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„Effiziente Automation kann Kosten um bis zu 30 Prozent beeinflussen“

Batterieexperte Johannes Strasser zum Ausbau des Elektromobil-Standbeins bei Festo
„Effiziente Automation kann Kosten um bis zu 30 Prozent beeinflussen“

Dipl.-Ing. Johannes Strasser, globaler Koordinator Elektromobilität des Automatisierungsspezialisten Festo, über die Möglichkeiten smarter Automatisierungslösungen in der Batteriefertigung.

Wie ist Festo als Automatisierungstechnikanbieter vorgegangen, um sich das Feld der Lithium-Ionen-Batteriefertigung zu erschließen?

Gestartet sind wir mit dem Ziel herauszufinden, wo der Markt stattfindet, wie groß er ist und welche Produkte wir entwickeln. Gespräche mit unseren Endkunden, den Batterieherstellern, ergaben, dass sehr viel Sonderanlagenbau gefordert sein wird, vor allem bei der Zellmontage. Umso mehr kommt Festo seine Prozessautomationssparte zugute, die Ausgangspunkt dieser Aktivitäten ist. Sodann haben wir die Herausforderungen unserer letzten Projekte geprüft. Grundsätzlich hinterfragen wir, was zu unseren Technologien, die wir beherrschen, passen würde. Ein Beispiel ist auch die Photovoltaik, mit der wir gute Erfahrungen gemacht haben. Auch hier gibt es eine Analogie zur Batterieherstellung.
Welchen Technologieansatz verfolgt Festo bei der Batteriesystemherstellung?
Festo ist Systemanbieter, aber kein Maschinenbauer. Die Ausrichtung erfolgt über Industriesegmente, in denen wir Schlüsselanwendungen definieren. Damit wollen wir unsere Kunden unterstützen, effektiver zu werden. Und wir reduzieren ihr Risiko, indem wir ihnen Module bereitstellen. Für einen Kunden bedeutet das: ein Preis, ein Liefertermin und keine 100 Positionen, die er nachverfolgen muss. Das ist der Festo-Ansatz, der auch für die Elektromobilität gilt.
Wo sind Ihre Ansatzpunkte im Produktionsablauf einer Batterie?
Im Herstellprozess wird der Anteil der elektrischen Antriebe aufgrund der vielen Handling-Applikationen stark zunehmen. Auch hier sichten wir unsere Produkte, die für den jeweiligen Einsatzfall passen könnten. So zielt beispielsweise eine Applikation auf den Formation-Prozess. Das heißt, ist die Zelle gefertigt, wird sie mit Elektrolyt befüllt, geladen und entladen sowie die Gasblase abgetrennt. Dieser Prozess erfordert Prüfbänke. Hierfür bietet Festo eine smarte Pick-to-Vision-Lösung als einbaufertiges Auslegerhandling. In einem Portal steuert ein Bildverarbeitungssystem mit integrierter SPS elektrische Achsen bei hohen Geschwindigkeiten exakt an die gewünschten Positionen. Dieses Handlingsystem setzt beispielsweise der Weltmarktführer von Anlagen zum Prüfen von Harddisks ein. Was wir für die Elektronikindustrie entwickelt haben, lässt sich so auf die Elektromobilität übertragen.
Dafür neue Technologien zu entwickeln, ist aus Ihrer Sicht nicht erforderlich?
Alle unsere Standardprodukte lassen sich auch bei der Batterieherstellung einsetzen. Natürlich adaptieren wir die vorhandene Technik auf das neue Einsatzfeld. Dazu gehören auch Versuche im Trockenraum, wo wir Erfahrungen gewinnen konnten über Projekte mit Kunden. Derzeit sind wir dabei, diese auf ein entsprechendes Level zu bringen, um in einer Testumgebung, also in einem Nichtproduktionsumfeld, Versuche durchzuführen. Aus Asien etwa erhalten wir Anforderungen, die in Richtung Kupfer-, Zink- und Nickelfreiheit gehen. In dortigen Anlagen muss sichergestellt sein, dass Automatisierungsprodukte keine Späne absondern, die Kupfer, Zink und Nickel enthalten. Das resultiert aus einer groß angelegten Rückrufaktion von Computerbatterien in Asien durch Sony. Zum Glück hatten wir damit nichts zu tun. Diesen Spagat müssen wir als global aufgestelltes Unternehmen meistern und schauen, welche Produkte passen. So haben wir bereits Lösungen, die die Spezifikation erfüllen und auch an den Markt gehen.
Sehen Sie Möglichkeiten für Festo, auch in die dem Handling vorgelagerten Produktionsschritte zu unterstützen?
