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Den Prozess sicher im Griff

Hochleistungswerkstoffe und digitalisierte Abläufe im Fokus
Den Prozess sicher im Griff

Präzisionswerkzeuge | Kurz vor der AMB scheinen auch in der Werkzeugtechnik zwei Themen besonders heiß: Das Bearbeiten schwer zerspanbarer Werksoffe und die digitalisierte Fertigung. ❧ Mona Willrett

Vor dem Hintergrund der CO2-Problematik und dem damit verbunden Zwang, den Verbrauch zu senken, ist extremer Leichtbau ein zentrales Anliegen der Automobilhersteller. Und auch verbrauchsarme Motoren mit hoher Leistungsdichte sind ohne warmfeste Werkstoffe nicht denkbar. Immer häufiger kommen deshalb Materialien zum Einsatz, die Zerspaner vor erhebliche Herausforderungen stellen. Das Bearbeiten moderner, schwer zerspanbarer Hochleistungswerkstoffe ist deshalb ein zentrales Thema der diesjährigen AMB. Die Stuttgarter Messe für Metallbearbeitung startet am 13. September. Die Hersteller von Zerspanwerkzeugen werden dort viele Neuheiten vorstellen, um diesen Anforderungen gerecht zu werden. Sie haben in den letzten Jahren durch optimierte Schneidstoffe, Geometrien und Beschichtungen erhebliche Leistungssteigerungen ihrer Produkte realisiert. Und laut Andreas Vollmer, Vertriebsleiter der Tübinger Paul Horn GmbH (Halle 1, Stand I16), ist hier das Entwicklungspotenzial noch lange nicht ausgeschöpft.

