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Bauteile veredeln aus einer Hand

Tampondruck: Behinderte Menschen bei GWW als Problemlöser für Automobilzulieferr
Bauteile veredeln aus einer Hand

Ihre Kompetenz und Flexibilität haben der Gemeinnützigen Werkstätten und Wohnstätten GmbH (GWW) einen weiteren neuen Geschäftszweig beim Veredeln von Industrieprodukten beschert: das hochqualitative Bedrucken unebener Industrieprodukte mittels Tampondruck, das sie nach der Anfrage eines Stammkunden aus der Automobilzulieferindustrie übernahm.

Das Bedrucken kleiner und unebener Kunststoffteile für Blinker- und Wischerschalter von Volvo-Lkw per Tampondruck sollte ursprünglich ein einmaliger Service der GWW für die Robert Seuffer GmbH & Co. KG sein. Ausgangspunkt war die Anfrage des Automobilzulieferers aus Calw-Hirsau Anfang 2010, der für rund 50 000 Volvo-Lkw Blinker- und Lichthebel liefern sollte. Für das kurzfristige Bedrucken der Lenkstockschalter suchte Produktionsleiter Thomas Günther einen schnellen und zuverlässigen Partner. Der Mittelständler mit etwa 400 Mitarbeitern ist Zulieferer für Weiße Ware, Nutzfahrzeuge und Pkws. Kurzerhand sprach Günther Hartmut Schwemmle an, Bereichsleiter Arbeit bei der GWW in Nagold, die bereits seit zehn Jahren für Seuffer arbeitet und beispielsweise Elektronikmodule für Lkw-Teile vergießt. „Wegen ihrer hohen Qualität, der räumlichen Nähe und der großen technischen Kompetenz ist die GWW für uns ein hervorragender Partner“, lobt Günther die Zusammenarbeit mit der Werkstatt für behinderte Menschen.

