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„Geänderte Struktur schafft Kunden einen echten Mehrwert.“

Gérald Goubau, Vice President Kennametal Europe, über die Entwicklung des Unternehmens
„Geänderte Struktur schafft Kunden einen echten Mehrwert.“

Wie der amerikanische Präzisionswerkzeug-Hersteller Kennametal seinen Kunden auch künftig Mehrwerte bieten will, erläutert Gérald Goubau. Er ist Managing Vice President EMEA (Europe, Middle East, Africa) und Sales bei der Kennametal Europe GmbH in Neuhausen/Schweiz.

Herr Goubau, Kennametal hat sein Portfolio Mitte letzten Jahres neu strukturiert. Was waren die Gründe dafür?

Vor gut zwei Jahren, zu Beginn der Rezession, haben wir ein Team gegründet, dessen Mitglieder aus unterschiedlichen Regionen kamen und verschiedene Funktionen inne hatten. Dieses Team sollte klären, wie wir unseren Kunden einen noch größeren Nutzen bieten können und wie sich dieser Mehrwert am besten beim Kunden erzielen ließe. Die Erkenntnis dieses Teams war, dass wir von den Bedürfnissen unserer Kunden ausgehen, uns an deren Anwendungen orientieren sollten. Die Konsequenz daraus ist die Aufteilung unseres Angebots in fünf Geschäftsbereiche: Transport, Luft- und Raumfahrt, Energie, Berg- und Straßenbau sowie General Engineering. Heute ist das gesamte Unternehmen entsprechend gegliedert. Alle Abteilungen – von der Forschung und Entwicklung über die Fertigung bis zum Marketing – unterstützen diese Bereiche.
Welche Konsequenzen hatte die neue Struktur in der Praxis?
Unser Vertrieb handelt nun stärker anwendungsorientiert und berücksichtigt dabei unser gesamtes Produktspektrum. Dadurch kann er seinen Kunden ein viel umfassenderes Angebot machen. So brauchen beispielsweise Kunden, die wir mit Straßenfräsen beliefern, ja auch Zerspanwerkzeuge. Oder Turbinenherstellern können wir mit unserer Beschichtungskompetenz einen Mehrwert liefern. Wir entwickeln uns dadurch zunehmend vom Werkzeug- zum Lösungsanbieter.
Wie wirkt sich das auf Ihr Portfolio aus?
Zunächst haben wir die bestehenden Produkte und Produktgruppen neu strukturiert. Durch den anwendungsorientierten Vertrieb erhalten wir ein immer präziseres Bild davon, was unsere Kunden wirklich brauchen. Und diese Erkenntnisse fließen in sämtliche Neuentwicklungen ein. Natürlich beeinflusst das auch unsere strategische Ausrichtung. Das ist ein fließender Prozess. Die Struktur und unser Angebot werden beständig wachsen.
Wie kam diese Struktur bei Kunden an?
Sie haben das sehr gut angenommen. Wir konnten zeigen, welcher Mehrwert damit verbunden ist. Unsere Kunden erwarten von uns, dass wir ihren Nutzen ständig vergrößern. Sie wollen nicht mehr nur ein Werkzeug, sondern eine spezifische Komplettlösung, und dem entsprechen wir mit unserer heutigen Struktur.
Was hat sich im Unternehmen durch die Restrukturierung verändert? Sind Anwendungsexperten hinzugekommen?
Wir hatten schon immer Experten für die verschiedenen Bereiche. Heute sind jedoch unsere Kommunikationskanäle viel enger geflochten. Die neue Struktur erleichtert es uns, spezifisches Know-how weltweit zu bündeln und zu nutzen. Während wir früher überwiegend regional organisiert waren, haben wir heute eine Organisationsmatrix, die sowohl nach Regionen als auch nach Anwendungen ausgerichtet ist. So kümmern sich Spezialisten beispielsweise um die europa- oder die weltweite Koordination unserer Aktivitäten in den Bereichen, etwa dem Transportwesen oder der Luft- und Raumfahrt.
Welches sind die wichtigsten Kundenbranchen für Sie und wo sehen Sie noch das größte Wachstumspotenzial?
Die für uns wichtigsten Absatzbranchen lassen sich an den neuen Geschäftsbereichen ablesen. Das Transportwesen war für uns schon immer sehr wichtig, und wir rechnen hier insbesondere in Asien mit einem großen Wachstum. Wir sind darauf ausgerichtet, unsere Kunden dort genauso zu unterstützen wie in Europa oder Amerika. Grundsätzlich erwarte ich, dass künftig bestimmte Bereiche schneller wachsen werden als andere. Für jedes Segment haben wir eine strategische Planung und Zielvorgaben. Konkrete Zahlen möchte ich dazu jedoch nicht nennen.
Welche Bedeutung haben für Sie moderne Hochleistungswerkstoffe wie Titan, CFK oder Kunststoff-Metall-Verbünde?