Geradezu prädestiniert für den Leichtbau ist der Werkstoff CFK. Noch sind es vor allem teure Hochleistungsfahrzeuge, in denen dieses Material zum Einsatz kommt. Mit steigernder Erfahrung in der Serienfertigung und größeren Verarbeitungsmengen sowie dem wachsenden Druck, den CO2-Ausstoß zu minimieren, wird es jedoch auch für Mittel- und Großserienfahrzeuge interessant. „Um die optimalen Bohr- und Fräswerkzeuge fürs Bearbeiten von CFK auszulegen, stehen neben der Prozesssicherheit vor allen die Standzeit der Werkzeuge und die Delamination am Werkstück im Fokus der Entwickler“, sagt Peter Müller-Hummel. Zudem sei die Lärmentwicklung beim Fräsen zu beachten. „Mit speziell dafür ausgelegten Werkzeugen, dem spezifischen Know-how und entsprechenden Dienstleistungen bieten wir unseren Kunden sowohl hinsichtlich der wirtschaftlichen Bearbeitung als auch der Prozesssicherheit in der Großserie die passenden Lösungen“, ergänzt der Leiter des Bereichs Aerospace und Composites bei der Aalener Mapal Dr. Kress KG (Halle 1, Stand D12).
Ein anderer Ansatz, die steigenden Anforderung in der Zerspanungstechnik sicher im Griff zu behalten, ist die zunehmende Digitalisierung, die auch in der Präzisionswerkzeugbranche längst Einzug gehalten hat. „Die Prozesse sollen transparenter, effizienter und sicherer werden sowie möglichst einfach umzusetzen sein“, sagt Mirko Merlo, Vorstandsvorsitzender der Tübinger Walter AG (Halle 1, Stand G32), dessen Unternehmen das Thema Prozessoptimierung auf der AMB in den Mittelpunkt stellen wird. Und auch Sandvik Coromant (Halle 1, Stand E52) will Lösungen präsentieren, die die Transformation in eine vernetzte Zukunft erleichtern. Im Fokus stehen dabei die Analyse der Werkzeug- und der Prozessdaten, auf deren Basis sich die Fertigungsumgebung optimieren und die Profitabilität steigern lassen. „Im Vergleich mit Werkzeugen, die sich selbst identifizieren und Informationen über ihren Zustand und ihre Aktivitäten übermitteln, sind bisherige Maßnahmen aber kleine Schritte“, sagt Dr. Niklas Kramer, Leiter des Produktmanagements bei Sandvik in Düsseldorf.
Das Assistenzsystem ToolScope, das über eine Werkzeugbruch- und Verschleißüberwachung hinaus geht, mache aus der Maschine ein Industrie-4.0-fähiges Produktionssystem, verspricht die Besigheimer Komet Group (Halle 1, Stand B12). Auf der AMB präsentiert der Werkzeughersteller die neueste Version, die sich insbesondere durch Flexibilität und Anwenderfreundlichkeit auszeichnen soll. So kann der Kunde die Funktionen von ToolScope ganz nach Wunsch wählen und das System auch mit mobilen Endgeräten bedienen.
Das Assistenzsystem überwacht und dokumentiert während des Prozesses maschineninterne Signale wie etwa das Drehmoment einer Spindel oder die Vorschubkraft einer Achse. Darüber hinaus erfasst es Ereignisse wie Werkzeugwechsel oder Maschinenstillstände. In Verbindung mit Kenntnissen bezüglich sogenannter Prozesskennzeichner wie Programmen, Werkzeugen oder Satznummern, die aus der Steuerung ausgelesen werden, ist die Software in der Lage, nach dem Prozess Kenngrößen zu berechnen und Trends abzuleiten.
Um ToolScope für den Anwender möglichst nutzbringend zu gestalten, hat Komet verschiedene Apps entwickelt. Zum Angebot gehören unter anderem ein automatisches Schichtenbuch, ein Werkzeugwechsellog, eine Lösung zur adaptiven Vorschubregelung sowie eine eigene Cloud-Datenbank-Funktion. Der Kunde kann sich sein System ganz nach Bedarf zusammenstellen und die einzelnen Elemente separat lizenzieren. Ab Herbst 2016 ist die Handhabung noch flexibler. Der Anwender kann dann sein maßgeschneidertes Assistenzsystem zusätzlich über mobile Endgeräte wie Tablets und Smartphones visualisieren und bedienen.
Den Nutzen, den das Assistenzsystems ToolScope bringen kann, zeigt Komet anhand eines Beispiels: Werkzeug- und Prozessexperten der Besigheimer ist es demnach gelungen, mit ToolScope-Applikationen die Standzeit eines Wendeschneidplattenplanfräsers zu verdreifachen. Zudem habe sich die Taktzeit bei der Vorbearbeitung deutlich reduzieren lassen. Durch die Einsparungen habe sich das Assistenzsystem in weniger als einem Jahr amortisiert.
Die automatisierte Maschinenbeladung und der Trend zur Industrie 4.0 sind auch aus Sicht von Dr. Markus Klaiber, Technischer Geschäftsführer der Schunk GmbH & Co. KG (Halle 1, Stand G12), zentrale Themen der diesjährigen AMB. „Moderne Werkzeugmaschinenkonzepte müssen drei zentrale Faktoren berücksichtigen: kürzeste Zykluszeiten, eine maximale Anlagenverfügbarkeit sowie die Möglichkeit, sehr flexibel auf Produktmodifikationen und Nachfrageänderungen zu reagieren.“ Der Fertigungsprofi sieht dabei vor allem beim Mittelstand Handlungsbedarf: „Gerade Unternehmen mittlerer Größe können schnell ins Hintertreffen geraten, wenn sie nicht rechtzeitig Automatisierungs-Know-how aufbauen und systematisch in flexible Fertigungssysteme investieren.“ Die spanende Fertigung stehe vor der Herausforderung, dass immer öfter in möglichst wenigen Operationen und mit minimalen Rüstzeiten ein großes Teilespektrum abgedeckt werden müsse. „Dies wird aber nur dann wirtschaftlich gelingen, wenn sämtliche Effizienzpotenziale konsequent genutzt werden.“
Industrie 4.0 ist aus Sicht der Lauffener weniger ein kurzfristiger Hype als vielmehr die konsequente Fortführung einer jahrzehntelangen Entwicklung. „Produktionssysteme von morgen werden erstklassig vernetzt sein und unter anderem auch mithilfe der Spannmittel und Greifsysteme permanent sowohl den eigenen Status als auch den ihrer Umwelt erfassen“, blickt Klaiber voraus. „Wir sind mit Industrie 4.0 einen großen Schritt weiter, sobald automatisierte, autonome Systeme Störungen selbst beheben können.“ Die Komponenten von Schunk sollen hier einen wichtigen Beitrag leisten: „Mit intelligenten Greifern haben wir die Chance, direkt am Werkstück Fehler schnell wahrzunehmen und im Zusammenspiel mit der übergeordneten Leittechnik und intelligenten Spannmitteln den Fertigungsprozess live zu optimieren.“ Selbst kleinste Losgrößen sollen sich auf diese Weise künftig hocheffizient automatisiert fertigen lassen.
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