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Arbeitsorganisation: Neue Unternehmenskultur in der smarten Fabrik

Neue Unternehmenskultur in der smarten Fabrik
Coaching statt Kontrolle

Um die Potenziale der Digitalisierung auszuschöpfen, müssen auch Arbeitsweisen und Kompetenzen angepasst werden. Die Metav digital zeigt Lösungen für Arbeitsprozesse, die die Befugnisse und die Aufgabenfelder sowohl der Werker als auch der Führungskräfte erweitern.

» Robert Schmauß, freier Journalist, Frankfurt/M.

Die Digitalisierung und Vernetzung ganzer Werkshallen und die neuen Abläufe in Industrie 4.0-Szenarien stellen immer drängender die Frage, welche Rolle der Mitarbeiter in dieser Umgebung spielt und wie sein Vorgesetzter mit ihm umgehen muss. Vor allem die Dynamik in Produktionslinien, die durch künstliche Intelligenz unterstützt werden, bedingt, dass der Mensch an der Maschine mit mehr Entscheidungskompetenz und mehr Verantwortung ausgestattet werden muss, als so manches Organigramm vorsieht. Die Führungskraft, ihrerseits durch Algorithmen von Routinetätigkeiten entlastet, muss Abschied nehmen von den klassischen Kontrollfunktionen und sich mehr in der Rolle des Coachs profilieren. Industrie 4.0 wird weitreichendere Konsequenzen haben, als viele denken. Die virtuelle Messe Metav digital präsentiert vom 23. bis 26. März 2021 Lösungen zu den Themenfeldern Industrie 4.0. und Arbeit 4.0.

„In den vergangenen acht Jahren haben wir bei Industrie 4.0-Projekten festgestellt: Technologisch und planerisch haben wir das gut konzipiert, aber es muss vom Mitarbeiter auch akzeptiert werden“, gibt Prof. Gisela Lanza, Leiterin des wbk Instituts für Produktionstechnik im Karlsruher Institut für Technologie und Mitglied der WGP (Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktionstechnik), die Parole aus. Das Thema Arbeit 4.0 hat sich wie selbstverständlich auf die Agenda gesetzt, die Wissenschaftler mussten über Akzeptanz, Motivation und neue Rollenverteilungen in der digitalisierten Fabrik nachdenken. Eindeutiges Ergebnis bislang: 100 Mio. Euro schwere Förderprogramme für Autonomik und Smart Services, 26 vom Bundeswirtschaftsministerium geförderte Mittelstandskompetenzzentren und über 300 Anwendungsbeispiele in der Produktion bestätigen auch im Zeitalter von Algorithmen und künstlicher Intelligenz die 2500 Jahre alte Weisheit des griechischen Philosophen Protagoras: Der Mensch ist das Maß aller Dinge.

In der Produktion erfordern vor allem die Ist-Zeit-Steuerung und die Algorithmus-gestützte Überwachung schnelle Entscheidungen. Die ifp-Software GmbH in Aachen bietet ein Programm fürs Vernetzen und Optimieren von Produktionsstraßen an und präsentiert dessen Möglichkeiten auf der Metav digital. Mithilfe von Zeitreihen errechnet ein Algorithmus wahrscheinliche Fehlerquellen und sendet sie sekundenschnell zum Werker. Das System erreicht eine um bis zu 30 % höhere Anlagenleistung – und motiviert zudem die Mitarbeiter. Es arbeitet in Ist-Zeit.

Ein gut trainierter Algorithmus kann innerhalb von Sekunden Lösungsvorschläge aufzeigen. Muss der Arbeiter mit dieser Information aber erst die Weisung des Meisters einholen, ist der Zeitvorsprung verspielt. Heißt im Klartext: Um die Möglichkeiten von KI-Anwendungen in der Praxis auszuschöpfen, muss der Mitarbeiter weitreichender entscheiden dürfen, aber auch mehr vom Gesamtsystem verstehen.

Die Exapt Systemtechnik GmbH in Aachen entwickelt und vertreibt CAM-Systeme und bietet zusätzlich eine intelligente Betriebsmittelverwaltung für die zerspanende Industrie. Das komplexe Programm hat unter anderem intelligente Arbeitsabläufe hinterlegt, so dass Werkzeuganforderungen, Lagerbewegungen und Rüstoptimierungen automatisch ablaufen. Dadurch erreicht die Softwareschmiede bis zu 30 % Produktivitätssteigerung. Aber auch hochmoderne CAM-Anwendungen laufen nur dann effektiv, wenn der Mensch an der Maschine eine größere Verantwortung und unmittelbare Entscheidungsbefugnis hat. Das Exapt-System erlaubt einen Probelauf mit einem digitalen Zwilling. Der Mechaniker sieht schnell, ob ein Werkzeug beispielsweise die Oberfläche zerkratzen oder der Vorschub zu groß ist. Dann meldet er das sofort an die CAD-Programmierer zurück. So verbindet die Software Menschen an den unterschiedlichsten Stationen im Zerspanprozess.

Neue Rolle der Führungskraft

Doch nicht nur der Produktionsmitarbeiter, auch sein Vorgesetzter ist mit neuen Anforderungen konfrontiert. Im interdisziplinären Verbundprojekt teamIn haben WGP-Wissenschaftler die neue Rolle der Führungskraft im Fokus. Sie verfolgen vier Teilziele: Es gilt, digitale Leitungsinstrumente zu entwickeln, einen KI-Agenten, der Vorgesetzte von alltäglicher Routine entlastet. Zudem hat sich das Team vorgenommen, moderne Führungssysteme zu gestalten und die Auswirkungen auf Rollenbilder und Kompetenzanforderungen zu untersuchen. Im letzten Schritt entwerfen sie einen Transformationsprozess. Die Ergebnisse werden in Lernwerkstätten eingespielt und sollen allen in Deutschland ansässigen Unternehmen zugänglich sein. In den Werkstätten simulieren die Forscher sogar neue Hierarchiemodelle, etwa wenn es keinen Chef mehr gibt und die Mitarbeiter den Shopfloor selbst organisieren müssen.

Einige Trends können die Wissenschaftler heute schon ausmachen: Die Systemgrenzen für den Einzelnen werden ausgeweitet. Der Mechaniker, der bisher nur eine Maschine bedient hat, wird in Zukunft die ganze Linie orchestrieren, „der Meister wird statt nur der Linie das ganze Werk betreuen, und der Werksleiter ist verantwortlich für die gesamte Supply Chain. Die intelligenten Systeme sammeln Erfahrungswissen an, das früher beim Meister angesiedelt war. Ein gut trainierter Algorithmus demokratisiert Fachwissen.“

Das hat natürlich Auswirkungen auf die Unternehmenskultur. Klassische Top-Down-Entscheidungswege und komplexe Hierarchien sind für agile, von intelligenten Assistenzsystemen unterstützte Produktionsgruppen zu schwerfällig. Die Führungskraft selbst wandelt sich vom Anweiser zum Coach. Die lernenden Systeme übernehmen mehr und mehr die klassische Lösungskompetenz des Meisters, die Arbeiter an der Maschine lösen viele Probleme selbst. Dafür brauchen sie den Vorgesetzten weniger als Kontrollinstanz, eher als Assistenz und Hilfestellung.

www.metav-digital.de

Kontakt:

VDW Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken e.V.
Lyoner Str. 14
60528 Frankfurt am Main
www.vdw.de

www.metav-digital.de

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