Diese bietet als Lohnfertiger eine ganze Reihe von Dienstleistungen rund um die Veredelung von Bauteilen aus Kunststoff und Metall an: Dazu zählen, neben dem Bedrucken von Werkstücken, das Dichten, Isolieren und Verkleben mit Einkomponenten-Polyurethan und das Vorbehandeln der Oberflächen mit Openair-Plasma. Die Angebotspalette erweiterte sich in den letzten fünf Jahren schrittweise aus individuellen Dienstleistungen, die die GWW für Kundenaufträge entwickelte. Der Erfolg bewog Schwemmle und seine Kollegen dazu, die Leistungen auch anderen Kunden anzubieten. „Deshalb können wir heute eine ganze Reihe von Arbeitsschritten übernehmen und einen umfassenden Service aus einer Hand anbieten“, so der Abteilungsleiter, der sich mit seinem Angebot an produzierende Unternehmen aus der Automobilbranche, Kunststoffverarbeitung, Medizintechnik und Elektronik richtet.
Der neu hinzugekommene Tampondruck, der sich insbesondere für unebene und gewölbte Flächen eignet, gewährleistet eine optimale Farbübertragung, hohe Abriebbeständigkeit und eine große Druckgenauigkeit von 1/10 mm. Mit der Methode kann fast jedes Material dauerhaft bedruckt werden, neben Kfz-Teilen und Medizintechnik auch Heizthermostatregler, Verpackungen oder elektronische Bauteile. Für den Seuffer-Auftrag ist der zweifarbige Druck ausreichend, der Einsatz von mehr Farben ist jedoch auch möglich. Abrieb- und Kratztests ebenso wie Lasermessungen und eine vollautomatische visuelle Prozessüberwachung, bei der das gedruckte Bild mittels einer Kamera mit der Vorlage verglichen wird, tragen dazu bei, dass die Qualität 100%ig stimmt. „Wir müssen nicht nur sehr gut sein, sondern häufig bei Interessenten zusätzlich Vorbehalte gegenüber der Arbeitsqualität von Menschen mit Behinderungen überwinden“, weiß Schwemmle aus langer Erfahrung. Deshalb verfolgt die GWW eine Null-Fehler-Strategie. Zertifizierungen nach DIN EN ISO 9001 ff. und nach VDA 6.1 zeugen von der Qualität ihrer Arbeit.
In kurzer Zeit stand das Angebot für Seuffer, die GWW schaffte zügig zwei Tampondruckmaschinen an, schulte das Personal und druckt seitdem für den Kunden die Symbole auf die Blinker- und Wischerschalter. Zur schnellen Auftragsbearbeitung trug auch bei, dass alle benötigten Formen und Vorrichtungen im Hause gefertigt werden. Da eine flexible Anzahl von Personen an den Maschinen arbeitet und die Fertigung in viele Einzelschritte aufgeteilt ist, lassen sich Kapazitäten bei Bedarf schnell erhöhen. „Diese Flexibilität in der Fertigung, durch personelle Veränderungen binnen Stunden unsere Kapazitäten kostengünstig verändern zu können, ist eine unserer großen Stärken“, so Schwemmle. Beim Tampondruck kann die GWW Aufträge mit Losgrößen von eins bis einer Million übernehmen.
Als Lohnfertiger für die Industrie blickt die GWW, die im Jahr 2009 circa 60 Mio. Euro umsetzte und rund 1100 Menschen mit Behinderung Arbeit und Wohnen bietet, auf mehr als drei Jahrzehnte Erfahrung zurück. Als anerkannte Werkstatt für behinderte Menschen kann sie zudem mit einem besonderen finanziellen Anreiz werben: Nach dem Schwerbehindertengesetz darf die Hälfte der im Rechnungsbetrag enthaltenen Arbeitsleistung auf die Ausgleichsabgabe angerechnet werden, die alle Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern zahlen müssen, wenn sie nicht mindestens 5 % Schwerbehinderte beschäftigen. Für Thomas Günther von Seuffer spielt die Ausgleichsabgabe jedoch keine Rolle: „Wichtig ist für uns die Qualität der Arbeit, die wir seit vielen Jahren schätzen.“
Bereits seit rund fünf Jahren dichtet, klebt und isoliert die GWW Industriebauteile mit Polyurethan. Für Kunden aus der Automobilbranche schäumen die Mitarbeiter Einkomponenten-Polyurethan auf Pkw-Bauteile wie Heckleuchten, Blenden und Gehäuse. Auch dieses Dienstleistungsangebot entstand aus einer speziellen Problemlösung. Mercedes-Benz hatte 2006 die Fertigung eines Wartungsdeckels für Benzinpumpen europaweit ausgeschrieben. Die GWW gewann den Auftrag, da sie vorschlug, das Bauteil mit Polyurethan abzudichten, weshalb sich die Zahl der benötigten Befestigungsschrauben um ein Drittel senken ließ.
Auf eine ähnliche Art und Weise wurde das Vorbehandeln und Reinigen von Oberflächen Teil der GWW-Angebotspalette. Die Idee hierzu entstand, als beim genannten Wartungsdeckel für Benzinpumpen Aluminium statt Blech verarbeitet werden sollte. Da der Polyurethan-Schaum auf den Oberflächen nicht ausreichend haftete, suchten bei der GWW beschäftigte Entwickler, Ingenieure und Konstrukteure nach der richtigen Vorbehandlung. Sie entschieden sich für die Openair-Plasma-Methode – ein trockenes, einfaches und umweltfreundliches Verfahren, bei der die Oberflächenspannung durch berührungsfreies Beschießen mit Elektronen minimiert und die Fläche vollständig von Fetten, Ölen, Oxiden und Silikonen gereinigt wird. Unmittelbar danach ist eine Weiterverarbeitung möglich. Der Erfolg des Auftraggebers führte dazu, dass das Openair-Plasma-Reinigen in den GWW-Leistungskatalog übernommen wurde und heute von Kunden aus der Automobil- und Elektronikbranche genutzt wird.
Stephan Auch Freier Journalist in Nürnberg
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