Ja, etwa im Mischen. Für diesen Slurry Mixing genannten Bereich sind unsere Prozessventile sehr interessant. Zudem ist beim Beschichten die Inspektion des Bandes sehr wichtig. Stand heute ist das größte Problem der Batteriefertigung, einen großen Anteil an A-Produkten zu bewegen. Derzeit liegt die erreichte Spezifikation nur bei 40 bis 50 Prozent. In der Elektromobilität kommen ja nur die besten Zellen zum Einsatz. Alle anderen werden aussortiert und kategorisiert in die jeweiligen Verkaufskanäle geleitet. Mit unseren Kamerasystemen für die Inspektionen verfügen wir auch hier über die richtigen Produkte.
Auf wie hoch schätzen Sie den Anteil der Automatisierungstechnik in der Batteriefertigung?
Etwa 2,5 bis 5 Prozent vom Gesamtinvest. Dies betrifft die elektrischen Antriebe und die Pneumatik. Bei einer Investition von 100 Millionen Euro sind es maximal fünf Millionen Euro, die auf reine Komponenten entfallen.
Und wie groß sehen Sie den Einfluss der Automation, um an der Preisschreibe für Lithium-Ionen-Batterien zu drehen?
Vieles in diesem Wertschöpfungsprozess ist noch in der Findungsphase. Die Automatisierungstechnik ist sicher einer der Top-Drei-Schlüsselfaktoren, um die Produktionskosten zu reduzieren. Die größten Treiber hierfür sind laut den Marktforschern von McKinsey der Komponentenpreis, die Skaleneffekte in der Produktion und die Batteriekapazität. Eine effiziente Automatisierung kann die Kosten durchaus um bis zu 30 Prozent beeinflussen.
Was bekommen Sie von Ihren Kunden aus dem Markt zurückgespielt?
Die Anlagen für die Batterieproduktion müssen flexibler werden. Bekanntlich sind die asiatischen Anlagen sehr starr und lassen sich kaum anpassen. Umso mehr sehen wir bei Festo eine große Chance mit unserer Mischung aus pneumatischen und elektrischen Antrieben sowie mechatronischen Lösungen. Grundsätzlich ist das Geschäft in den der Zellfertigung nachgelagerten Prozessen nicht sehr branchenspezifisch. Wo dies aber gefordert ist, wie bei den erwähnten Trockenraumeigenschaften oder den in Asien geforderten Kupfer-, Zink- und Nickelrestriktionen, sind wir schon weit vorangekommen. Deshalb können wir heute schon eine ganze Reihe von Produkten aus unserem Teilespektrum anbieten.
In welchen Pilotlinien steckt bereits Festo-Technik?
Maschinenbauer haben bei Li-Tec-Anlagen Festo-Produkte zum Einsatz gebracht. Auch bei den ersten Versuchsanlagen des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung ZSW in Ulm sind unsere Komponenten verbaut. Im Trockenraum, also 0,5 Prozent relativer Feuchte, beobachten wir das Verhalten unserer Produkte. Seit kurzem fahren wir Versuche in den Laboren eines weiteren Industriepartners (mit ThyssenKrupp Systems?). Vor allem im Zellfertigungsprozess muss Deutschland das Level seiner asiatischen Konkurrenz erreichen…
… die 90 Prozent der weltweiten Lithium-Ionen-Batterieproduktion bestreitet.
Die Frage ist, wie viel sich nach Europa bewegen wird. Einschlägige Studien zeigen, dass 2020 Europa mit China den größten Markt bilden könnte. Um diesen bedienen zu können, ließen sich in so kurzer Zeit kaum die nötigen Fabriken bauen. Festo zumindest wird dafür gerüstet sein, darauf arbeiten wir hin. Mit den richtigen Produkten wollen wir unsere OEMs unterstützen, damit diese Kernkomponente der Elektromobilität in Deutschland bleibt.
Hierzulande geht der Aufbau einer Industrie nur sehr schleppend voran. Ist das nicht sehr mühsam für einen Fabrikausrüster wie Festo?
Es wäre schlecht für uns, wenn der Anteil in Asien sein derzeitiges Level halten würde. Bis 2015 kann man davon ausgehen, dass der Markt konstant bleibt. Für die Zeit danach differieren die Meinungen der bekannten Analysten. Gut möglich, dass es wegen des fehlenden Marktes auf dem heutigen Level bleibt. Sollte das Business aber durch die Decke schießen, dann wird es ein Megatrend. Und genau darum geht es uns. Bei letzterem Szenario wäre es fatal für ein Unternehmen wie Festo wie für die gesamte deutsche Industrie, hier nicht massiv dabei zu sein.
Festo auf der SPS IPC Drives, Halle 9, Stand 361
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