Startseite » Technik » Entwicklung »

Wie man’s dreht und wendet

Neues Antriebskonzept macht NC-Rundtische dynamisch und flott
Wie man’s dreht und wendet

Antriebstechnik | Einfacher, aber ebenso präzise sollte der neue Antrieb die Bauteile auf den NC-Rundtischen von Demmeler drehen und positionieren. Der Allgäuer Hersteller fand seine DuoDrive genannte Lösung im MSR-System von Redex Andantex.

Große Dynamik und hohe Leistung sind die zentralen Anforderungen, die Werkzeugmaschinenhersteller und -anwender an NC-Rundtische stellen. Wenn solche Dreh- und Drehverschiebetische bis 12 m Durchmesser und Tragkräfte bis 500 t erreichen, haben oft Entwickler und Produktionsexperten der Demmeler Automatisierung & Roboter GmbH in Heimertingen ihre Hände im Spiel. Die Allgäuer sind spezialisiert auf diese anspruchsvollen Bauteile. Abnehmer sind häufig Hersteller von Großbearbeitungszentren, mit denen etwa Gehäuse von Windkraftanlagen oder von Großgetrieben in einer Aufspannung bearbeitet werden können. Aber auch kleinere NC-Rundtische gehören zum Programm von Demmeler.

Neben der Lagerung, die bei den schweren Drehtischen hydrostatisch ausgeführt wird, ist die Präzision des Antriebs entscheidend. Schließlich muss die Drehbewegung auch dann exakt ausgeführt werden, wenn tonnenschwere Lasten während der Fräs- oder Drehbearbeitung zu bewegen sind. Nur dann ist gewährleistet, dass die Bearbeitungsprozesse in der gewünschten Genauigkeit erfolgen. Zudem wirken während des Fräsens oder Drehens hohe Kräfte auf das Werkstück ein, die der Drehtisch und sein Antrieb aufnehmen müssen. Dadurch ist die Belastung dieses Antriebssystems sehr hoch.
Bisherige Lösung effektiv, aber aufwendig
Die bisherige Lösung war effektiv, aber aufwendig. Üblicherweise wird als Drehtischantrieb eine Kombination aus einem Hauptantrieb für die Drehbearbeitung und – meist spielfreie – Servogetriebe für die Bewegung der C-Achs-Funktion verwendet. In dieser Konfiguration liefert der Hauptantrieb das gesamte Antriebsmoment, das kontinuierlich auf den Drehtisch mit der Spindel übertragen wird. Meistens wird die Leistung über ein Stirnradgetriebe mit zwei Gängen übertragen. Dieser Antrieb stellt hohe Drehmomente bei niedrigen Drehzahlen für die Bearbeitung des rohen Werkstücks aus Stahl oder Gusseisen bereit und ermöglicht hohe Geschwindigkeiten für die Fein- und Endbearbeitung. Beim Fräsen liefert der Servoantrieb der C-Achse bei niedriger Geschwindigkeit 100 % des Drehmoments. Wird der Rundtisch bewegt, müssen die beiden Ritzel entkoppelt und der Hauptantrieb in die Leerlaufposition geschaltet werden.
Zweifellos bewährt sich dieses Antriebskonzept in der Praxis, und Demmeler hat es bis zur Perfektion weiterentwickelt. Da es aber komplex und auch relativ teuer ist, suchten die Ingenieure nach einer Alternative. Diese sollte eine mindestens ebenso hohe oder gar bessere Präzision ermöglichen, zugleich aber einfacher im Aufbau sein.
Es dauerte nicht lange, und der Drehtischspezialis t wurde in Frankreich fündig. Eine solche, MSR-System genannte Lösung hat Redex Andantex zur Serienreife entwickelt. Der Hersteller von Präzisionsantrieben für Werkzeugmaschinen vereint in diesem System beide Antriebsfunktionen, die Demmeler benötigt – und erfüllt damit das Kriterium der wesentlichen Vereinfachung.
Grundaufbau des Systems: Zwei identische Getriebezüge (Zwillingsritzel), bestehend aus Antriebsmotor, MSD-Schaltgetriebe und Winkelgetriebe, teilen sich während der Drehbearbeitung die Last im Verhältnis 50:50. Beide Antriebe drehen also in dieselbe Richtung. Beim spielfreien Fräsen oder Positionieren werden die Antriebe elektrisch verspannt. Dann führt ein Antrieb die Bewegung aus, während der andere bremst. Dazu bezieht die Antriebssteuerung von der Gesamtsteuerung – etwa von einem Siemens- oder einem Fanuc-CNC-System – ein Motor-Vorspannmoment, welches das Spiel zwischen zwischen Ritzel und Zahnkranz sowie das Getriebespiel ausgleicht. Diese Lösung ermöglicht laut Firmenangaben ein sehr genaues Positionieren und erlaubt damit die Integration von zusätzlichen Funktionen der C-Achse ohne zusätzliche mechanische Antriebskomponenten.
Für den neuartigen Antrieb hat Redex ein einbaufertiges System entwickelt, das ein Zweigang-Schaltgetriebe vom Typ MSD mit einem spiralverzahnten Kegelradgetriebe der Serie R kombiniert. Das hochintegrierte und kompakte System ist direkt einbaubar, das Kegelradgetriebe kann entsprechend dem Maschinenaufbau optional entfallen.
Da das Antriebssystem für Drehmomente bis 9000/18000 Nm angeboten wird (in diesem Fall stellen zwei 100-kW-Motoren das nötige Drehmoment bereit), lassen sich auch sehr große Werkstücke präzise bewegen und mit sehr geringen Toleranzen bearbeiten. Bei einem Ritzel/Zahnkranz-Verhältnis von etwa 2 bis 5 sind Drehtisch-Drehmomente von über 400 000 Nm möglich, und es wird eine Gesamtübersetzung (Getriebe plus Ritzel/ Zahnkranz) von 217/57 erreicht. Die Kopplung des Antriebs mit der NC-Steuerung gewährleistet eine Koordination der Bewegungs- und Bearbeitungsvorgänge.
Demmeler setzt den Antrieb unter dem Namen Duo Drive in der jüngsten NC-Drehtischgeneration ein. „Die neue Lösung ist deutlich einfacher und wirtschaftlicher – das macht unsere Drehtische noch wettbewerbsfähiger,“ bestätigt Demmeler-Konstruktions leiter Bernhard Eberhard. Die Konstrukteure müssten kein Getriebe mehr für die C-Achse vorsehen, und die Synchronisation der beiden Zahnradantriebe sowie die Koordination der Bewegungsabläufe mit dem Fräswerkzeug werde sozusagen „en passant“ von der CNC-Steuerung erledigt, also ohne zusätzliche mechanische oder elektronische Komponenten. (dk) •
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 4
Ausgabe
4.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Tipps der Redaktion

Unsere Technik-Empfehlungen für Sie

Webinare & Webcasts

Technisches Wissen aus erster Hand

Whitepaper

Aktuelle Whitepaper aus der Industrie

Unsere Partner

Starke Zeitschrift – starke Partner


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de