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Damit der Auspuff nichts zu wünschen übrig lässt

Rohrbiegen: „Perfekte“ Abgasrohre für Premium-Geländewagen
Damit der Auspuff nichts zu wünschen übrig lässt

Mit vollelektrischen Maschinen von Silfax schafft der Rohrsystem-Zulieferer Ulmo bei Abgasrohren für Premium-Geländewagen besonders enge Biegeradien. Und dies präzise und reproduzierbar.

Wenn es um die komplexen Endrohre von Abgassystemen für die SUVs zweier renommierter Hersteller geht, kann die Ulmo Verfahrenstechnik-GmbH als derzeit einziges Unternehmen die Anforderungen der anspruchsvollen Kunden erfüllen. Hierzu verhelfen dem Nagolder Rohrsystem- und Komponenten-Zulieferer besonders leistungsfähige vollelektrische Rohrbiegemaschinen.

Die Nord-Schwarzwälder bieten Komplettlösungen für industrielle Anwendungen. Zu ihrem Leistungsspektrum gehören Entwicklung, Prototyping, Serienproduktion und Ersatzteillieferung von gebogenen Rohren im Durchmesserbereich von 4 bis 80 mm bei Radien bis unter 0,8 x D sowie von dünnwandigen Produkten bis 0,4 mm Wanddicke. Schwerpunkt ist die Herstellung kundenspezifischer Rohrsysteme für die Automobilindustrie. Hierbei kommt es besonders auf hochpräzise und reproduzierbare Biegeradien an.
„Die Produktion kundenspezifischer Abgasrohrsysteme für Automobile muss heute schnell, zuverlässig und funktionssicher just-in-time erfolgen“, sagt Jürgen Ullrich, Geschäftsführer und Gesellschafter der Ulmo-Gruppe. Dabei ist das sichere, rissfreie Biegen von Stahl- und Edelstahlrohren ganz unterschiedlicher Durchmesser und Wanddicken zu Vorder-, Mittel- oder Endrohren ein komplexer Prozess. „Prozesssicherheit in der Herstellung, perfekte Passungen und die lange Haltbarkeit der Auspuffanlagen samt aller Anschlüsse und Flansche sind für den weltweiten Automobilmarkt, der Millionen Abgassysteme jährlich benötigt, unabdingbar. Da können Sie sich keinen Fehler erlauben“, betont der erfahrene Praktiker.
Abgassysteme in Automobilen erfüllen heute vielfältige Aufgaben im Bereich Geräuschdämmung, Abgasrückführung und vor allem Schadstoffreduktion. So setzt zum Beispiel Mercedes in seinen Premium-Modellen doppelwandige Rohre ein, um die Geräuschdämmung zu verbessern. Hierzu werden zwei unterschiedlich dicke Rohre ineinander geschoben und anschließend gebogen. Eine immer größere Rolle – vor allem bei der Endrohr-Gestaltung – spielen Design-Aspekte. Grundsätzlich müssen die Materialien belastbar und langlebig sein und dürfen trotz der Suche nach Gewichtseinsparung und geringerer Wanddicke im Außenradius nicht reißen und im Innenradius keine Falten werfen. „Die Biegeradien sind die kritischen Bereiche der Abgasrohre“, weiß Martin Ungericht, Technischer Leiter bei Ulmo. „Sie bestimmen über die Wanddicke des gesamten Rohres.“ Hier werde ständig nach Verbesserungen gesucht.
Verbesserungen sind auch auf fertigungstechnischer Seite erforderlich: Wo früher mit hydraulischen Maschinen gebogen wurde, setzt Ulmo heute vollelektrische Systeme der Silfax-Gruppe, Vourles/Frankreich, ein. „Schnelligkeit, Genauigkeit und Zuverlässigkeit sind deutlich besser“, hebt Ungericht hervor. „Aber auch prozesstechnisch haben die Vollelektrischen etliche Vorteile.“ So erlauben elektrisch angesteuerte Servoachsen bei Rohren mit kleinen wie großen Durchmessern gesteigerte Verfahrgeschwindigkeiten bei gleichzeitig höherer Präzision. Bei den eingesetzten Silfax-Maschinen, zum Beispiel, sind es bis zu 112 m/min bei einer Zustellgenauigkeit von ± 0,05 mm. Absolutwertgeber sorgen auch bei Winkelverdrehung und Dornrückzug für exakte Ergebnisse. Außerdem lassen sich mehrere Servoachsen simultan verfahren, was sich positiv auf die Zykluszeiten auswirkt.