Eine große. Beispielsweise zielt unsere Beyond-Blast-Technologie, die wir im Herbst auf der AMB in Stuttgart vorstellten, in diese Richtung. Weil der Kühlschmierstoff durch die Wendeplatte direkt unter den Span geleitet wird, erzielen wir damit bei gleichem Kühlmitteldruck eine deutlich bessere Zerspanleistung. Oder anders rum betrachtet: Die Kunden brauchen keine energieintensive Hochdrucktechnik und damit keine neue Maschine, um Titan effizient zu zerspanen. Ähnlich effektvolle, wenn vielleicht auch nicht so spektakuläre Lösungen wird es beispielsweise auch fürs Bohren von CFK oder Kunststoff-Metall-Verbünden geben.
Wie weit ist die Markteinführung von Beyond Blast?
Die Testphase mit Pilotkunden verlief sehr positiv. Je nach gewählter Prozessführung ließ sich die Produktivität oder die Standzeit der Werkzeuge zum Teil mehr als verdoppeln. Die offizielle Markteinführung ist für Ende April geplant.
Welches sind die wichtigsten Absatzregionen für Kennametal?
Unsere traditionellen Märkte Amerika und Europa sind sehr stabil. In Europa sehe ich besonderes Potenzial im Osten, speziell der russische Markt entwickelt sich sehr stark. Weltweit ist natürlich Asien ein großer Wachstumsmarkt, mit Schwerpunkten in China und Indien. Vor fünf Jahren hatten wir uns das Ziel gesteckt, jeweils ein Drittel des Umsatzes in Amerika, in Europa und im Rest der Welt zu machen, der damals bei rund zwölf Prozent lag. Heute sind wir fast bei der Drittelung.
War die neue Struktur der Geschäftsbereiche auch ein Grund für die Zwei-Marken-Strategie mit Kennametal und Widia?
Widia ist eine sehr gute Marke, die wir immer verkauft haben. Vielleicht haben wir uns eine Zeit lang zu wenig darum gekümmert, sie nach außen zu vertreten. Innerhalb unserer Familie gab es neben Kennametal schon immer viele andere Marken. Einige davon sind zu klein, um eigenständig große Anstrengungen fürs weltweite Vermarkten zu rechtfertigen. Deshalb haben wir sie unter dem Label Widia zusammengefasst. Während sich Kennametal überwiegend direkt an große Kunden wendet und ihnen anwendungsspezifische Lösungen liefert, vertreiben wir Widia-Produkte nur über Handelspartner. Widia steht für Hochleistungswerkzeuge für ein breites Kundenspektrum.
Wie hat sich diese Zwei-Marken-Strategie entwickelt? Wie hat der Markt reagiert?
Sie wurde gut angenommen. Letztlich ist nur entscheidend, dass der Kunde die bestmögliche Lösung für sein Fertigungsproblem erhält. Das hat für uns oberste Priorität. Und weil beide Marken Teil der Kennametal-Familie sind, konnte wir uns zudem neue Marktpotenziale erschließen.
Wo werden Widia-Produkte hergestellt?
Wir haben ein globales Fertigungsnetzwerk. Bestimmte Werkzeugarten werden in bestimmten Fabriken hergestellt, sowohl für Kennametal als auch für Widia. Dennoch unterscheiden sich die Produkte beider Marken. Während die einen mehr für spezifische Anwendungen konzipiert und damit spezialisierter sind, wurden die anderen möglichst universell ausgelegt, für ein breites Einsatzspektrum.
Wie hat sich die Zusammenarbeit mit Ihrem deutschen Widia-Vertriebspartner Wollschläger entwickelt?
Die Zusammenarbeit hat sich sehr gut entwickelt. Wir haben beide zur gleichen Zeit einen starken Partner gesucht.
Wie haben die beiden Marken die Krise überstanden?
Gut. Zwischen den beiden Marken gibt es kaum Unterschiede. In den einzelnen Geschäftsbereichen ist das anders. Während das Automobilgeschäft oder der Maschinenbau drastisch eingebrochen und dann ebenso stark wieder angesprungen sind, verlief die Kurve in anderen Branchen – etwa der Luft- und Raumfahrttechnik – deutlich flacher. Aber es gibt auch Segmente, die nach wie vor schwierig sind, beispielsweise der Schiffsbau.
Wie wird sich Kennametal strategisch weiter entwickeln?
Wir haben in den letzten 18 Monaten mit der Neuausrichtung unseres Unternehmens die Basis für weiteres Wachstum gelegt. Wir sind sehr stolz auf unsere Mitarbeiter weltweit, deren großes Engagement ausschlaggebend für die erfolgreiche Umsetzung dieses Projekts war. Wir haben ein sehr talentiertes und motiviertes Team bei Kennametal, was unser größtes Potenzial für solides und profitables Wachstum ist. Uns ist es wichtig, unsere Kundennähe weiter zu vertiefen. Dadurch werden wir intern wachsen und uns dort, wo es Sinn macht, auch mit externem Know-how verstärken.
Apropos externe Verstärkung – sind weitere Akquisitionen geplant?
Für Unternehmen, die unser Know-how sinnvoll ergänzen, sind wir stets offen. Es ist bekannt, dass Zukäufe bei uns Tradition haben. Aber mehr gibt es dazu im Moment nicht zu sagen.
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