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Ein prima Team: Silikon und Lack

industrielle oberflächentechnik: silcos entwickelt innovative produkte
Ein prima Team: Silikon und Lack

Im Consumerumfeld, aber auch im Pkw-Innenraum kommt verstärkt Silikon zum Einsatz. Und das, obwohl sich der Werkstoff nur schwer beschichten lässt. Die schwäbische Silcos schafft genau diesen Spagat. Im nächsten Schritt will sie mittels Plasmabehandlung auch dünne Metallschichten auf Silikon auftragen.

„Silikon war im Fahrzeug bis vor kurzem noch gut versteckt: Dichtungen für Stecker und Kabel waren die typischen Anwendungen. Der Werkstoff kommt überall dort zum Einsatz, wo es sehr heiß und/oder sehr kalt wird.“, weiß Bernhard Mitteregger, Vertriebsleiter der Silcos GmbH in Pliezhausen. „An der Oberfläche aber war es eher verpönt, weil es sich sehr schwer lackieren lässt. Es muss erst benetzbar gemacht werden.“ Genau dafür hat Silcos ein Verfahren entwickelt – und damit die Voraussetzung für eine Reihe innovativer Applikationen geschaffen.

Angefangen hat das Unternehmen 2001 mit einer geschlossenen Bedienoberfläche für die Lenkradschaltungen in der damaligen Mercedes-Benz E-Klasse. „Lackierte Schalterabdeckungen aus Silikon sind von oben dicht. Flüssigkeiten wie Cola oder Regenwasser sowie Schmutz können sich nicht in die Zwischenräume setzen. Zudem tritt das Problem der Abstimmung von Spaltmaßen dabei nicht auf“, argumentiert Mitteregger.
Unter Kostenaspekten werde es für die Hersteller vor allem dann interessant, wenn mehrere Schalter nebeneinander liegen. Bei herkömmlichen Systemen wird ein Rahmen mit unterschiedlichen Tasten entwickelt und produziert. Dazu sind verschiedene Werkzeuge, ein hoher Montage- und Abstimmungsaufwand notwendig. Denn die deutschen Autobauer verlangen kleine, sehr genaue Spalte. Mitteregger: „Wir spannen über den gesamten Schalterrahmen eine Silikonhaut. Und die Spalte sind – wenn sie denn aus ästhetischen Gründen gewünscht sind – in diesem einen Bauteil integriert. Zudem reduziert unsere Lösung massiv die Anzahl der Bauteile.“ Zudem ist Silikon eines der wenigen weichen Materialien, das die geforderte Temperatur-Spezifikation von –40 bis +85 °C im Fahrzeuginnenbereich abdeckt, ohne dass es die mechanischen und somit haptischen Eigenschaften verändert.
Mit seinen Technologien trifft Silcos derzeit den Trend in der Automobilindustrie zu weichen Bauteile, Formen und Materialien. „Das Fahrzeug soll zum Wohnzimmer werden“, so der Vertriebsleiter. Bei Projekten mit Partnern in der Industrie deckt Silcos die gesamte Wertschöpfungskette seiner Bauteile ab: Angefangen bei der Machbarkeitsstudie über die Entwicklung und Projektabwicklung bis hin zur Serie. Sogar das Spritzen der Silikonbauteile läuft in Silcos’ Verantwortung, auch wenn dies nicht im eigenen Haus erfolgt.
Kommen die Formteile in Pliezhausen an, unterzieht das Unternehmen sie mehreren Schritten: Zunächst werden die Silikon-Teile mittels einer patentierten Vorbehandlung aktiviert und benetzbar gemacht. Anschließend erfolgt die Lackierung mit speziell auf Silikon ausgelegten Anlagen. Die Lacke entwickelt Silcos gemeinsam mit Lackherstellern.
Soll das Bauteil – etwa ein Multifunktionslenkradschalter – mit einem hinterleuchteten Symbol versehen werden, wird zunächst die gewünschte Symbolfarbe und anschließend die Bauteilfarbe aufgetragen. Anschließend trägt ein Laser die Symbolik ab, bevor am Schluss ein Klarlack übergezogen wird. Diese Versiegelung ist letztlich entscheidend für die Abriebfestigkeit und Medienbeständigkeit des Bauteils. Denn in einem PKW muss auch Jahre später noch sowie bei extrem hohen und niedrigen Temperaturen die Lackierung halten.
Abriebfestigkeit ist auch bei Autoschlüsseln gefordert: „Die männliche Hosentasche und weibliche Handtasche stellen extreme Anforderungen daran“, schmunzelt Mitteregger. Die Folge: Weiße Symbole auf schwarzem Untergrund haben sich bislang abgerieben. Silcos’ Verfahren sorgt jedoch für Abhilfe, etwa bei allen Baureihen von Audi. Auch muss die Symbolik nicht mehr unbedingt weiß sein: Das Unternehmen färbt das Silikon auch in jeder anderen Symbolfarbe ein.
Daneben nutzt Silcos das aus dem Werkzeugbau bekannte Gasphasenabscheidungsverfahren PVD für die Oberflächenbeschichtung in Kombination mit Vor- und Schutzlacken. Dabei zerstäubt hochenergetisches Plasma metallische Grundmaterialien durch Beschuss. So lassen sich Kunststoffteile metallisieren. Manche Anwendungen ließen sich bis vor kurzem nur mit der Galvanik umsetzen.
Die Vorteile der durch PVD erzeugten Nanoschichten: Es handelt sich um ein umweltfreundliches Verfahren ohne Säuren im Vakuum, so dass keine Emissionen auftreten. Zudem bietet sich das Verfahren als Alternative zu den umstrittenen Chrom VI und Nickel abscheidenden Galvanikverfahren an. Auch splittert die dünne Oberfläche nicht. Somit sind etwa Zierringe im und auf dem Airbag, also in sicherheitsrelevanten Bereich im Fahrzeug realisierbar – und auch dort, wo geclipst werden muss.
Die Nanobeschichtung setzt Silcos auch an Bauteilen ein, bei denen sich Galvanik wegen des Problems der Abschirmung verbietet, etwa bei Handys und Autoschlüsseln. Der Schlüssel des Mini etwa hat so einen geschlossenen, metallisch aussehenden Zierring verpasst bekommen, der die Funkstrecke zum Fahrzeug nicht stört und durch Aufschnappen auf das Schlüsselgehäuse montiert werden kann.
Die Nanoschicht ist zudem laserbeschriftbar: Silcos erzielt damit ein Tag-Nacht-Design bei PKW-Bauteilen für das Interieur. Dazu wird in den Chromrahmen etwa einer Mittelkonsole ein feiner Lichtspalt gelasert, durch den bei Dunkelheit Ambientebeleuchtung tritt. Das heißt, die Lackschicht wird selektiv abgetragen. Dies ist mit der Galvanik nicht möglich.
Nicht zuletzt kann durch die dünnen Metallschichten durchgeleuchtet werden. So erscheint im im unbeleuchteten Zustand eine geschlossen Chromoberfläche. Symbole werden erst bei Beleuchtung von hinten sichtbar. Eine Alternative stellt laut Mitteregger nur die Aluminiumbedampfung dar, wie sie etwa bei Autoscheinwerfern angewandt wird. „Doch sie ist nicht so prozessstabil, da gibt es Schwankungen bei der Hinterleuchtung.“ Silcos geht nun noch einen Schritt weiter und will mit PVD erzeugte Metallschichten auf flexiblem Silikon aufbringen. Für solch flexible metallische Oberflächen sucht man in Pliezhausen aber noch Applikationen.
Sabine Koll Journalistin in Böblingen
Abschirmung stellt kein Problem dar
Das Material erfüllt die Temperatur-Spezifikationen
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