Die genannten Eigenschaften sorgen nicht nur bei Maschinen für Rohre mit kleinen und mittleren Durchmessern für sehr gute Ergebnisse, sondern auch bei stärkeren Systemen für große Durchmesser. Dies demonstrierte Silfax kürzlich mit der Vorstellung seiner vollelektrischen SE 9127 für Durchmesser bis 127 mm. Eine Maschine für Rohre bis 157 mm Durchmesser steht kurz vor der Fertigstellung. „Dies ist dann durch die Kombination mit einem vollautomatischen Werkzeugwechsler weltweit einmalig“, verkündet Silfax-Chef Gabriel Dumontet stolz.
Die Nagolder entschieden sich für Systeme von Silfax, weil sie von Technik, Kompetenz und Erfahrung der Franzosen überzeugt sind – so überzeugt, dass sie gleich eine Vertriebsfirma für Silfax-Maschinen in Deutschland gründeten: die Ulmo Rohrbearbeitungssysteme-GmbH.
Im Produktionseinsatz sind bei Ulmo derzeit vier vollelektrische Anlagen des Typs Silfax 976 mit neun Achsen für Rohre bis 76 mm Durchmesser. Per Knopfdruck werden die abgespeicherten Biegeprogramm- und Werkzeugdaten mit der Siemens-840D-Steuerung geladen, und die Einheiten sind in weniger als 5 min gerüstet. Der Wechsel der drei Biegeebenen erfolgt im Bearbeitungsprozess durch Z-Achsenverschiebung mit einem Verfahrweg von bis zu 220 mm. „Wir schätzen die hohe technische Verfügbarkeit und den niedrigen Geräuschpegel der vollelektrischen Maschinen ohne Hydraulikfunktionen“, merkt Ungericht an. Geringe Prozess- und Instandhaltungskosten sowie Schnittstellen für externe Systeme wie RS232, RS422 oder Ethernet machen die Systeme darüber hinaus flexibel. Zudem lassen sie sich leicht in automatisierte Zellen integrieren.
Derzeit fertigt Ulmo auf den vier Maschinen ein sehr komplexes Auspuff-Endrohr für die Premium-Geländewagen VW Tuareg und Audi Q7. Das Endstück aus Edelstahl 1.4301 (V2A) mit 1,5 mm Wanddicke und 65 mm Durchmesser besitzt eine schwierig zu fertigende Form. Auf sehr kurzer Strecke sind zwei besonders enge Radien zu biegen: Je ein Bogen von 42° und 132° auf 60 mm Radius. Der zweite Bogen wird zunächst auf 136° gebogen, doch aufgrund der Rückfederung des Materials bleibt er bei 132° „stehen“. Der Radius ist mit dem 0,9-fachen des Durchmessers kleiner als eins – eine der großen Herausforderungen beim Rohrbiegen. „Die hohen Ansprüche einer Bogen-in-Bogen-Fertigung und eines Radius kleiner eins mal Durchmesser erfordern große Erfahrung und beste Maschinen“, betont Jürgen Ullrich. Sein Unternehmen kann als derzeit einziges die Kunden-Anforderungen überhaupt erfüllen. „Als wir 2004 erstmals Rohre mit Biegungen vom 0,7-fachen des Durchmessers geformt haben, war das ein bisschen so, als hätten wir die Physik außer Kraft gesetzt“, schmunzelt Ullrich.
Das Abgas-Endrohr für die SUVs wird beim Zuführen auf Gleitlagern geführt, Dorn und Glieder arbeiten mit hohen Rückzugskräften. Der Booster, der das Rohr zuführt, schiebt es während des Biegevorgangs mit einer Kraft von 60 000 N nach, damit stets genug Material zur Verfügung steht und es in den Außenradien keine Risse gibt. Die Zykluszeit für die beiden Bogen liegt mit 12 s sehr niedrig.
Aus einem Rohrstück werden immer zwei Endstücke gebogen, die dann in einem weiteren Arbeitsgang getrennt werden. Das abschließende, ebenfalls sehr komplizierte Aufweiten der letzten Zentimeter des Auspuff-Endstücks, das aus Designgründen erfolgt, beendet den Fertigungsprozess. Nach Reinigung und anderen kleinen Veredelungsschritten ist das Produkt versandfertig. Derzeit fertigt Ulmo auf den Silfax-Maschinen pro Jahr rund 160 000 der „perfekten“ Abgas-Endrohre.
Jürgen Fürst Journalist in Fellbach
Design-Aspekte spielen eine immer größere Rolle
Zykluszeit für zwei Bogen beträgt 12 s
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