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Wie künftig entwickelt wird

Ingenieure arbeiten mit allen Sinnen im Auge des Daten-Hurricanes
Wie künftig entwickelt wird

Im Jahr 2020 verfügen die Entwickler über eine unüberschaubare Fülle von Daten. Sie sind umgeben von einer Vielzahl von Displays. In ihrem „nLightened Workplace“ erleben sie die Wirkung ihres neuen Produktes schon im Voraus. So stellt sich das Fraunhofer IAO die Entwicklungsarbeit in naher Zukunft vor.

Die Automobilindustrie macht es vor, aber auch bei Investitionsgütern gewinnt die virtuelle Produktentwicklung an Bedeutung. Möglichst früh Funktion und Produkteigenschaften abzusichern lautet die Devise. Und das eben nicht mit physischen sondern mit digitalen Prototypen. Zur Produktbeschreibung kommt in der digitalen Welt die Produktfunktion und deren Simulation hinzu. Die virtuelle Erprobung vermeidet Sackgassen und Irrwege auf dem Entwicklungspfad zur fertigen Maschine. Man spart Zeit und vermeidet unnötige Kosten oder Fehlerfolgekosten.

Durch die Digitalisierung der Entwicklung entstehen große Datenmengen. Im günstigsten Fall werden sie im Rahmen des Produktdatenmanagements (PDM) zusammen verwaltet und sind für alle Beteiligten zugänglich. Häufig fristen Entwicklungsdaten bislang aber ein eher einsames und unvernetztes Dasein in verteilten Datenbanken oder auf verteilten Festplatten.
Zu den traditionell im PDM verwalteten Planungsdaten wie CAD-Zeichnungen und Stücklisten kommen nämlich Berechnungs- und Simulationsdaten in wachsendem Umfang hinzu. Durch den Einsatz von Mess- und Sensortechnik in der Erprobung und im Betrieb entstehen weitere erhebliche Datenmengen, die für die Entwicklung ebenfalls hochrelevant sind. Handelt es sich bei den zu entwickelnden Produkten um sogenannte cyberphysische Systeme, wie sie im Rahmen der Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten unter dem Schlagwort Industrie 4.0 diskutiert werden, so gehören zu jeder ausgelieferten Maschine große Mengen an Daten in der Cloud beziehungsweise im Internet, die sich über ihre Lebensdauer zu Massen aufsummieren.
Immer mehr Daten sind also verfügbar. Dieser Umstand ist aus Sicht der Entwicklung zu begrüßen – viele Daten versprechen Antworten auf viele Fragen. Die entscheidende Frage ist nun, inwiefern sich diese Daten über die bisherigen Möglichkeiten hinaus nutzen lassen: Hält ein Bauteil in der Praxis wirklich so lange, wie die Simulation ergeben hat oder muss ich meine Berechnungsverfahren korrigieren? Stimmen die Messungen im Versuch mit den Simulationsdaten überein und sind meine Berechnungen bereits so zuverlässig, dass sich Versuche erübrigen? Kann ich gar die Auslegung für die nächste Maschinengeneration kundenspezifisch aufgrund von Nutzungsdaten durchführen? Lassen sich Schadensmuster aus den Daten vorhersehen und kann ich sie künftig schon in der Planung vermeiden?
Die Antworten sind häufig tief in den Datenmassen verborgene Schätze. Manchmal sind sie wie die Nadel im Heuhaufen: Man sucht eine spezielle Information in einer großen Datenmenge. Manchmal geht es auch darum, ein Muster zu erkennen, wie etwa ein Wellenmuster auf einer Wasserfläche. Damit werden Produktdaten zunehmend zu Big Data – also Datenmengen, die sich nicht mehr mit den herkömmlichen Methoden des Datenmanagements handhaben lassen.
Eine wesentliche Herausforderung besteht darin, den Daten eine Bedeutung mitzugeben beziehungsweise ihre Bedeutung zu verstehen. Das geht über die bekannte Wortsuche in Suchmaschinen weit hinaus. Handelt es sich nämlich um numerische oder graphische Daten, so erschließt sich die Bedeutung nicht mehr aus dem direkten Kontext des Datums sondern erst im größeren Zusammenhang. Semantisches Produktdatenmanagement in Verbindung mit Datamining ist damit ebenso gefragt wie eine geeignete Visualisierung räumlicher Strukturen und abstrakter Informationen.
Dabei ist es unerlässlich, Daten aus verschiedenen Quellen im Blick zu haben. Der klassische Arbeitsplatz mit Bildschirm und Tastatur reicht hier künftig nicht mehr. Auch der zweite oder dritte Bildschirm könnte bald nicht mehr ausreichen. Der „nLightened Workplace“ kann Daten aus verschiedenen Quellen in der Arbeitsumgebung darstellen. Die Fenster des Desktops werden auf mehreren räumlich verteilten Displays um den Benutzer herum angeordnet und können auch gedreht werden. Neben der Interaktion über Maus und Tastatur ist Multi-Touch-Bedienung und 3D-Interaktion über verschiedene Eingabegeräte möglich: Dies erlaubt den jeweils optimalen Umgang mit den Daten. Der innovative Arbeitstisch ist höhenverstellbar und erlaubt auch die ergonomische Anpassung an wechselnde Arbeitssituationen.
Es geht aber nicht nur um den Arbeitsplatz. Um die Zusammenhänge zu verstehen, ist die interaktive Zusammenarbeit im interdisziplinären Team notwendig. Hier geht der Trend vom herkömmlichen Besprechungszimmer zum digitalen und sozialen Interaktionsraum. Die Teilnehmer bringen ihre Daten mit oder stellen sie über Netzwerke bereit, präsentieren und diskutieren sie vor Ort. Wichtig ist dabei auch der Erlebnisaspekt – die Konfrontation mit der geplanten zukünftigen Wirklichkeit des Produkts in seinem Kontext. Im „Immersive Engineering Lab“ im Zentrum für Virtuelles Engineering am Fraunhofer IAO ist ein solcher Raum realisiert. Hier ist das Erleben der virtuellen Realität nach Art des „Holodecks“ mit 3D-Brille ebenso möglich wie das Verteilen von Daten aus verschiedensten Quellen auf einer nahtlosen Projektionswand.
Dr. Manfred Dangelmaier Leiter Geschäftsfeld Engineering-Systeme am Fraunhofer IAO, Stuttgart
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