Flugobjektes mit 2,130 m³ Volumen fliegen lässt, lassen sich laut Frontzek die komplexesten Prozesse darstellen. Die intelligente Kombination von extremem Leichtbau, elektrischen Antrieben sowie Steuerungs- und Regelungstechnik ermögliche die unendlich fortbewegende Inversion in der Luft. „Künftige Lösungen für Kunden müssen smart und intelligent umgesetzt werden“, meint Frontzek mit Blick auf technische Anwendungen.
Erreicht hat diesen Status bereits ein Exoskelett, das wie ein Handschuh angezogen werden kann. Mit der ExoHand lassen sich Finger aktiv bewegen, die Kraft in den Fingern verstärken sowie Bewegungen der Hand aufnehmen und in Echtzeit auf Roboterhände übertragen. „Die Exoskeletthand bildet alle wichtigen physiologischen Freiheitsgrade einer Hand ab. Sie unterstützt damit die vielfältigen Möglichkeiten des Greifens und Tastens der menschlichen Hand“, sagt Frontzek. Ziel sei es, die Stärke und Ausdauer der menschlichen Hand zu verbessern, den menschlichen Handlungsspielraum zu erweitern und die Unabhängigkeit auch in hohem Alter zu gewährleisten. dk
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