Bionik | Technik nach biologischem Vorbild erobert den Markt. Stimmt! Aber so einfach ist es nicht. Wie sich die Industrie welche bionischen Konzepte zunutze machen kann, thematisiert eine VDI-Fachtagung.
Dipl.-Ing. Annedore Bose-Munde Fachredakteurin für Wirtschaft und Technik in Erfurt
In der Bionik geht es um das systematische Erkennen von Lösungen der belebten Natur mit dem Ziel, ein Objekt oder Verfahren zu entwickeln, das nach den Regeln der Technik funktioniert. Daraus ergeben sich vielfältige Arbeitsfelder für Naturwissenschaftler, Ingenieure, Architekten, Philosophen und Designer.
Durch die bionische Funktionalisierung von Oberflächen entstehen neue Produkte. Durch die Anwendung biologischer Wachstumsregeln wird ein praxisgerechter Leichtbau realisiert. Und bereits heute setzt der Automobilbau erfolgreich bionische Optimierungsverfahren um, beispielsweise bei der Nutzung additiver Verfahren für belastungsoptimierte Strukturen.
Wenn sich am 30. September und am 1. Oktober Unternehmensvertreter und Wissenschaftler zur ersten VDI-Fachtagung „Industrielle Anwendungen in der Bionik“ in Esslingen treffen, stehen all diese Themen im Mittelpunkt. Referate unter anderem von der Adam Opel AG, von Airbus, dem Alfred-Wegener-Institut, dem Fraunhofer IPA oder Porsche vermitteln Einblicke in die Praxis und eine begleitende Fachausstellung ermöglicht es, Details zu hinterfragen.
Prof. Dr. Heike Beismann beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Thematik. Sie ist Tagungsleiterin bei der Veranstaltung des VDI-Wissensforum. Direkt nach ihrem Biologiestudium promovierte sie an der Universität in Freiburg zum Thema Vegetationskunde und Biomechanik. Seit 2012 ist sie Professorin an der Westfälischen Hochschule im Lehrgebiet Biologie und Bionik.
Richtlinien als Brücke zur Biologie
Zur Bedeutung des Themas sagt sie: „Produzierende Unternehmen verwenden zunehmend bionische Verfahren und Ansätze zur Entwicklung oder Optimierung neuer Produkte. Dennoch ist der Transfer von Erkenntnissen aus der Bionik in die industrielle Praxis immer noch mit großen Unsicherheiten behaftet. Ein Verfahren, um diese Unsicherheiten zu minimieren, ist der Wissenstransfer durch Normen und Richtlinien.“ Diese seien in einer technischen Sprache abgefasst, die den an der Umsetzung beteiligten Ingenieuren den Umgang mit eher biologisch geprägten Ideen erleichtere. Damit könne für die Biologie und Technik eine gemeinsame Sprache gefunden werden, die den Wissenstransfer verbessert.
Ein Highlight wird sicher der Besuch bei Festo sein. Im Bionic Learning Network des Unternehmens sind zahlreiche Anwendungen entstanden, die auf der Bionik beruhen. Mit am bekanntesten ist der bionische Handlings-Assistent, eine Entwicklung mit dem Fraunhofer IPA, die 2010 den Deutschen Zukunftspreis erhielt. •
Teilen: