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„Erwarten eine weiterhin positive Entwicklung“

Lothar Horn, Vorsitzender des VDMA-Präzisionswerkzeuge, über Branchen-Trends und die EMO
„Erwarten eine weiterhin positive Entwicklung“

Die EMO sei die perfekte Plattform, um jüngste Entwicklungen und Trends der Branche einem breiten internationalen Publikum zu präsentieren, sagt Lothar Horn. Er ist Vorsitzender des VDMA-Fachverbands Präzisionswerkzeuge und Geschäftsführer der Tübinger Paul Horn GmbH. §

Autor: Mona Willrett

Herr Horn, mit welchen Erwartungen fahren die deutschen Hersteller von Präzisionswerkzeugen zur EMO nach Mailand?

Die EMO ist alle zwei Jahre jene Bühne, auf der wir unser Angebot den Fachbesuchern aus aller Welt präsentieren können. Entsprechend hoch sind unsere Erwartungen. Direkte Messeabschlüsse spielen in unserer Branche zwar nur eine sehr untergeordnete Rolle, aber die EMO gibt uns die Möglichkeit, jüngste Entwicklungen und Trends einem breiten internationalen Publikum zu zeigen und zu erklären. Und das führt erfahrungsgemäß zu guten Nachmessegeschäften.
Wie unterscheiden sich die EMO in Hannover und jene in Mailand voneinander?
Trotz aller internationalen Prägung der Messe, hat sie in manchen Bereichen auch einen regionalen Charakter. So sind in Hannover viele deutsche Unternehmen vertreten, für die eine Teilnahme in Mailand nicht in Frage kommt. Und in Mailand ist der Anteil italienischer Anbieter höher. Von der Bedeutung her liegt die EMO in Hannover deutlich vor den anderen internationalen Fertigungstechnik-Messen wie der Jimtof in Tokio oder der IMTS in Chicago. Die Mailänder EMO liegt mindestens auf Augenhöhe mit der japanischen und der amerikanischen Messe.
Welche technischen Trends werden die EMO in diesem Jahr prägen?
Bei den Zerspanwerkzeugen ist die innere Kühlschmierstoff-Zufuhr nach wie vor ein großes Thema – wie bekomme ich das Fluid direkt an die Eingriffsstelle, um so die Schneide möglichst effektiv zu kühlen. In der Spanntechnik wird einer der wichtigsten Aspekte die Energieeffizienz sein. Ein weiteres wichtiges Thema in beiden Bereichen ist die Modularisierung der Systeme, mit dem Ziel, sowohl die Ressourceneffizienz als auch die Flexibilität zu steigern.
Welche anderen Themen werden die Herstellung, welche den Einsatz von Werkzeugen in absehbarer Zeit bestimmen?
Generell wird der nachhaltige Umgang mit Rohstoffen und Energie sowohl in der Herstellung als auch im Einsatz von Werkzeugen immer wichtiger. Beim Hartmetall geht die Entwicklung hin zu wesentlich feinkörnigeren Sorten, mit denen sich mehrere Anwendungen abdecken lassen. Und auch die Beschichtungstechnik wird durch moderne Verfahren wie HIPIMS ganz neue Möglichkeiten eröffnen, unter anderem hinsichtlich der Warmfestigkeit und der Lebensdauer der Schneiden. Das sind Bereiche, in denen derzeit viel passiert. In Kombination mit dem passenden Substrat lassen sich Produktivitätssprünge erzielen. Große Fortschritte werden auch Systeme zur Überwachung und Steuerung der Prozesse mit sich bringen.
Werden dazu Sensoren die Werkzeuge in fühlende Systeme verwandeln?
