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„Industrie 4.0 bietet mehr Chancen als Risiken“

VDWF-Vize-Präsident Anton Schweiger über die aktuelle Situation im Werkzeugbau
„Industrie 4.0 bietet mehr Chancen als Risiken“

„Industrie 4.0 bietet mehr Chancen als Risiken“
In Netzwerken zu denken und zu handeln sei bereits seit vielen Jahren gelebte Praxis im Verband Deutscher Werkzeug- und Formenbauer, sagt Anton Schweiger. Er ist Vize-Präsident des VDWF und Geschäftsführer der Schweiger GmbH & Co. KG in Uffing. §

Autor: Das Interview führte Haider Willrett

Wie geht es dem deutschen Werkzeug- und Formenbau im Moment?

Eine pauschale Aussage über alle Branchen und Betriebsgrößen zu treffen fällt mir schwer, aber den Werkzeug- und Formenbauern, die in den letzten Jahren ihre Hausaufgaben gemacht haben, geht es recht gut.
Wo liegen derzeit die größten Herausforderungen für die Branche?
Im Prinzip handelt es sich um einen ganzen Blumenstrauß von Herausforderungen: Der anhaltende Margendruck, hervorgerufen durch die Globalisierung, konjunkturelle Schwankungen und die Abwanderung der Zielmärkte nach Fernost sowie der Fachkräftemangel durch den demographischen Wandel, um nur einige zu nennen. Zudem fehlt bei den Kunden oftmals die Wahrnehmung des Werkzeugbaus als Partner und Lösungsanbieter und das Verständnis, dass Werkzeuge ein wesentlicher Baustein in einem komplexen Produktentwicklungs- und Produktionskontext darstellen.
In welchen Bereichen sehen Sie noch Entwicklungspotenzial, um den Vorsprung im internationalen Wettbewerb auszubauen?
In einem globalisierten Wettbewerb bedeutet das Festhalten am Status Quo ohnehin Rückschritt. Wir sehen aber nach wie vor große Chancen für den deutschen Werkzeug- und Formenbau, sich weiterzuentwickeln. Damit meine ich nicht nur die Steigerung der Fertigungsgenauigkeit, sondern ganz zentral die Industrialisierung des Werkzeugbaus, das Optimieren von Prozessabläufen sowohl in der Produktion als auch in der Verwaltung. Zudem gilt es Trends frühzeitig zu erkennen und sich entsprechend zu positionieren.
Welche Rolle spielt dabei das Thema Industrie 4.0?
Dieses Thema hat sich bei den erfolgreich am Markt bestehenden Werkzeug- und Formenbauern bereits unbewusst etabliert und ist fester Bestandteil der täglichen Arbeit. Wir leben in unseren Betrieben Aspekte des 4.0 nicht nur in der Automation sondern auch in vor- und nachgelagerten Prozessen in der Entwicklung, bei Partnern und Kunden. Schön, dass dieses Kind nun einen Namen trägt. In Netzwerken zu denken und zu handeln ist seit vielen Jahren gelebte Praxis im VDWF, der diesen Wandel seit über 20 Jahren als der Verband im deutschen Werkzeug- und Formenbau massiv prägt und vorantreibt.
Inwieweit sind vernetzte Prozesse im Werkzeugbau bereits Realität?
Die letzten Jahre waren geprägt von zunehmender Automation in den Betrieben. Jetzt gilt es externe Ressourcen mit einzubinden und sich zu vernetzen, um im Grunde einen ganzheitlichen Ansatz für eine erfolgreiche Zukunft zu finden. Ich sehe die Entwicklung sehr positiv und bin zuversichtlich, da viele Betriebe mittlerweile von der nächsten Generation geführt werden, die mit dieser Entwicklung und Denkweise bereits aufgewachsen ist und damit gänzlich anders umgeht als die Vorgänger.
Welche Chancen und Risiken sind damit verbunden?
Wie bei allen Veränderungen ist es auch hier so, dass die Chancen gegenüber den Risiken überwiegen. Getreu dem Motto „erfolgreiche Unternehmen tauschen sich aus“ hat jeder sein Glück und alle Möglichkeiten selbst in der Hand.
Inwieweit lassen sich die Werkzeuge bereits in vernetzte Strukturen einbinden?
Das ist leider nach wie vor ein Stiefkind. Sobald ein Werkzeug bei unseren Kunden in Produktion geht, versiegt oftmals der Informationsfluss. Hier würden wir uns beispielsweise wünschen, online auf Werkzeuginformationen und Zustände zugreifen zu können. Hierzu gibt es zwar diverse Entwicklungen verschiedenster Institute und Anbieter aber leider noch keinen Branchenstandard.
Wie verändert der Trend zur individualisierten Massenproduktion den Werkzeug- und Formenbau?
Es gilt nicht nur reine Werkzeuge zu liefern, sondern hochwertige Produkte und die dazu gehörende Verfahrenstechnik zu wirtschaftlichen und funktionierenden Gesamtlösungen zu entwickeln.
Welche Bedeutung haben generative Verfahren heute im Werkzeugbau?
Mittlerweile kann man sagen, dass die neuen Technologien dem Entwicklungsstadium entwachsen und im Alltag des modernen Werkzeug- und Formenbaus angekommen sind. Natürlich ist es immer schön für den Kunden, wenn wir ihm Produktions- und Kostenvorteile ermöglichen können, weil ein Bauteil signifikant schneller und in höherer Qualität produziert werden kann. Allerdings gilt es bei der Fülle der technischen Möglichkeiten das für den jeweiligen Anwendungsfall bestmögliche Verfahren im Vorfeld zu erkennen. Wir sprechen ja schließlich nicht nur vom Lasergenerieren, sondern auch von Vakuumlöten und ähnlichen Verfahren.
Was ist mit generativen Verfahren heute bereits machbar, was wird künftig gehen?
Wenn ich daran denke, welche Entwicklung beispielweise das Fräsen in den letzten 20 Jahren erfahren hat, freuen sich die Werkzeugbauer regelrecht auf alles, was aus diesem Bereich auf sie zukommt. Denken wir nur an höhere Freiheitsgrade in der Kontur oder noch höhere Festigkeiten der Werkstoffe, um nur zwei Beispiele zu nennen.
Der VDWF engagiert sich als fachlicher und ideeller Träger bei der neuen Messe Moulding Expo in Stuttgart. Was sind die Gründe dafür und welche Ziele verfolgt der Verband damit?
Die Landesmesse Stuttgart bietet uns die Möglichkeit, eine Messe für unsere Branche maßgeblich mit zu formen, das heißt von der Definition der Nomenklatur, der Aufteilung der Fachbereiche, den Sonderschauen bis hin zur Besucherwerbung besteht für uns die Chance, uns aktiv einzubringen und die Messe mitzugestalten. Wir freuen uns deshalb auf eine erfolgreiche Veranstaltung in einem modernen Messegelände mit nahezu perfekter Infrastruktur.
Was erwartet die Branche und was der Verband von der Premiere im kommenden Mai?
Wir erwarten eine Messe, auf der sich die Branche präsentiert. Und darunter verstehen wir bei einer Werkzeugbau-Messe vor allem einen signifikanten Ausstelleranteil der Werkzeugbauer selbst. Für unseren VDWF-Gemeinschaftsstand sind aktuell 40 Aussteller gemeldet. Der Anteil Werkzeugbau liegt hier bei über 50 Prozent, das ist schon eine ganz ordentliche Quote. Aber auch das Umfeld des Werkzeugbaus, also unsere Lieferanten und Partner, sind adäquat und in einer großen Anzahl vertreten, so dass für alle etwas dabei ist. •
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