Das halte ich aus heutiger Sicht für zu aufwändig und zu teuer. Es wird darauf hinauslaufen, dass Speichermedien ins Werkzeug eingebracht werden, die Prozessdaten wie Kräfte oder Temperaturen speichern. Diese Daten werden aber – zumindest im ersten Schritt – nicht direkt an der Schneide erfasst, sondern theoretisch ermittelt und beispielsweise aus Simulationssystemen übernommen. Sie können jederzeit wieder in die Maschinensteuerung übertragen werden, die dann die jeweilige Reststandzeit gezielt ermitteln und das Werkzeug zum idealen Zeitpunkt austauschen kann.
Klingt nach einem weiteren Schritt Richtung Industrie 4.0?
Wenn wir von Industrie 4.0 reden, dann reicht das weit übers Vernetzen einiger Maschinen oder von Maschinen und Werkzeugen hinaus. Vielmehr geht´s dabei ums Vernetzen entlang der gesamten Prozesskette – von der Konstruktion über die Materialbeschaffung und die Fertigung bis zur Qualitätssicherung und der Logistik. Stichworte sind hier unter anderem das automatisierte Konstruieren oder das automatisierte Vermessen der Produkte.
Wo sehen Sie auf diesem Weg noch den größten Entwicklungsbedarf?
Es wird in vielen Bereichen intensiv gearbeitet. Eine der Hausforderungen liegt im Datenaustausch zwischen den Systemen. Da fehlen unter anderem noch Schnittstellen. Außerdem müssen die Prozesse auf das jeweilige Produkt und das betreffende Unternehmen gezielt zugeschnitten sein, um den maximalen Nutzen zu erzielen.
Wie ist die aktuelle Lage der deutschen Hersteller von Präzisionswerkzeugen?
In den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres verzeichneten wir ein leichtes Wachstum von knapp fünf Prozent, wobei dieses Ergebnis hauptsächlich vom Werkzeug- und Formenbau getragen wird, der um über zehn Prozent zulegte. Die Zerspanwerkzeuge erreichten ein Plus von zwei, die Spannzeuge von fünf Prozent.
Wie haben sich die Märkte entwickelt?
Wie zu Jahresbeginn prognostiziert, läuft das Geschäft in den USA sehr gut. Allerdings muss man sehen, dass gerade in Kalifornien ein starker Fokus auf Fahrzeugen mit alternativen Antrieben liegt. Die Erfahrung zeigt, dass sich die Kalifornier mit ihren Ideen auf lange Sicht oft durchsetzen. Sollte das im großen Stil weltweit der Fall sein, könnte das Volumen an Zerspanoperationen im Automobilbereich im Vergleich zu heute auf 30 bis 40 Prozent sinken! Das wäre sowohl für uns Werkzeughersteller als auch für die Maschinenbauer dramatisch. Bis wir allerdings so weit sind, dauert´s noch einige Jahre.
Welchen Herausforderungen muss sich Ihre Branche aktuell stellen?
Die größte Herausforderung für uns ist derzeit sicherlich der gesamte Themenbereich rund um moderne Hochleistungswerkstoffe, die überwiegend schwer zu bearbeiten sind. In diesem Zusammenhang sehen wir auch neue Konstruktionsweisen für klassische Bauteile, die wiederum neue Fertigungsverfahren und andere Werkzeuglösungen zur Folge haben.
Welche Erwartungen haben Sie mit Blick aufs Restjahr?
Im zweiten Halbjahr erwarten wir im Vergleich zum Vorjahr eine leicht positive Entwicklung. Sollten sich Unsicherheitsfaktoren wie Griechenland oder China stabilisieren, könnten wir zum Jahresende sogar eine steigende Dynamik erleben.
Wie sieht die aktuelle Entwicklung in Ihrem eigenen Unternehmen aus?
Derzeit wachsen wir etwa im Branchenschnitt. Das ist mir zu wenig. Wir setzen voll auf Wachstum und stellen mit einer deutlichen Erweiterung der Produktionskapazitäten entsprechende Weichen. Der Markt ist da, aber Wachstum ist hauptsächlich über Verdrängung möglich. Ich bin sehr zuversichtlich, dass die Produkte, die wir in Mailand zeigen, ihren Teil dazu beitragen. •
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